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Der VTixttcllanblanal auf Aktien. +*«-
Leiht mir den Schwung zum weihevollen Psalm,
Der rauschend dringe in die fernsten Kreise!
Nein, wie naiv, ihr Herrn von Ar und Halm!
So überschlau — die rechte Bauernweise!
Die Gunst des Augenblicks nützt ihr geweckt,
wenn ihr euch sagt, -aß kaum er wiederkehre;
Das neu'ste Planchen, das ihr ansgeheckt,
Macht eurem Scharfsinn wirklich alle Ehre.
Daß „oben" man ans den Kanal erpicht,
Das läßt sich nicht hinweg mehr raisonniren;
Die Sache paßt euch zwar entschieden nicht,
Doch soll man deshalb einen Krach riskiren?
Ihr wißt, des Spießers Dummheit ist enorm
Und Einfalt und Profitgier sind Geschwister,
Deshalb verweist ihr auf die Aktienform
Nach Panama-Modell die Herrn Minister.
Um den Erfolg ist euch durchaus nicht bang;
Man wird es schon mit Landraths Hilfe zwingen,
Und was in Frankreich so patent gelang,
Das sollte euch in Deutschland nicht gelingen?
Man weiß dabei das Line ganz genau,
Obwohl man klüglich es nicht ausgesprochen:
Das große Kapital ist viel zu schlau —
Das ist noch nie auf solchen Leim gekrochen.
Die haut6 finance macht keinen Finger naß,
Die ist und war von jeher zu gerissen;
Nur auf den kleinen Sparer ist verlaß,
Der auch in Frankreich blindlings angebissen.
An Alles, was ein Sparbuch noch besitzt,
Soll sich der Staat mit Gründerschläue wenden;
Man blendet sie, ist erst ihr Kopf erhitzt,
Mit Leichtigkeit durch fette Dividenden.
Und zieht auch das bei dicken Schädeln nicht,
Die sparsam sind mit Glauben und Vertrauen,
So macht man es zur Patriotenpflicht,
Am Werke des Jahrhunderts mitzubauen.
Ob hinterdrein die schöne Rechnung stimmt,
Ob sich ergiebt, daß Alles nur Geflunker,
Und ob der Reingefall'nc dann ergrimmt —
was kümmert das die ritterlichen Junker?
Dem philisterium fehlt's an Nerv und Zug,
Ls wird wohl niemals in die Aexfel hauen,
Und das so vieles schweigend schon ertrug,
wird auch ein deutsches Panama verdauen.
Inhalt der Unkerhaltnngs-Beilage.
Das große Portemonnaie. Illustration. — Begräbniß vor
dem Feind. Gedicht von Detlev Noberty. — Patriotische
Dramatik. Von J. 8. — Aus dem Reiche unserer Anti-
poden. — Trost für Arbeitslose. Illustration. — Reminis-
zenzen vom l. Mai. Illustration. — Staatsretter-Laufbahn.
Eine lehrreiche Geschichte von M. K. — De Brennstür hört
up. Illustration. — Frühling. Gedicht von Heinrich Berg. —
Der Herr. Von Emil Rosenow. — Ein gräflicher Befehl. —
Der Erbprinz. Illustration. — Briefkasten.
Des llreuzzugs 6näe.
Nach einer starken Dosis blauer Bohnen
Und einer Schacherei von vielen Wochen
Bat uns der Sohn des Rimmels die Millionen
Der Kriegsentschädigung nunmehr — versprochen.
Dun werden sich die sorgenvollen Runzeln
Der Fjerrn Jinanzminister wieder glätten
Und alle werden gar vergnüglich schmunzeln —
Wenn sie das schöne Seid nur auch schon hätten!
Der Sohn des Rimmels wird wohl keinen vollen
Staatsschatz besitzen mit Metallgelunkel —
Wie seine Diener uns bezahlen sollen.
Das ist zunächst in jeder Rinsicht — dunkel.
Da giebt’s ein Knacken noch von harten Bussen,
Sei der üertrag auch bündig unterschrieben;
Man wird das Seid ihm wohl erst pumpen müssen,
Damit er zahlen kann — je nach Belieben.
