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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 18.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.6609#0009
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3407

„gort, verdammter glecken! gort, sag' ich! Ach, alle Wohlgerüche
Arabiens werden diese Hand nicht wieder wohlriechend machen."

(Macbeth.)

-'CvG' Hvvelspäljilx. DvD"

Wir feiern seht zum zweiten Mal
Eines Jahrhunderts Wende,

Es ist das neunzehnte Säkulum
Nun wirklich ganz zu Ende.

So lasset.heut' wie vor'ges Jahr
Die Gläser uns froh erheben —

Wohl dem, der solch' ein selt'nes Fest
Zum zweiten Mal kann erleben.

Die deutsche Regierung sicht sich außer
Stande, gegen die Kohlennoth in Deutsch-
land wirksame Schritte zu thnn. Dagegen
wird sie nach wie vor energisch und zielbewußt
die Bekämpfung der Boxer-Sekte in China
betreiben.

„Nichts ohne Deutschland geschieht in der Welt."

Nur Eines darf Deutschland nicht wagen:

Einem von England gemeuchelten Volk
Ein menschliches Wort zu sagen.

Die herrschenden Klassen sollten unter gar keinen Umständen dulden,
daß ein Staatsoberhaupt schlecht behandelt wird — schon des
bösen Beispiels und der Konsequenzen wegen.

Ueb'immer Treu'und Redlichkeit Besonders stehe Posten nicht
Bis an dein kühles Grab — Für Streiter hilfsbereit,

Nur wenn die Pflicht zum Streik Denn glaube mir, das liebt sie nicht,
Dann falle eilig ab. sdich ruft, Die hohe Obrigkeit.

„Was man doch Alles erlebt!" sagte Ben Akiba kopfschüttelnd, da
kämpfte das Zentrum für Toleranz in Religionsangelegenheiten.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Merkwürdiger Refrain.

Tn China zog der grimme Winter ein. ■

Zu hartem Jels gefroren ist die Erde;

Es fehlt das Korn, kein Rind, kein fjuhn, kein Schwein,
JTm Hunger siechen Menschen hin und Pferde,
heut' kam der Korporal in aller ?rüh,
„Kameraden", sagt er, „legt Euch auf die Matte
Und zieht nur fest den Lederriemen zu:
Wahrhaftig, diesmal ist's die lezte Ratte!“

Tm Reiche zog der grimme Dalles ein,

Die Kassen leer, kein Pump mehr anzulegen,

Der Moloch sackte rüstig alles ein
Und fühlt schon neuen Appetit sich regen.

Dun heisst es wied'rum füllen seine Crub’,

Der Herr Minister fleht nach neuem Drahte:

„0 haltet nicht so fest die Laschen zu,

Wahrhaftig, diesmal ist’s die lezte Rate!" m. e.

Sächsische Milde.

31.: Sachsen hat wieder eine nationale That
vollbracht. Es wurde nämlich aus Dresden ein
Oesterreicher ausgewiesen, weil ihm die Unge-
heuerlichkeit zur Last gelegt wurde, der Holz-
arbeiterorganisation anzugehören.

B.: Eine sehr milde Strafe für ein so großes
Verbrechen.

A. : Nun, was konnte ihm denn Schlimmeres
passiren?

B. : O, man hätte ihn ja naturalisiren und
dauernd in Sachsen behalten können.

Silbenräthsel.

Mein Erstes kannst Du an dem Himmel sehn,
Doch auch in Synagogen triffst Du's an,

Am Zweiten siehst Du oft den Ochsen stehn,
Das Lexikon giebt seine Höhe an.

Das Ganze „läßt die Kindlein zu sich kommen",
Doch wird ihm das Vergnügen bald genommen,
(•ßaog—uaof©)

Lieber Jacob!

Det olle Jahr liegt, wat De vielleicht ooch
schon weeßt, in de letzten Zieje. Ick weeß zwar
immer noch nid), ob et bet letzte von's olle oder
det erste von't neic Jahrhundert jewesen is, in-
dem det sich die Jelehrten dadrieber noch nich
eenig sind. Mir persönlich is ja det ebenso
Jottlieb wie Piepe.

