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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 17.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.8185#0195
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3339

Wenn wir uns denn wenigstens an die Heldenthaten von Waldersee'n
wärmen kennten. Aber damit scheint's ja ooch sachteken Essig zu sind.
Denn wo soll Eener die Sieje hernehm'n, wenn Keener mehr da is, der
sich besiejen lass'n will! Die Chinesen wär'n dämlicher wie dämlich,
wenn se sich jetzt noch uff die Hinterbeene setz'n wollt'n, wo doch die
Uneinigkeit von die vereinigten Mächte in'n scheensten Zange is. Ruß-
land will raus aus Peking un die Andern sagen nich recht nee un ja
un schließlich bleibt Deitschland allcene drinn, um die heiligst'» Jieter zu
vertheidijen un keen'n Pardong nich zu jcben. Unsre Offiziösen sitzen
zwar immer noch uff det hohe Ferd, aber alle Andern sind schon längst
runterjeklettert, un een Jeneralkatzenjammer is in'n Anzuge, wo säinmt-
liche Rollmöpse, die man in Eiropa uffdreiben kann, nich ausreichen
werden, um ihn wegzubringen. Aber objleich wir uns nu Hals ieber
Kopp in een Abenteier jestirzt haben, wovon noch keen Mensch weeß,
wie dicke det Ende is, wat nachkomm'n wird, bleibt der Reichstag noch
immer unberuf'n. Warum ooch? Et jing ja ooch so. Wenn ick Welt-
jeneral wäre, ick wirde sagen: „Der Reichstag hat uffjehccrt!"

Wir kennten ieberhaupt so jlicklich sind, wenn wir man blos wollten.
Jan; besonders wir Berliner. Wo doch allens jethan wird, det wir die
schecnste Stadt von der Welt wer'n. Der jroßartijc ncie Ferdcstall uff'n
Schloßplatz, den man von außen fir'n Museum halten mechte, is fertig,
un nu macht Aujust Scherl in sein'n Leibblatt den Vorschlag, als Pandang
dazu een sojeuanntet Erbbejräbniß fir jroße Männer dcitschcr Natsjon
Hinzubanen. Die Kosten sollen durch 'ue Lotterie uffjebracht wer'n. Een
scheener Jcdanke! Die meisten jroßen Männer sind ja allerdings schon
bejraben, aber 'n paar leben noch; die mißten natürlich 'rinn, wenn se
erst jestorben sind. Zum Beispiel Aujust Scherl selber uiib Doktor
Lcipzijer von's „Kleene Journal" un der Leiboffizjöse Schweinburg von
Miguel un Miguel selber un Ahlwardt un Freiherr von Stumm un
der Hoffriseur Haby, den sein'n Wahlspruch „Et is erreicht!" man ja
ieber det Jebeide schreiben kennte. Un wenn et rechtzeitig fertig wird,
wcrd' ick mir ooch um 'ne Freistelle bewerben.

Ick verbleibe wie immer erjebenst un mit ville Jrieße Dein tretet

Jotthilf Nanckc.

An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

'-e/G' Hobrlspähne. -5)^

Es ist der Herbst gekommen,

Die Ernte ist herein.

Sie ist nicht schlecht gewesen,

Man darf jufriebcn fein.

Der Landwirthschaftsministcr
Hat trotzdem große Pein, —

Es schreien die Ochscngrafen:

„Die Preise sind zu klein!"

Pater Bonaventura aus Berlin verlangte
auf dem Katholikentag in Bonn eine Million
Mark zur Bekämpfung der Sozialdemokraten.
Sein Freund Dasbach flüsterte ihm leise ins
Ohr: „Von dem Coaks bin auch ich Abitehmer."

Ein deutscher Soldat steht einsam
In China auf der Wacht,

Es habeit die Kost und das Klima
Ihn sehr hcruittergebracht.

Er träumt von einer Schlackwurst,
Die fern im Heimathland
Ihm seine treue Guste
Gespendet mH lieber Hand.

Die Petitionen um Sitzgelegenheiten für Verkäuferinnen stoßen
beim Bundesrath auf Schwierigkeiten, — Verkäuferinnen sind eben keine
sozialdemokratischen Redakteure.

General-Idee, Thrones Näh', Waldcrsee,

Mirbach holt das Portemonnaie.

'

Das Amtsgericht in Greiz hat entschieden, daß die Bezeichnung „Streik-
brecher" keine Beleidigung ist, wohl aber wäre es eine gewesen, wenn der
Angeklagte „ausgemachter Schuft" gesagt hätte.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

facher Oekonoiniker ja wie der reine Wilde
vor. Na, prosit Kinder, prosit! Halben!" und
damit setzte er sein Glas an die Lippen, um
es vor lauter Freude gleich bis auf den Grund
zu leeren. „Aber halt, halt!" fuhr er darauf
sogleich fort, indem er sich mit der riesigen
Rechten den feisten Oberschenkel schlug, „was
will ich denn? Bin vor einem halben Jahre ja
auch Jurist gewesen, natürlich. Als Geschwo-
rener fungirt. Obmann sogar. Große Pro-
zesse mitgemacht. Jawoll. — Und, Donner-
götter, den Aufruhrprozeß oder wie das Dings
hieß. Ja, ja, da haben wir's der Bande mal
bewiesen, wozu die Gesetze da sind. Zucht-
haus, Gefängniß, Zuchthaus; feste. Das ging
nur so."