JTuf jeden 5all wird bei dem Zug nach Osten,
Wenn er sich wiederholt, Europa pleite;
Der Scherz verschlang ganz kolossale Posten
Und überwogen hat — die Schattenseite.
Mit den Erfolgen kann man sich nicht brüsten,
Dicht mit dem Ruhm, noch mit dem goldnen Regen;
Eh’ wieder wir zu einem Kreuzzug rüsten,
Wird man das Ding sich — dreimal überlegen.
Guter Nattz.
Wenn dir des Lebens Ungemach
Gesärbl die Wange bleich,
So handle nur mit Nickelstahl,
Damr wirst gar schnell du reich.
Das Valerland bezahlt dir mehr,
Als je das Ausland bol,
Und gellrir wirst du obendrein
Als großer Patriot. m. k.
Aus dem Evangelium Jakobi.
Und der Uebermensch ward geboren von einem
irdischen Weibe und wohnete unter uns. Wir
aber nannten ihn Tille und achteten seiner nicht.
Da schied er von uns und ging nach Glas-
gow, wo er als Sprachlehrer lebte.
Und es begab sich eines Tages, daß die eng-
lischen Studenten beschlossen, ihm das Leder ans-
zuhauen, wie sie meinten, daß er es verdiene.
Der Herr aber hüllte ihn in eine Wolke und
führte ihn nach Deutschland zurück, wo er sich
Universitätsdozent nannte, denn es jammerte ihn
seines niederen Berufes.
Und es kam der Geist über ihn und er er-
kannte, daß die Kraft herrlicher sei denn das
Recht, lind er entäußerte sich, ward ein Kuli
der Scharfmacherkligue und es ekelte ihn nicht,
in den „Berliner Neuesten Nachrichten" seine
Stimme zu erheben.
Und er redete zum Volk der Unternehmer und
sprach:
Selig sind, die vom Zeitgifte Moralin nicht
durchfressen sind und in deren Herzen kein Mit-
leid wuchert. Sie werden es bald zum Geheimen
Kommerzienrath bringen.
Selig sind, die es ablehnen, mit ihren Sklaven
zu unterhandeln, die vielmehr erscheinen vor dem
Einigungsamt und sprechen: „Hier bin ich, meiner
Pflicht habe ich genügt, guten Morgen" und
wenden sich um und gehen heim. Denn wahr-
lich, ich sage euch, bald werden die Richter müde
werden, sie fürderhin zu belästigen. Selig seid
ihr, wenn euch eure Arbeiter hassen und ver-
achten und reden allerlei Uebles wider euch. Seid
fröhlich und getrost, es wird euch beim Jahres-
abschluß wohl belohnt werden.
Und er redete zu ihnen noch mancherlei Gleich-
nisse und sprach: Wehe den Nullen, die sich den
Tausenden gleich dünken. Die Null bedeutet nichts
im politischen Handelsgeschäft, für zwölf Tausende
aber kann man sich beim Minister ein Zuchthaus-
gesetz kaufen.
Und es begab sich, da er diese Reden vollendet
hatte, entsatzte sich das gemeine Volk und sprach:
Woher kommt diesem solche Weisheit und Thaten?
Die Scharfmacher aber thaten ihre Schätze aus
und füllten ihm die Taschen mit Gold-, Silber-
und Kupfergeld. Und er küßte den Saum ihres
Kleides und nahm alles, was er bekominen konnte.
Da sähe man den Geist Stumms über ihm
schweben und dessen Stimme sprach: Dies ist
mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen
habe. , j. 8.
Der schlimmste Feind.
Letzt England als Kefang'ne
Auch viele Buren fest,
Auf freiem ßuße bleibt jedoch
Als schlimmster Hemd die Pest.
Häusliche Szene nach Einführung der
Meichsdiersteuer.
Sie; Aber Mann! Schon den dritten Abend
kommst Du total betrunken aus der Bierstube
heim! Schämst Du Dich nicht?
Er: Wat? Ick soll mir schämen? Nee, Inste,
stolz bin ick, bet ick die Reichsfinanzen
wieder den janzen Abend uff de Beene jebracht
habe!
