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— 3475

A)as da wohl drin sein mag?!

HobelspälMr.

Wer mit bem frommen Stöcker
Will wagen einen Streit,

Der fürchte seine Rebe —

Und Eibesfertigkeit.

Er schätze ein „Itein" bes Stöcker
Stets als Bejahung ein,

Was grab ist krumm und bas Weiße
Wirb wohl bas Schwarze sein.

Im Reichstag würbe kürzlich eine Leiche
entbeckt; — bei näherer Untersuchung zeigte es
sich, baß es nur bas Maul Stöckers war, bas
man tobtgeschlagen hatte. Stöcker lebt noch.

„Laß' mir bie alte Macht verleihen,

Dafür will ich die Sozi bespeien,

Ich will sie höhnen, verläumben, begeifern,

Unb kühn für Wahrheit unb Gottesfurcht eifern.
Laß' mich, o Herrgott, wiederum werben.

Was einstmals ich gewesen auf Erben!"

So plärrt's der Stöcker voll Inbrunst her, —
Es glaubt ihm Keiner ein Wörtchen mehr.

Die bürgerlichen Parteien jfinb verloren, denn Stöcker ist ihr bester
Kämpfer gegen die Sozialdemokratie.

Schlagt immerhin ihn tobt vor allem Volke,

Daß Jeder meint, um Stöcker sei's geschehn,

Zertheilt sich später die Gewitterwolke
Seht unverletzt den Gottesknecht ihr stehn.

Stöcker kann die Wahrheit weder sagen noch — hören!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Sittlichkeit und Prügel.

Die Sittlichkeit und die Moral,

Sie werden selten auf Lröen;

Da giebt es eine Hilfe nur:

Ls muß gehauen werden!

Im Reichstag aber leider will
Dom Prügeln man nicht viel wissen,

Drum ist der Faden der Geduld
Dem biedern Mertel gerissen.

Rach Hieben steht, 's ist sonnenklar,

Der Sinn der wahrhaft Guten.

Lin jeder brave Deutsche schwärmt
Für Rantschu und für Rnuten.

Mb man das Brot vertheuert ihm,

Dem deutschen Volk ist's schnuppe,

Der einzige Hunger. den er hat,

Geht nach einer Prügelsuppe.

Bei solcher schönen Gelegenheit
Da durfte, meiner Seelen!

Herr Schrempf, des Schwabenlandes Stolz,
Natürlich auch nicht fehlen.

Lr stand von seinem Sitze auf
Und strich sein Bäuchlein, sein feistes,

Lr that den Mund weit auf und sprach:
,,was nützt uns Bildung des Geistes?

Ganz ohne Geistesbildung ward
— Ls ist des Gestern geschehen —

Schon Mancher zu einem großen Mann,
wie an mir selbst zu sehen.

Die Biederkeit, die Sittsamkeit,

Die bringt den Menschelt weiter,

Lin fromm, einfältiglich Gemüth
Hilft auf die Himmelsleiter.

Nicht Geistesbildung, nein, man muß
Die Herzensbildung wecken;

Die wird von hinten eingebläut —

Mit einem guten Stecken.

Das Hauen zieht zu Gott empor
Und fördert die Menschenliebe,

Drum, wie einst Goethe rief: Mehr Licht!

So rufe ich: Mehr Hiebe!"

Ignolus.

Lieber Jaeob!

Falb is mein Freinb nich, nee! Er irrt sich
zu oft mit 's Wetter. Diesen Brief schreibe ick
in 'n Falbschen Sonnenschein mit klamme Finger.
Na, bet blos so nebenbei. De Menschheet hat
ja heitzudage jrößere Sorjen, als be Wettersorjen.
Bille mehr intressirn ihr schon be Wolkenbilbungen
an ben sojenannten polit'schen Himmel. Un ba
sieht et zu bie Zeit, wo ick ben Brief verzappe,
nach Osten hin buster ans. Et kann leichte kommen,
bet sich Russen un Englünber in China in be
Haare jerathen. Vielleicht einigen se sich ooch un
schmeißen uns aus China raus, wat mir in Jn-
tresse unsrer Steierzahler jar nich so unanjenehm
wäre, ne, janz okongtröhr! Zweehunbertunfufzig
Millionen Märkerchen hat uns ber Chinesen-
schwinbel schonst jekostet un keene zweehunbertun-
fufzig Pfennje kriegen wir wieber. Uff bie Weise
mehren bie Belker Eiropas in China ihre heiligsten
Jieter. Det hat eijentlich jeber verninftije Mensch
kommen jesehn. Blos unsre Khakipatrioten nich.
Un wat unser Weltjenral is, ber steht ba, wie
wir Berliner sagen, wie 't Kinb bei 'n Dreck.

