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3495

Leutnant von A.: Lhmalger Ramerad da jüngst was jefaselt von Sozial-
demokratie im Heer. Is Unsinn; jiebt's nich.

Leutnant B.: Klauben Ramerad?

Leutnant von A.: Iiebt's nich. Da neulich auch Umfrage jehalten. — Hundert
Rekruten jefragt: Wer is Bebel? — Hat nich Liner jeantwortet.

-or? Hobelfpahnr.

Der Junker war sonst kerngesund
Und dick und fett und kugelrund,

Doch als man den Kanal bracht' ein,

Da fing er plötzlich an zu schrein:

Pfui Teufel, Wasser mag ich nicht,

Ich schlucke die Kanäle nicht,

Was kümmert mich des Volkes Noth,

Ich schlucke nur den Zoll aufs Brot!

Als Eugen Richter hinter Bismarcks Stand-
bild verständnißinnig emporschaute, murmelte
er: Daran erkenne ich meinen Pappenhcinicr.

Still und friedlich ist verlaufen
Uebcrall der erste Mai, —

Aber nur, wo Arbeitsruhe
Hielt Gendarm und Polizei.

China importirt zur Zeit große Mengen Zacherlin, um die Russen
aus der Mandschurei zu vertreiben.

In Thielens Reich wird eine Reform Wie segensreich wird wirken nun
Vollendet in diesen Tagen: Die strenge amtliche Weisung —

Kein preußischer Eisenbahner darf Sie hilft gegen Zugverspätungeu und
Im Dienst Zivilhosen tragen. Verhindert jede Entgleisung.

Beim Brand des Asbesthauses in Peking war leider ein Photograph
nicht zugczogen; die offiziöse Presse sieht darin ein nationales Unglück.

Womit ich verbleibe ®ein getreuer Säge, Schreiner.

Jur Mkoholfrage.

Zoll man Uöev Mlkosjol
Jornig sich entrüsten?

Zoll nach einem vollen Glas
Kimmer uns gelüsten?

Wohl, der „Suff“ ein Laster ist,

Das wir lieber meiden, —

Mb er ach, es ist der Durst
Much ein großes Leiden.

Zchlicßen wir ein Kompromiß:

Wer da schafft mit Jleiße,

Labe sich am edlen Trank
Nach Germanenweife.

Doch dem faulen Mktionär,
Dividendenschlucker,

Jljm fei Waffer zugedacht,

Höchstenfalls mit Jucker.

Wer im Dienst der Reaktion
Kncchtssinn gut bewiesen,

Zoll Kathreiners Malzkaffe»

Stark verdünnt genießen.

Doch wer für den Fortschritt kämpft
Wider Freigkitsßaffer —

Alerten soll ihm Rebenvlut
Dicker als wie Waffer.

¥

Zuverlässiges Symptom.

Kellner (eine neue Schüssel Austern bringend): Be-
liebe» Herr Baron noch einige Austern?
Junker: Danke nein, bin schon satt!
Kellner (enisett aus die Straße lausend): Zu Hilfe,
zu Hilfe! Er ist Ivahnsinnig geworden! Ein
Agrarier, der satt ist! Zu Hilfe!

Lieber Jacob!

Um den ersten Mai sind wir also ooch wieder
jlicklich drum ruin un det jebildete und zahlungs-
fähige Deitschlaud hat erleichtert uffjealhiuet, in-
dem det rothe Jespeust ooch diesmal nich in
Erscheinung jetreten is, wojegen verschiedene
Staatsstitzen wieder die Jelejenheet benitzt haben,
indein det se ihre Arbeeter ausjesperrt haben,
von wejen weil se de unerhörte Frechheet hatten,
sich ecucn Feiertag zu jönnen. Da hceßt et nu: kalt
Blut un warm anziehn. De Herren wegen noch
so schre ufftrumfen, et is so jewiß, wie zweemal
zwee viere, det ooch sie mal den ersten Mai in
ihr'n Kalender werden roth anstreichen missen.
Vorleifig können se ja noch faule Witze mach'»
über den Arbeeierfeiertag, wir lachen ooch noch
mal un wer zuletzt lacht, lacht ain besten.

