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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 18.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.6609#0025
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Chinamaun: Bitte, nicht aufregen; ich suche nur nach einem Motiv
für das zn errichtende Boxcrdcnkinal in China.

Hobelspähnr. 'sn®'

Mach' dir, o Mensch, um Wohnungsnoth
Nicht Sorgen und Beschwerden,

Denn wenn die Noth am größten ist,

Wird stets dir Hilfe werden.

Der Staat, in dessen Hut dn bist,

Hilst dann dir ans der Stelle —

Es fließt in jeder Strafanstalt
Für dich noch eine Zelle.

Im Kampfe ums Dasein sind wir immer
die Geleimten, dafür halten wir aber auch
zusammen. „ „

Vernagelt seid ihr doch, ihr Großen,
Seht ihr für gar so dumm uns an,
Im weiten Meer der Mittellosen
Manch' stolzes Schiff versinken kann.

„Immer, wenn cs schön wird, bin ich nicht dabei", seufzte Prinz Aren-
bcrg, da las er die Hunnenbriefe.

In meiner Tasche hüpft vergnügt der Nickel —
Was hat er nur? wie soll ich das verstehn?
Er hat gehört, im Frühjahr werde gehn
Der Mann, der alles kann, der Herr v. Miqnel!

„Der Adel strebt immer nach dem Höchsten!" sagte der Junker, —
damit meinte er die höchsten Getreidezöllc.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Moderne Ksostcr-Iromame.

(Sin Kloster liegt bei Staffelstein;

Als müßten sie alle verderben
Die Lönnlein drin, die jammerten:
„Dräfelitin liegt im Sterken".

Lie schickten nach dem Medikus,

Daß er den Fall besähe;

Der kam auch und besah sich gleich
Dräfektin aus der Lahe.

Drauf lächelt er und sprach verschmißt:
„Ihr Fräuleins, unverhohlen,

Thätet kesser, statt einen weisen Mann
Eine weise Frau zu holen."

„Eine weise Frau?" Da Huken an
Ein Fluchen die Keuschen Damen.

„Wie, so was will LräfeKtin sein?
Fort! in drei Teufels Namen.

Dräfektin die? So wird wohl gar
Die Sünde noch belohnet?

Hinaus damit! es hat bei der
Kein heil'ger Äeist gewöhnet."

Aus dem politischen Struwelpeter.

Non den drei Buben und dem Lginaniann.

Ls ging spazieren dann und wann
Lin artiger Chinesenmann,

Der trug an seinem gelben Kopf
Stets einen langen, schwarzen Zopf.

Er trug den Bambus in der Hand
Und promenirt am Pei-Ho-Strand.

Da kam der deutsche Michel an
Und ärgerte den Lhinamann,

Und puffte ihn, und schlug Radau
Und ..pachtete" dann Kiautschau!

John Bull kam auch rnit schnellem Schritt
Und brachte gleich Kanonen mit,

Das; dem Chinesen ward ganz dumm
Bon all' dem lauten Bum. . . Bum .. . Bum!
Und schließlich kam auch der Franzos,

Der stets dabei, wenn etwas los,

Der hielt stramm mit den Andern Schritt
Und brachte gleich die Bibel rnit.

Run schrieen und schossen alle drei
Und riefen alle Welt herbei!

Da kanr der russische Nikolas
Mit seinem großen Tintenfaß.

Der sprach: Ich bin hier auch dabei
Und nahm sich gleich die Mandschurei!

Dem armen Lhinamann, den: war
Von alledem recht sonderbar.

<Sv dachte stets das Eine nur:
wo steckt bei Luch nur die Kultur?

Lieber Jacob!

Wnt Falb is, der hatte for de ersten Jannar-
tage steijcnde Temp'ratur mit massenhafte Nieder-
schläge verkindigt un pinktlich setzte denn ooch
de jroße Kälte inn, so bet die jesammte Mcnsch-
hcet de Oogen iberjingen: die Kohlenhändler un
die Eisbahnpächter for Frcide un den Nest von
die Menschheet for Wehniuth. Et is eene ver-
fluchte Situalsjon, wenn der Magen knurrt un
der Ofen ooch sein Futter verlangt un min'
blos eenen befriedigen kann. Noch 'n Endeten
schlimmer is et aber, wenn man nich mal die
Wahl mehr hat, wo der Magen nischt kriegen
kann un der Ofen ooch nischt. Ick kenne Leite,
uff die det zutrefft. Ob die woll ooch besond're
Jubiläumsjesihle jehabt haben?

