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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 17.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.8185#0243
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3387 - -

macht werden, um de soziale Frage zu lösen, un de Arinuth uff de
Beene zu helfen. Man muß blos lesen, mit welche Uffopferung sich um
diese Zeit de reichen Leite for de Armen amisiren. Jeden Tag 'n halbet
Dutzend Wohlrhätigkeitsbazare. Manche junge Dame kommt aus de lebenden
Bilder jar nich mehr 'raus un tanzt sich for de Arinen 'ne Lungenentzün-
dung an 'n Hals. Un denn muß man et erleben, bat bet allens von die,
for die man sich int Zeig legt, jar nich mal anerkannt wird. Et is eben
een Kreuz mit bet Elend, war sich nich dodt machen lassen will.

Dabei jiebt et doch so ville Wohlthäter von de Menschheet. Eener
davon is ooch Aujust Sternberg, een Mann, der sich in verhältnißiuäßig
junge Jahre so 'ne kleene Mandel Millionen zusammenjearbeet't hat.
Manche sagen: jejaunert, aber beweisen hat ihm det noch Keener können.
Wat bei 't Jaunern in 't Jroße ja immer schwer hält. Un nu sitzt der
jroße Mann, weil er unverhältnißmätzig ville Verhältnisse mit kleene
Mächens jehabt haben soll, die noch nich vierzehn Jahre alt jewesen sind.
Un een Kriminalinspektcr, der sein Freind jewesen is. hat vor Schreck
dadrieber det hitzige Nervenfieber jekricgt, un noch mancher Andere von's
Kriminal det Zittern. Wat ick jaruich verstehe. Sonne Behörde inißte
doch iber 't Zittern erhaben sind.

Wat man iberhaupt allens erlebt, wenn man lange jenug lebt! So-
jar der Reichstag tagt un will ick nur winschen, dat nu wirklich Licht
in de muffige Atmosfere kommt, 'n juter Anfang is da un Aujust
Bebel hat de Reichsspitzen jeheerig vertobackt, det ihnen de Flötentöne in
de Klarinette injefroren sind, 'ne scheene Entdeckung hat Joßlern jemacht.
Er meent, preißische Windmihlen mahlen langsam, un um den schienen
Spruch zu beweisen, rächen wir uns an Etz e ln seine Nachkommen in China
for de Scheißlichkeeten, die ihre Ahnen for 1500 Jahren in Berlin un Um-
jebung jeniacht haben. Bilow is woll 'n Bisken roth jeworn bei die
Wissenschaft, aber als 'n richtiger Diplomat plinkte er Lucanus in de Hof-
loge zu un dachte: Mir kann Keener, so lauge det Zentrum de Jroschens
von de Steierzahlers mir in de jroße Tasche stoppt, die keenen Boden hat.

Wat Posa un Wuttki betrifft, so muß ivoll Stumm un Krupp 'n
Ihriges drnfflcgen, damit de Beeden sich in irjend eene Sommerfrische
wieder auskurircn kennen von wegen de Hosen, die ihnen eklich stramm-
jezogen worn sind. Ick Hab' ihnen de Tracht Prigel von Herzen jejönnt.
Wegen lumpige zwölftausend Mark andere anständige Menschen in't Zucht-
haus bringen, pfui Deibel, vor sonne Jeheimrathsthaten!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße

Dein treier Jotthilf Naucke, an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

-©✓ty HodelsMhnr.

Freund Michel ist vor Hochmuth fast geplatzt
Und Rache hat den Gelben er geschworen.
Nun kommt die Kostenrechnung und er kratzt
Sich sehr bedenklich hinter beiden Ohren.

In seinem ersten größern Waffengang
Verdiente weltpolitisch er die Sporen,

Doch nunmehr wird ihm vor den Kosten bang
Und tiefbekümmert senkt er beide Ohren.

„Die verfltlchteu Hunnenbriefe könnten gar
nicht geschrieben werden", schimpfte mein kon-
scrvativer Hauswirth. „Aber das kommt da-
von", setzte er jammernd hinzu, „daß Jeder-
mann aus dem Volke schreiben lernt!"

Es tauschen Europa und Asien
Recht nette Geschenke fürwahr, —

Die Post ist in Bremen gelandet,

In China die Khakischaar.

Wenn Prinz Arenberg im Gefängniß mit „Hoheit" titulirt wörden
muß, dann hat der Einbrecher Anspruch auf den Titel „Exzellenz".

