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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0047
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. 3703

Der Alaler 6er großen Revolution.

Jacques Louis David (geboren 1748 zu
Paris) ist der größte Maler der Revolution
— und eine prächtige Ironie des Schicksals
verbindet ihn mit dem glänzendsten Maler
der sittenlosesten Zeit des französischen König-
thums, der Pompadourpcriode, mit Francois
Boucher. Dieser ist
es, der in seinem
Neffen, dem unver-
besserlichen Schüler,
den künstlerischen
Genius erkannte und
feinemFrcunde, dem
Grafen Vien, in die
Lehre gab. Vien
führte David aus
der verkünstelten fri-
volen Kunst seiner
Zeit zurück zu dem
Studium der Natur
und der Antike; seine
Anregungen sind für
die ganze Entwick-
luug unseres Künst-
lers bestimmend ge-
wesen. Zwei Jahre
(1765 bis 1766)
brachte David in
dem Atelier seines
Lehrers zu und trat
auch mit ihn: zusam-
men im Jahre 1775
seine Reise nach Rom
an. Hier gab er sich
ganz dem mächtigen
Eindruck hin, den
die Antike und die
großen italienischen
Meister Rafael und
Michel Angelo, Do-
Meuichino uub Guido
Nein auf ihn mach-
en. Nach fünfjäh-
rigem Aufenthalt
lehrte er nach Paris
Zurück und vollendete
hier seinen „Best-
er", der seinen
Künstlerruf begrün-
dete. Die Akademie

wählte ihn zu ihrem Ehrenmitglied, Lud-
wig XVI. ernannte ihn zu seinem ersten Hof-
maler. Das Jahr 1784 führte David zum
. Zweiten Male nach Nom, diesmal, um einen
Auftrag des Königs, „den Schwur der Ho-
ratier», auszuführen.

Das Bild erregte in Rom und Paris gleich
enthusiastischen Beifall und hat außerordent-

^ beigetragen, das alles beherr-
^bnde Rokoko durch die Nachahmung der
asstschen Kunst zu ersetzen. Die Stoffe der
David in den nächsten Jahren bis zum Aus-

jfacquer Couis David.

13. September 1793 zum Mitglied des Sicher-
heitsausschusses gewählt und war sogar eine
Zeit lang Präsident des Konvents (5. bis
20. Januar 1794). David war der Künstler
der Revolution, ihr künstlerischer Berather und
der Leiter ihrer Feste. Die Ermordung Michel
Lepelletiers und den
Tod Marats ver-
ewigte sein patrio-
tischer Pinsel, der in
dem zweiten Bilde
eine seiner bedeu-
tendsten Leistungen
schuf. David war
cs, der das Projekt
zuni republikanischen
Feste vom 10. Au-
gust 1793, dem so-
genannten Konsti-'
tutionsfest, entwarf
und bei dem Konvent
beantragte. Das Fest
wurde mit einem
Kostenaufwand von
1 200 000 Livres
zur Ausführung ge-
bracht. Von seinen
zahlreichen, die
Kunst betreffenden
Anträgen sei hier
nur der Antrag auf
Reorganisation des
Nationalmuseums
erwähnt. Er ent-
wickelte für das Mu-
seum, aus dem die
heutige Gallerie des
Louvre hervorge-
gangen ist, eine
wahrhaft segens-
volle Thätigkeit.
Der Sturz Robes-
pierres brachte auch
David ins Gefäng-
niß, zuerst an:
2. August 1794 und
dann zum zweiten
Male nach den Un-
ruhen des Mai. Erst
die Amnestie vom
26. Oktober brachte ihm völlige Freiheit.

Auch im Leben Davids, wie so vieler seiner
Zeitgenossen, folgte der Epoche der Revolu-
tion die Epoche Napoleons; der glühende Re-
volutionär wurde zum begeisterten Verehrer
des aufsteigenden Korsen. 1800 vollendete
er das berühnite Bild: „Napoleon auf den:
St. Bernhard". Im Hintergrund die gewal-
tige Gebirgslandschaft, auf der Alpenstraße,
nur zur Hälfte sichtbar, das mühsam auf-
wärts strebende Heer, und vorne auf sich
bäumenden Pferde in ruhiger Haltung Bong-

bruch der Revolution von 1789 beschäftigen-
den Bilder waren gleichfalls der römischen und
griechischen Geschichte entnommen. Das be-
deutendste von ihnen ist der „Tod des So-
krates", ein Vorwurf ganz nach dem Herzen
unseres Künstlers. David stellte den großen

Philosophen in dem Augenblick dar, in dem
ihm, mitten in den: Gespräch über die Un-
sterblichkeit der Seele, von dem Kerkermeister
der Giftbecher überreicht wird. Ein wahrhaft
großer Zug geht durch das Bild, über das
eine feierliche Ruhe ausgegossen ist.

Mit aller Leidenschaft seiner Seele warf
sich David daun der Revolution in die Arme
und widmete ihr alle seine Kräfte. Er wurde
1792 Deputirter der Stadt Paris zum Na-
tionalkonvent, wo er auf den Bänken des
Berges seinen Platz nahm; er wurde am
 
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