Der VTixttcllanblanal auf Aktien. +*«-
Leiht mir den Schwung zum weihevollen Psalm,
Der rauschend dringe in die fernsten Kreise!
Nein, wie naiv, ihr Herrn von Ar und Halm!
So überschlau — die rechte Bauernweise!
Die Gunst des Augenblicks nützt ihr geweckt,
wenn ihr euch sagt, -aß kaum er wiederkehre;
Das neu'ste Planchen, das ihr ansgeheckt,
Macht eurem Scharfsinn wirklich alle Ehre.
Daß „oben" man ans den Kanal erpicht,
Das läßt sich nicht hinweg mehr raisonniren;
Die Sache paßt euch zwar entschieden nicht,
Doch soll man deshalb einen Krach riskiren?
Ihr wißt, des Spießers Dummheit ist enorm
Und Einfalt und Profitgier sind Geschwister,
Deshalb verweist ihr auf die Aktienform
Nach Panama-Modell die Herrn Minister.
Um den Erfolg ist euch durchaus nicht bang;
Man wird es schon mit Landraths Hilfe zwingen,
Und was in Frankreich so patent gelang,
Das sollte euch in Deutschland nicht gelingen?
Man weiß dabei das Line ganz genau,
Obwohl man klüglich es nicht ausgesprochen:
Das große Kapital ist viel zu schlau —
Das ist noch nie auf solchen Leim gekrochen.
Die haut6 finance macht keinen Finger naß,
Die ist und war von jeher zu gerissen;
Nur auf den kleinen Sparer ist verlaß,
Der auch in Frankreich blindlings angebissen.
An Alles, was ein Sparbuch noch besitzt,
Soll sich der Staat mit Gründerschläue wenden;
Man blendet sie, ist erst ihr Kopf erhitzt,
Mit Leichtigkeit durch fette Dividenden.
Und zieht auch das bei dicken Schädeln nicht,
Die sparsam sind mit Glauben und Vertrauen,
So macht man es zur Patriotenpflicht,
Am Werke des Jahrhunderts mitzubauen.
Ob hinterdrein die schöne Rechnung stimmt,
Ob sich ergiebt, daß Alles nur Geflunker,
Und ob der Reingefall'nc dann ergrimmt —
was kümmert das die ritterlichen Junker?
Dem philisterium fehlt's an Nerv und Zug,
Ls wird wohl niemals in die Aexfel hauen,
Und das so vieles schweigend schon ertrug,
wird auch ein deutsches Panama verdauen.
Inhalt der Unkerhaltnngs-Beilage.
Das große Portemonnaie. Illustration. — Begräbniß vor
dem Feind. Gedicht von Detlev Noberty. — Patriotische
Dramatik. Von J. 8. — Aus dem Reiche unserer Anti-
poden. — Trost für Arbeitslose. Illustration. — Reminis-
zenzen vom l. Mai. Illustration. — Staatsretter-Laufbahn.
Eine lehrreiche Geschichte von M. K. — De Brennstür hört
up. Illustration. — Frühling. Gedicht von Heinrich Berg. —
Der Herr. Von Emil Rosenow. — Ein gräflicher Befehl. —
Der Erbprinz. Illustration. — Briefkasten.
Des llreuzzugs 6näe.
Nach einer starken Dosis blauer Bohnen
Und einer Schacherei von vielen Wochen
Bat uns der Sohn des Rimmels die Millionen
Der Kriegsentschädigung nunmehr — versprochen.
Dun werden sich die sorgenvollen Runzeln
Der Fjerrn Jinanzminister wieder glätten
Und alle werden gar vergnüglich schmunzeln —
Wenn sie das schöne Seid nur auch schon hätten!
Der Sohn des Rimmels wird wohl keinen vollen
Staatsschatz besitzen mit Metallgelunkel —
Wie seine Diener uns bezahlen sollen.
Das ist zunächst in jeder Rinsicht — dunkel.
Da giebt’s ein Knacken noch von harten Bussen,
Sei der üertrag auch bündig unterschrieben;
Man wird das Seid ihm wohl erst pumpen müssen,
Damit er zahlen kann — je nach Belieben.