Denn wir hab'n ja wieder mal jubilirt un
den Tag jefeiert, der et vor zweehundert Jahre
zu Stande jebracht hat, det wir heitc mit den
iberzeijenden Brustton singen kennen: Ick bin
een Preißel Ick sage Dir, lieber Jacob, det is
ooch wat werth. Un wenn ick nu bedenke, wie
herrlich weit wir et in de verfloss'nen zweehundert
Jahre jcbracht hab'n! Wir sind nich blos keenig-
lich, sondern ooch kaiserlich jemorden. Ohne uns
derf sich keener irjendwo in de Welt Hinsehen,
wen» wirst nich haben wollen. Wir haben ständije
Ferienkolonien for Erwachsene, wo jeder zn sein
Jlick zivee Jahr 'rinn muß un 'ne scheene Uniform
kriegt. Un die liebevolle Behandlung!

Wenn man bedenkt, wat alleene aus Berlin
jeworden is. De Stadt ist so jrotz, det eener
bequem drin», verhungern kann, ohne det et de
Oeffentlichkeit m.erkt. Un et machen denn doch
jenug von die Verjinstijung Jebranch. Un trotz-

deni nu de Stadt so jroß is, jiebt et ständig
eene Menge Menschen, die keene feste Bleibe
haben un jcwissermaßen postlagernd wohnen.

Et is janz natierlich, det de Stadtväter von
de Stadt, die de Hohenzollern so ville verdankt,
nich undankbar sind un ihre Loyalität bei jede
Jclejenheit mit det Jeld von die Steierzahler be-
kräftigen. So hat denn ooch zu det Jubiläum
jeder Jemeindeschüler uff Rejimentsunkostcn een
scheenet Buch jekriegt, wo de Jröße von de
preiß'schcn Keenige schwarz uff weiß beiviesen is.
Wie jesagt, wir Berliner wissen et jar nich, wie
jnt wir et haben.

Det unser neier Birjermeestcr Brinkmann so
schnell jestorbcu is, hat mir uffrichtig leid jethan.
Det schien doch ivenigstens een Mann jewesen
zu sind, wie er in st rothe Haus eijentlich nich
'rinn paßte. Nu is er hobt un de Wühlerei kann
von Frischei» losjehn, un wenn der Mann, der
jewählt wird, ooch inan blos janz entfernt wie
'n Mann anssieht, denn kann er sich man uff
'ne jehörige Wartezeit inrichten.

De olle Steierschraube Miqnel soll ooch amts-
müde sind. Kann sind, kann ooch nich sind.
Itichtig is ja, det Bilow nich, wie sein Vorsänger,
Onkel Chlodwig, sich durch ihn inst preißische
Ilbjeor'ntenhans vertreten ließ. Der scheene
Bernhard macht allens alleene. Mir kommt et
manchmal so vor, als ob er zu st Reden ein-
jenommen hätte. Det jcht bei ihm wie jeschmiert.
Sein Ehrjeiz is, det er immer Beifall von alle
Seiten kriegt. Nich jleichzeitig. Det jeht ja nu
doch nich. Aber, wenn er eben die Ajrarier 'ne
Liebenswirdigkeit jesagt hat, denn macht er jleich
hinterher die Freisinnigen, wie man hier bei uns
in Berlin sagt, mit Redensart'» besoff'n, so det
hinterher keener wceß, wie er st eijentlich wirk-
lich jemeciit hat. Ick jloobe aber, det die Ajrarier
ville mehr Ursache haben werden mit ihm zu-
frieden zu sind, wie det ibrije Volk, objleich et
von ihm wat jeschenkt kriejen wird: erhöhte Je-
treidezölle. Un da soll eener nich verjniegt sind!

Dein treier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzcr Bahnhof, jleich links.
 
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