Abjesehn nu von seine Rothanjestrichcnheet, hat
der diesjährige erste Mai jrade »ich ville Farbe
bekennt. Ick meene jrine Farbe, wozu er doch
quasi jemissermäßen nach'n Kalender verflichtet
is. — Det is mir so recht uffjefallen, ivie
ick neilich meine oogenblicklichc, nu schon seit
Wochen nich vorüberjeheude Arbeetslosigkeet dazu
bcnitzte, 'n bisken verfeinerte Atmosfäre in'n
Thierjarten zu schnappen. Kaum war ick aus 't
Braudenburgerdhor raus un in de Sicjesallee
rinujeschweukt, als mir buchstäblich weiß vor Oogeu
wurde. Nich etwa, det so ville Schnee jefalleu
war, nee, lveiß vor lauter Puppen. Ick mußte
an den Dichter denken — wie er heeßt, weeß ick
oogcnblicklich nich —, der jesagt hat: llu Marmor-
bilder stehn un sehn mir an. Na, ick'sah se ooch
an, so lange, bis mir de Oogen überjingen.
Nor patriotsche Nihruug nämlich. Olle verjährte
Erinn'rungen aus de Pautinenschule, die det Jlick
hatte, von mir besucht zu werden, tauchten wieder
uff in mir. So ville Väter von's Vaterland
uff eenen Haufen! Karl der Dicke un Otto der
Faule un Ludwig det Kind un denn de ejent-
lichen Hohcnzollern, bis uff unsere Dagc. Aber
ivat mir ufsfiel, war, det se alle sonne jewissc
kiustlcrische Familjeuähulichkeet mit'nander hatten.

Der eene hatte det linke Been vorjesetzt un der
andere det rechte un so immer umschichtig. Ick
sage dir, lieber Jacob, wenn de det jesehn hast,
denn biste ooch iberzogcn davon, det Berlin jar
nich erst de schecnste Stadt der Welt zu werden
braucht, se is et schon. Die Puppenallee treestet
denn ooch dadriber weg, det de Becine in 'n
Thierjarten an de Finger herzuzählen sind.

Et liegt een tiefer Sinn in diese Ahnenjalerie.
Wer mit die Jcjcinvart nich zufrieden is, der
kann sich hier an de jrotze, in Marmor aus-
jehau'ne Verjangenhect erheben. Un et soll ja
wirklich iu's neie Deitsche Reich 'ne Handvoll
Leite jeden, die mit de bestehenden Zustände nich
zufrieden sind. Von de inneru Sorjen janz zu
schweigen. Wir brauch'» uns blos an China zu
halten. Det is ne Laus in'n deitschen Reichs-
pelz, die so leichte nich wegzukratzen is. Et sah
schon so halbwegs nach Zuhausekommen aus,
von Waldersce'n nämlich, un nu haben se ihn
in Peking det Asbcsthaus iber 'n Kopp anjesteckt!
Un ooch sonst sehen sich de Chinesen wieder mehr
uff de Hinterbeene un ivenu det Jlick jut is,
denn haben mir in'n paar Wochen in China det,
wat wir bisher nich jehabt haben, nämlich reju-
lären Krieg. So mußt' kouuuen, sagt Neumaun.
Uff die Weise kann et eenen recht uffjcregten
Sonuner jeden un der Reichstag noch vor'» paar
kleene Nachtragsforderuugcu jestellt werden. Jeden-
falls sieht et aber janz so aus, als ob uns unser
Platz an die Sonne noch recht unjemiethlich
werden kennte.

Nu is der olle Heros vors Neichstagsjebeide
uffjestellt, aber verkehrt. Alle Versuche, den
Mann mit 's Jesicht nach'n Reichstag zu drehen,
sind mißjlickt. Er sieht det „hohe Haus" mit
de hintere Viehsionomie au. Nu wird er woll
als ehernes Beispiel, ivie de Regierung ieber de
Volksvertreter denkt, so stehn bleiben un de Volks-
vertreter haben dabei de scheeuste Aussicht.

Womit ick verbleibe

Dein treier Jotthilf Nauke,
an'n Jörlitzcr Bahnhof, jleich links.
 
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