JTuf jeden 5all wird bei dem Zug nach Osten,
Wenn er sich wiederholt, Europa pleite;
Der Scherz verschlang ganz kolossale Posten
Und überwogen hat — die Schattenseite.
Mit den Erfolgen kann man sich nicht brüsten,
Dicht mit dem Ruhm, noch mit dem goldnen Regen;
Eh’ wieder wir zu einem Kreuzzug rüsten,
Wird man das Ding sich — dreimal überlegen.
Guter Nattz.
Wenn dir des Lebens Ungemach
Gesärbl die Wange bleich,
So handle nur mit Nickelstahl,
Damr wirst gar schnell du reich.
Das Valerland bezahlt dir mehr,
Als je das Ausland bol,
Und gellrir wirst du obendrein
Als großer Patriot. m. k.
Aus dem Evangelium Jakobi.
Und der Uebermensch ward geboren von einem
irdischen Weibe und wohnete unter uns. Wir
aber nannten ihn Tille und achteten seiner nicht.
Da schied er von uns und ging nach Glas-
gow, wo er als Sprachlehrer lebte.
Und es begab sich eines Tages, daß die eng-
lischen Studenten beschlossen, ihm das Leder ans-
zuhauen, wie sie meinten, daß er es verdiene.
Der Herr aber hüllte ihn in eine Wolke und
führte ihn nach Deutschland zurück, wo er sich
Universitätsdozent nannte, denn es jammerte ihn
seines niederen Berufes.
Und es kam der Geist über ihn und er er-
kannte, daß die Kraft herrlicher sei denn das
Recht, lind er entäußerte sich, ward ein Kuli
der Scharfmacherkligue und es ekelte ihn nicht,
in den „Berliner Neuesten Nachrichten" seine
Stimme zu erheben.
Und er redete zum Volk der Unternehmer und
sprach:
Selig sind, die vom Zeitgifte Moralin nicht
durchfressen sind und in deren Herzen kein Mit-
leid wuchert. Sie werden es bald zum Geheimen
Kommerzienrath bringen.
Selig sind, die es ablehnen, mit ihren Sklaven
zu unterhandeln, die vielmehr erscheinen vor dem
Einigungsamt und sprechen: „Hier bin ich, meiner
Pflicht habe ich genügt, guten Morgen" und
wenden sich um und gehen heim. Denn wahr-
lich, ich sage euch, bald werden die Richter müde
werden, sie fürderhin zu belästigen. Selig seid
ihr, wenn euch eure Arbeiter hassen und ver-
achten und reden allerlei Uebles wider euch. Seid
fröhlich und getrost, es wird euch beim Jahres-
abschluß wohl belohnt werden.
Und er redete zu ihnen noch mancherlei Gleich-
nisse und sprach: Wehe den Nullen, die sich den
Tausenden gleich dünken. Die Null bedeutet nichts
im politischen Handelsgeschäft, für zwölf Tausende
aber kann man sich beim Minister ein Zuchthaus-
gesetz kaufen.
Und es begab sich, da er diese Reden vollendet
hatte, entsatzte sich das gemeine Volk und sprach:
Woher kommt diesem solche Weisheit und Thaten?
Die Scharfmacher aber thaten ihre Schätze aus
und füllten ihm die Taschen mit Gold-, Silber-
und Kupfergeld. Und er küßte den Saum ihres
Kleides und nahm alles, was er bekominen konnte.
Da sähe man den Geist Stumms über ihm
schweben und dessen Stimme sprach: Dies ist
mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen
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Der schlimmste Feind.
Letzt England als Kefang'ne
Auch viele Buren fest,
Auf freiem ßuße bleibt jedoch
Als schlimmster Hemd die Pest.
Häusliche Szene nach Einführung der
Meichsdiersteuer.
Sie; Aber Mann! Schon den dritten Abend
kommst Du total betrunken aus der Bierstube
heim! Schämst Du Dich nicht?
Er: Wat? Ick soll mir schämen? Nee, Inste,
stolz bin ick, bet ick die Reichsfinanzen
wieder den janzen Abend uff de Beene jebracht
habe!