Een Jericht zufolge (onäit sagen be Diplo-
maten) soll unser Miguel nach China berufen
wer'n, um dort be chinesischen Finanzen in Orb-
nung zu bring'n, Allabonnör! Ick weeß, wat
be nu benkst, Jaeob! Du benkst, Rauke is ver-
rickt jeworn, Rauke quasselt franzes'sch! Ja,
wenn eenen Menschen ber Munb voll is, läuft
ihn bet Herz ieber! Ja, ick bin franzes'sch, ick bin
Opportunist, Possibilist, Millerandist, ick bin
Allens, wenn wir blos Miqueln loswer'n. Jetzt
er nach China, so mag Bubba un Konfutsius
be Chinesen jnäbig sein. Miqueln als Finanz-
minister haben, is eene schwerere Strafe, als
mit '» Hackmesser jezweetheelt zu wer'n!

Ru bejreifste woll ooch, bet een juter reichs-
beitscher Patriot seine Sorjen hat. Un wenn nu
wenigstens zu bie äußeren Sorjen kene inner-
lichen mehr kämen. Aber ba jetzt allens, ick
meene in ’t innere, brünier un briber. Nich alleene,
bet König Stumm janz stumm jeworben is un

bie eene Jleichheit hat anerkennen missen, bie sein
jeringster Arbeeter mit ihm jemein hat, ben Tob
nämlich, un bet jetzt een Sozjalistentöbter wenijer
is, sojar eener von bie villen deutschen Lanbes-
väter hat soweit seine Wirbe versessen, bet er
sich mit unfern Ulrich in een längeret Jespräch
injelassen hat. Au ben Abenb hat janz Darm-
hessen jewackelt un wat bie Tage druff bcr Jroß-
herzog von sämmtliche staatserhaltenbe Blätter
in 't Deitsche Reich hat Heren missen, bet jing uff
keenen Majestätsbeleibijungsparajrafen ruff. Et
war aber ebenso bejreiflich, bet mit eenmal alle
Staatsanwälte bet Lesen verlernt hatten.

Un wie een Unjlick niemals nich alleene kommt:
in Koburg-Jotha haben sie Bock'n sojar zum Vize-
präsibent von ben Lanbtag jemacht. Ick bejreife
nich, wie bet Deutsche Reich so ville Unheil mit
eenmal aushalten kann. Wenn man bajegen vor
dreißig Jahre bedenkt! Da war'n in den ersten
Reichstag noch keen halbet Dutzend Sozjaldemo-
kraten brinn. Un heite! Det hat ooch der olle Wahr-
heetspastor Stöcker woll empfunben un is des-
halb jegen die Sozialdemokraten losjejangen. Na,
jut is et ihn ja weiter nich anjeschlagen. Det jute
Haar, wat villeicht noch Bebel an ihn jelassen, hat
ihn Singer ausjerissen un Ledebour hat ihn den
Jnadenstoß versetzt. Wer nu aber jloobt, det
der Mann mirbe fein wird für be Zukunft, ber
dirfte sich doch jetäuscht haben. Jewisse Krea-
turen haben een zähet Leben.

Ooch Ahlwardt hat wieder 'n Ton von sich
jejeben. Der Dreschjraf Pickler hat ihn mit seinen
frischen Ruhm fast in den Schatten jestellt, un
so will er mit ihn in Konkurrenz treten un sich
wieder an seine Lieblingsbeschäst'jung, die Lösung
von die Judeufrage machen. Diesmal, meent er,
wird et ihn jelingen, denn er is, wie er sagt, zu
Jeld gekommen un is nich mehr uff Tellersamm-
lungen anjewiesen und kann sich nu janz schulden-
fvct seine jroße Ufsjabe widmen.

Womit ick verbleibe

Dein treier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

Unsere nächste Nummer ist die Mai-Nummer. rNehrbestellungen bitte» wir bald nufzngeben.
 
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