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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0039
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3695 •

„Was, Sie betteln? Thun Sie lieber 'was! Wer nicht arbeitet, der
soll auch nicht essen."

„Mein Herr, ich bin Ostelbier, das erklärt alles!"

„Eigentlich hätten Sie das arme Mädchen nicht so hintergchen sollen!"
„Na, ich bitte Sie, es ist ja nur die Tochter eines ganz gewöhnlichen
Arbeiters!"

Die ZollkarifKommisston.

(2000. Sitzung am 9. Januar 1912.)

Der Stuhl des Vorsitzenden ist mit einer Guir-
lande von Immergrün bekränzt, darüber prangt
in Goldbuchstaben die Zahl 2000.

Der Vorsitzende: Vor Eintritt in die Tages-
ordnung möchte ich auf die Bedeutung des heutigen
festlichen Tages Hinweisen. Zehn Jahre sind ver-
flossen, seit unsere Kommission am 9. Januar 1902
zum ersten Male hier zusammentrat. In frucht-
reicher Arbeit hat sie während dieser Zeit den
8 1 der Zollvorlage berathen. Die Obstruktions-
vcrsuche, die von den konservativen und ultra-
montanen Freunden der Vorlage Anfangs gemacht
wurden, sind durch das zielbewußte Vorgehen
unseres verehrten Mitglieds, des Rittergutsbesitzers
Arthur Stadthagen, vereitelt worden. Gestatten
Sie, daß ich mit einigen Worten dieses verdienten
Mannes gedenke, dessen aufopfernder Thätigkeit die
Kommission vor Allem den heutigen Jubeltag ver-
dankt. Sie erinnern sich, wie Kollege Stadthagcn
vor etwa zehn Jahren die Bewirthschaftung des
Landgutes übernahm, das ihm der seiner Uneigen-
nützigkejt wegen bekannte Abgeordnete Gamp als
Ehrengeschenk überwiesen hatte. Sie wissen, wie
darauf i„ wenigen Monaten der Ertrag des Gutes
so ungeheuer gestiegen war, daß seitdem der ge-
sammte Ausgabeetat der Partei des Kollegen
Stadthagen aus den Ueberschüssen der Gampschen
Stiftung gedeckt werden konnte. Sie erinnern
sich ferner, wie der Kollege Stadthagen die ihm
daraufhin angebotencn Portefeuilles eines mecklen-
burgischen Landwirthschafts- und eines türkischen
Finanzministers hochherzig ausschlug, damit er
seine Kräfte ungcthcilt den Arbeiten unserer Kom-
mission widmen könne, deren Berathungen fortan
seine Lieblingsbeschäftigung bildeten. Die Marmor-
büste Stadthagens, mit der, einem an hoher Stelle
ausgesprochenen Wunsche zufolge, unser Sitzungs-
zimmer geschmückt werden soll und deren Aus-
führung Herr Professor Begas übernommen hat,
wird in der nächsten Woche enthüllt werden.

Nachdem der Abg. Stadthagen seinen Dank
für die ihm gespendeten Huldigungen ausgesprochen
hat, wird in die Tagesordnung eingetreten.

Der Vorsitzende: Wir fahren nunmehr in
der Berathung des § 1 des Zolltarifgcsetzes fort.

Abg. Eugen Richter: Als einziges Mitglied
der freisinnigen Partei innerhalb und außerhalb

des Hauses halte ich es für meine Pflicht, die
Regierung zu einem wirksameren persönlichen
Schutze der Kommissionsmitglieder zu ermahnen.
Ich erinnere zur Begründung dieser Forderung
vor Allem an das fluchwürdige Attentat, das die
Anarchisten v. Below-Pleitenburg und v. Arnim-
Schnodderheim jüngst auf unfern verehrten Reichs-
kanzler, Grafen Diederich Hahn, verübt haben.

Ein Regierungskommissar: In Bezug auf
das bedauerliche Rekontre zwischen dem Reichs-
kanzler und den genannten Anarchisten darf ich
im Namen der verbündeten Regierungen die be-
ruhigende Versicherung geben, daß die Gesundheit
Sr. Exzellenz keineswegs dauernd geschädigt ist.
Der verletzte Körpcrtheil scheint vielmehr voll-

ständig ausgeheilt zu sein und der Herr Reichs-
kanzler kann bereits wieder darauf sitzen. (Beifall.)

Ein Antrag auf Vertagung ist eingegangen
und wird einstimmig angenommen.

DerVorsitzende: Indem ich die 2000. Sitzung
schließe, theile ich den Herren mit, daß ich für
die Mitglieder der Kommission Einladungen zur
heutigen Eröffnungsvorstellung des neuen Ueber-
brettls „Zum Staatsmann mit dem Grübchen"
erhalten habe. Der artistische Leiter desselben, ein
Graf Bülow, dessen sich die älteren Mitglieder
der Kommission erinnern werden, läßt die Herren
um Ihr Erscheinen bitten. Die nächste Sitzung
findet morgen statt; Tagesordnung: Weitere Be-
rathung des 8 1 des Zolltarifgesetzes. j. s.

^ Der Rektor der Berliner Universität, Prof. Kekule v. Ctradonitz, verbot dem „Soziol-

«vlßulß Der c^rßtl wissenschaftlichen Studentenvereru", auch Frauen bei sich sprechen zu lassen, mit der Moti-

* * virung: „Was Ihnen Frauen sagen können, können Ihnen ja Männer noch besser sagen."

Uekule im Amte.

KeUule zu Haufe.
 
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