Wie det nu immer so is, wenn det eene Jahr
jeht un det andere kommt, schmeißt de Mensch-
heet een Ooge zurück un eens nach vorwärts.
An det olle Jahr wird keen tutet Haar jelassen
un det neie ejal mit eenem Enthusiasmus em-
pfangen, als mißte et det lange herbeijewunschene
joldene Zeitalter 'ranbringen. Wenn man aber
den Zauber een paar Dutzend Jähreken mit-
jemacht hat, denn regt man sich kaunr noch iber
den Jahreswechsel uff. Ick wenigstens nich. Aber
als halbwegs uffjeklärter Zeitjenosse ziehe ick mir
zwischen Weihnachten un Neijahr immer de
Bilanz von det abloofende Jahr. Ick meene
nich meine Vermöjensverhältnisse. damit. Die
habe ick ooch ohne doppelte Buchfihrnng in 'n
Kopp. Nischt zu nischt jicbt nischt. Denn so
ville habe ick jrade unjesähr. Nee, ick meene,
det ick mir um die Zeit immer dc verfloss'nen
Zeitereignisse iberschlage.

Passtrt is ja in det Jahr 1900 'ne janze
Masse. De Buren sind an de Wand jedrickt
worden, aber de Engländer haben sich an ihnen
mehr wie eenen Zahn ausjebtssen un haben immer
noch 'ne jeschwollene Backe von det Abenteier.
Onkel Paul is uff seine Eiropareise iberall isiit
scheenc Redensarten abjespeist worden un von's
Deitsche Reich hat er nich mal die jekriegt. Et
is nu mal so: et soll sich Keener uff een Tcle-
jratnm verlassen, wat er mal aus Berlin jekriegt
hat. Uff den Jnfall konnten ooch blos de
Buren kommen. Wir hier zu Hause wissen 't,
bet bei uns eene Richtung kaum eenen Monat Vor-
halten dhut, jeschweige denn vier Jahre.

Onkel Chlodwig hat als Reichskanzler aus-
jelitten un Bilow is sein Nachfolger jeworden,
wozu ihm der Kaiser eenen Zentner Seefe je-

schenkt hat. Da kennte man ja nu wirklich sagen,
det Bilow een Reichskanzler is, der sich jewaschen
hat, wenn Bernhard de Seefe for seinen per-
sönlichen Bedarf benitzt; ick habe aber be-
jrindete Furcht, det Bernhard de Seefe dazu be-
nitzt, um det deitsche Volk jrindlich inzuseefen,
un det is jammerschade — um de Seefe näm-
lich, denn hier in't Deitsche Reich wer'n wir
„nach bewährter Methode" schon janz ohne Seefe
barbiert.

Weeßt De, wat „Mundus vult decipi“ heeßt?
Ick ooch nich. In der Nachbardestille, wo ick
mir mein Nordlicht anzinde, verkehrt 'n Musi-
kante, der kann griechisch un der meent: „Naucke,
wer wird so neijierig sind, schänie Dir. Aber
ick werde in'n Jleichniß mit Dir reden. Also,
paß Achtung! Wenn Dir der Destillenvorstand
statt „Kimme! mit Lust" — wofor De bezahlt
hast — janz jemeenen Fusel siebt, denn betriegt
er Dir, un so eene miserable Handlung heeßt
uff griechisch: „Nundus vult decipi!“

Bei Posa'n is neilich 'ne Hauerei jewesen mit
nnjewissen Ausjang. Posa wollte die zwölftausend
Märker janz allcene for sich verantworten un
Wuttki konnte det nick) zulassen. Er wollte ooch
sein Theil davon abhaben, un dabei haben sich
de jnten Leite det Hauen jekriegt. Ob Eener
oder Beede uff'n Platz jeblieben, davon weeß
man noch nischt Jewisset.

In Serbien, wo König Alexander mit Vorliebe
jeheirath't hat, is de Dynastie noch immer nich
jesichert, indem det der Thronfolger noch nich da is.

Wat wir aber sind, lieber Jacob, wir sind
voll» in't olle Jahr wieder vorivürts marschirt un
marschiren ooch in't neie mit Siegeszuversicht'rinn.

Ick jewähre allen meinen Jläubijern vollste
Indemnität.

Un so meene ick, haben wir an de Jahres-
wende alle Ursache mit janz besonderer Bedcitung
un Hochachtung for eenander zu sagen: Prost
Neijahr! Womit ick verbleibe mit ville Jricße
. Dein freier

Joithilf Ranke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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