Und in Jena lebt sich's bene
Und in Jena lebt sich's gut,

Blos ivcnn so ein Demokrate
Rüttelt an dem Grund vom Staate
Kommt der Wurmb in Angst und Wuth.

Wir haben immer noch Leute, die waschecht sind, — Herr v. Frege
zum Beispiel wird nie blaß und Graf v. Posadowsk.y nie roth.

Dein getreuer

Säge, Schreiner.

cxpeditionen ist erlogen, es sind blos Ausflüge,
die wir zum Vergnügen unternommen haben;
wir wollen doch auch die wunderschöne Gegend
hier kennen lernen. Schicke mir einige Flaschen
Kölnisches Wasser, weil ich jetzt sehr oft Nacht-
wache ain Peiho habe, da riecht es stark nach
Boxern. Zu Weihnachten soll Professor Begas
nach hier kommen von wegen der vielen Sühne-
denkmäler, auf die der Kaiser von China soeben
eine Konkurrenz ausgeschrieben hat.

P. 8. Die Liebeszigarren sind nicht zu rauchen.
Eine bessere Sorte wäre angebracht. Ebenso ist
der Champagner mangelhaft. Eine halbe Flasche
pro Tag und Mann ist nicht zu viel, aber gut
sollte er sein. Das solltest Du den Liebesgaben-
Sammelstellen mittheilen!

Dein treuer Sohn Wilhelm.

Der Schreck über die 12000 Mark-Enthüllung
ist den Herren Posadowsky und Woedtke so in
alle Glieder gefahren, daß sie noch immer nicht
gehen können. ,.

Patent-Schalltrichter.

„ , , Akustik int preußischen
Abgeordnetenhaus werden die Abgeordneten mit Schalltrichtern
versehen, die sich bereits allgemeiner Beliebtheit erfreuen.

Wie reimt sich das Mammen 1

Zensur — Goethebund — Dichtung:

Macht es der Zensor auch zu bunt,

Das Schweigen liebt der Goethebund,

Die Dichtung kommt so auf den Hund.

So reimt sich das zusammen.

Pückler — Könitz — Richter:

Herrn Pücklers teutsches Dreschgcmüth
Verflucht in Könitz jeden Jüd',

Kein Richter Aufreizung drin sieht.

So reimt sich das zusammen.

Hunnen — China — Goßler:

Die Hunnen hausten wie die Schwein',

's soll fünfzehnhundert Jahr her sein,

In China haut der Goßler drein.

So reimt sich das zusammen.

Waldersee — Reichstag — Steuerzahlen:
Graf Waldersee in China ficht,

Den Reichstag aber fragt man nicht,

Und Stenerzahlen das ist Pflicht,

So reimt sich das zusammen.

Lex Heinze — Pfaffe — Moral:

Lex Heinze hat verstaucht die Bein',

'ne Köchin braucht das Pfäffelein,

Moral fürs Volk soll nöthig sein.

So reimt sich das zusammen.

Wahrheit — Humor — Wahrer Jacob:

Uns führt die Wahrheit Schritt für Schritt,
Humor geht uns zur Seite mit,

Der „Wahre Jacob" fürcht' sich nit.

So reimt sich das zusammen. m.

Variationen auf Volkslieder.

i.

Maikäfer fliege,

Vater ist im Kriege!

Vater ist nach Lhina fort,

Kultivirt mit Raub und Mord,

Denn die deutschen Hunnen

Hab'n schon manch' Schlacht gewunnen,

Käfer, flieg' ins Dhinaland,

Wo gesengt wird und gebrannt!

ii.

(Graf Posadowsky singt:)

Ich hatt' einen Kameraden,

Der agitirt sehr stark,

Zum Schutz der Arbeitswilligen,

Da ließ er sich bewilligen
Zwölftausend baare Mark!

in.

(Von demselben und noch einem Anderen gesungen:)

Kam ein Vogel geflogen
In die rothe Redaktion,

Hat ein Briefchen im Schnabel —
welche Indiskretion!

Lieber Vogel, flieg' doch weiter.

Bring' das Briefchen zurück.

Denn das bricht uns ja leider
Roch womöglich das 8enick! -n.

Das Jammergeschrei über Ritualmord hat
gewöhnlich den Zweck, einen Justizmord herbei-
zuführen. ,

Aus den Hunnenbriesen geht hervor, daß das
Abschlachtcn der Chinesen auch an Sonntagen
stattfindet. Herr Stöcker dürfte daher seinen
Freund Waldersee ermahnen, daß er die christ-
liche Sonntagsruhe besser wahrt.
 
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