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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 18.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.6609#0239
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3643 . - -

Hobelspähnr. 'Zkst

Entrüstung gegen Chamberlain
Entfesseln die Philister —

„Ein Lügner ist er und ein Lump,

Ein rechter Gauner ist er."

Sie zeigen, daß ein freies Wort
Sie tapfer noch riskiren.

Denn — da es einem Fremden gilt —
Kann ihnen nichts passiren.

Als einem europäischen Diplomaten gemeldet
wurde, daß Li-Hung-Tschaug diesmal wirklich
gestorben sei, sagte er sorgenvoll: „Freilich, frei-
lich — aber was mag er damit wohl beab-
sichtigt haben?"

Eroberer-Lorbeer schon wieder ziert
Das Deutsche Reich, das starke:

Der Reichspostmeister hat anncktirt
Die württembergische Marke.

Die größte Schwierigkeit bei den Hunnen-Prozessen liegt in den Zeugen-
vernehmungen. Denn die eigentlichen Thatzeugen, die Boxer, können
erstens nicht deutsch, zweitens kennt man ihre Adressen nicht, und drittens
sind sie meist gar nicht mehr am Leben.

Das war der Normann-Schumann,
Der hatte Langeweil',

Drum mit den Hunnenbriefen
Versuchte er sein Heil.

Für solche Staatsrcttertbaten
Erblühet der Lohn ihm nunmehr:
Die Kaiserin Tsusi von China
Ernennt ihn zum Leibsekretär.

Ich habe gar nichts dagegen, wenn sich die „Edelsten der Nation" im
Duell gegenseitig abstechen. Wir haben viel davon auf Vorrath.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Oho:

In Hamburg halte der bejahrte Schuhmacher
Sören Mathias Thoresen der sozialdemokrati-
schen Partei 2000 Mark vermacht. Der Nachlaß
fiel jedoch an den Staatsfisklis mit der Be-
gründung, daß die Partei nicht erben kann.

Da lhal rin braver Meister sterben
Und liest sein Erbe der Partei;

Doch die Partei, „die kann nicht erben",
Entschied rin Richtrrtrio frei.

Woher Euch nur dir Weisheit kam?

Laßt rin'ge Jahre nur verfließen,

Dann werdet Ihr mit stillem Gram,

Da« strikte Grgenthril geniesten ...

Denn die Partei wird lachend erben,
Was Eurer starren Hand entglitt,

Der stärkste Thron, er gehl in Scherben,
And spröde wird der beste Ritt.

Sir strhl schon lange aus dem Plan,

Den herrenlosen Schah;u heben:

Ja, seht nur ihre Jugend an:

Sie wird Euch Alle überleben! 12.

Neue Verordnung.

Auf Veranlassung des Kultusministeriums sind
die Kreisschulinspektoren angewiesen worden, da-
für Sorge zu tragen, daß die Schulkinder vor
dem nutzlosen Schreiben von Bittbriefen an den
Kaiser gewarnt werdcm Falls der Unfug nicht
aufhöre, würde sogar mit Strafen vorgegangcn
werden müssen.

Hoffentlich verbietet man aber den Kindern in
Rcuß nicht, Dankschreiben für erfolgte Begnadi-
gungen an den Landesvater zu richten? e.

Zu den Berliner Konflikten.

A. : Schämt sich der Berliner Stadtrath nicht
seiner großen Nachgiebigkeit gegenüber dem Feu-
dalismus?

B. : Das nicht — aber die städtischen Wahl-
resultate werden roth. m. k.

Die Hauptsache.

A>: Der Zug der Franzosen nach Mptilene
war doch sehr blamabel im Vergleich zum deut-
schen Chinafeldzug.

B.: Warum?

A.: Die Franzosen mußten Mptilene so schnell
wieder verlassen, daß sie sich dort gar nicht
photographircn lassen konnten. m. k.

Schnitzel.

Der Bundesrath hat den Zolltarif angenommen
— kein Wunder, denn die Bundesrathsmitgliedcr
werden so gut besoldet, daß sie eine Brotvertheue-
rung recht gut ertragen können.

Nach der neuen Scemauusordnung soll dem
Kapitän das Recht der väterlichen Züchtigung
genommen werden. Die Konservativen sind aber
gegen diese Neuerung, denn das einzige Volksrecht,
das sie vertheidigen, ist ja eben das Recht auf Prügel.

Man streitet darüber, ob der neu ernannte
Professor Spahn seine antiklerikalen Jrrthümer
abgeschworen habe oder nicht. Seine Aeußerungen
darüber waren sehr unklar, und das ist kein
Wunder, denn wenn man einen Spahn als
Leuchte verwenden will, dann kohlt er.

Kitchener laßt alle Buren erschießen, die eng-
lische Uniform tragen. Eindringlicher kann man
die Buren vor Anerkennung der englischen Herr-
schaft nicht warnen. m. k.

Wenn Du ein Metazentrum bist, bum bum,
Halt Dich nicht auf im Flaggenknopf, schrumm

schrumm,

Liegt Mctas Zentrum in dem Knopf, trala trala,

juchheirassa,

Dann fällt das Schifflein um! x.

Lieber Jacob!

Du thust mir wahrhaftig leid! Wie De neilich
in Stuttjart vors Jericht jcstandcn hast, weil De
so frech warst, ieber de Hunnen ivat Jcreimtes
zu sagen, da insinujierte Dich der Vorsitzende
een „jetriebtes Vorleben", weil De for ehnliche
Frechheiten schon frieher hast ins Kittchen jehen
missen. Ick kann mir denken, wat De for'u
„jetriebtes" Jesichte zu diese Ereffnung jcmacht
hast. Erwidern haste ja nischt kennen, denn nach
die Urtheilsverkindijung hat ja Jeder 's Maul zu
halten. Aber bet kann ick Dir sagen: ick hätte
mir doch nich verkniffen, janz respcktvollst zu
bemerken: Jeöhrter Herr President! Wat Se da
sagen, det freit mir nich sehre, aber de Schuld
daran habe ick nich, sondern det is'n Kollege von
Sie jcwescn, der mir det anjcthan hat, weil ihm
meine Jesinnung als wat Verwerfliches jeschienen
hat. Wenn Se de That von Ihrem Kollegen
nu so schmerzlich berührt, so freit mir det sehr,
aber wie kommt et denn, dat Sc durch meine neie
Verurtheilung nu selber ooch 'n Beitrag zu die
Tricbung von mein Vorleben liefern? Wo bleibt
da die Lojik? Warum sagen Sc nick lieber zu
den reimkundigen Herrn Oberstaatsanwalt: Lassen
Se den Mann in Ruh, der hat nischt verbrochen,
denn ins Deitsche Reich herrscht Meinungsfreiheit
for die Presse! Sehen Sc, Herr President, so
wat sagen Se nich, weil's keene Preßfreiheit noch
nich jiebt for die deitsche Presse, aber denn sollten
Se ooch nich '» Journalisten seine Preßverjehen
in eene Weise vorwerfen, als wenn er mit Sün-
den oder sonst eenen froinmen Bankier Kümmel-
bläitchen jespielt hätte. Von wejcu diese Strafen
macht keen Journalistc 'n jetriebtes Jesichte!

Det hätte ick jesagt, dat heeßt, wenn man mir
so lange hätte reden lassen. Dann hätte ick mir
heeflichst verbeugt un wäre jejangen.

Womit ick verbleibe

Dein jetriebter Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzcr Bahnhof, jleich links.
 
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