„Wa — was, was war das doch gleich?"
warf hier einer der jungen Studenten etwas
unsicher ein. „Ich war damals noch nicht —
äh — äh ..."

„Waas — waas?" nahm jetzt von Schnarr-
witz wieder ganz erregt das Wort; „wißt Ihr
nicht, kennt Ihr nicht? Wie damals die Ar-
beiterbande von Dingsda den Bauunternehmer
kaput gedroschen hat? Die berühmte Ge-
schichte?"

„Aeh, natürlich, ... türlich", schnarrte jetzt
bestätigend ein Student zu seiner Rechten. „Der
Kerl hatte jethan, .als ob er schießen wollte
— nich? und... ja, besinne mich ja janz
jenau."

Aber Herr von Schnarrwitz ließ ihn nicht
zu Ende reden. „Ach was", fuhr er noch
heftiger dazwischen, „ist ja janz ejal, wie das
nu im Einzelnen war. Ist ja janz ejal. Je-
denfalls hatte die Bande den Kerl so ver-
droschen, daß ..."

„Todt natürlich .. ." erlaubte sich jetzt wie-
der ein Student zu bemerken.

„Todt?" wiederholte Herr von Schnarrwitz
etwas verblüfft, „todt? nee. Aber ...", da
wurde er durch ein langgezogenes krächzendes

„Siii—lentium" unterbrochen. Der Präsident
hatte das Wort.

„Liebe alte Herren, liebe Korpsbrüder", klang
es in affektirt-schneidigem Tone vom anderen
Ende der Tafel. „Zu Aller Orientirung nur
einige kurze Worte, die unseren lieben Fritz
betreffen, den wir zum ersten Male wieder
das Vergnügen haben, in unserer Mitte zu
sehen."

„Wer? — wo? wo?" ließen sich einige der
alten Herren vernehmen, während sich in der
Nähe des Vorsitzenden auch bereits Herr Re-
gierungsreferendar Fritz von Salten von seinen«
Platze erhob und sein wohlfrisirtes Haupt gra-
vitätisch über seinem tadellos weißen Vorhemd
neigte.

„Liebe alte Herren, liebe Korpsbrüder", fuhr
der Präsident nach dieser kleinen Unterbrechung
fort, „es ist Euch bekannt, daß unser Fritz
ein Duell auszufechten hatte mit unglücklichem
Ausgang. Majestät hat jetzt Begnadigung ein-
treten lassen für den Rest der Festungshaft.
Wir heißen unfern Fritz jetzt auf das Herz-
lichste «villkvtmnen."

„Bravo! Bravo! — Na, wie war's denn
auf Festung?" und „Prosit, Fritz! Prosit!"
tönte es jetzt laut von allen Seiten.

Auch Herr von Schnarrwitz auf Gumpen-
dorf-Müllhausen stimmte natürlich lebhaft mit
in den Jubel ein, «vandte sich aber sogleich ai«
seinen Nachbar, um sich von diesem noch des
Näheren über die Sache berichten zu lassen.

„Ah — so — so", fiel er dein Erzähler dann
nach einer Weile ins Wort; „aha, ja — jetzt
weiß ich. Mit der Frau Verhältniß jehabt und
nachher mit dem Mann Duell. Natürlich, janz
recht. — Und wie jing's aus?"

„Schuß in ven rechten Lungenflügel!"

Von Schnarrwitz verzog bedenklich sein dickes
rothes Gesicht zu einer Grimasse.

„Faule Kiste, todt, mausetodt!" Dr.

Da dachd' ich immer, de Chinesen
Die schlürfden mit bedächd'gen Wesen
So zirka zwanzig Däßchen Heeßen
Un sehre feinen, sießen Dee —

Un nickden egal mid den Kebbchen
Un gnaubelden an ihren Zebbchen
Und driegen uff de Mitzen Knebbchen
Und däden geener Seele weh.

Derweile daden se sich risten,

Un machden Jagd uff alle Kristen, —

Se hausten wie de Anarchisten
Un gebben grausam Mann und Weib.
Das is je änne Schmach und Schande,
Un ooch de ahlde Vaiser-Dande
Keheerd zu dieser Schwefelbande,

Wo maffagrierd zum Aeidverdreib!

Ich bin gee ßreind von Scheißlichkeeden,
Doch heerd man von de Boxer jeden
Seschlag'nen Dag was Aeies rede».
Dam«, Walderfee, gieb' gee Pardon!

Un griechst de Dande du bei«« Wickel,

So häng' se uff, das ahlde Aickel,

Koch Li tzung Tschangen, das Aarnickel,
Un Brinz Duan, den Haubdkujon.
 
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