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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0075
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— 8731

Unter Nvtlzleidendrn. «s~

„Na, Prittwitz, was wachste denn da?"

„Aeh, Schicksalsfrage ... jrade jewinnt, unjrade verliert. Zähle an
den Pullen nach, ob 7,50 Mark-Zoll kriegen."

HovrlsMhnr.

Ein interessanter Patiente ist
Graf Pückler, der Dreschgraf aus Tschirne:
Der Aermste leidet seit langer Frist
An einer Erweichung im Hirne.

Und da die Krankheit die Schädelnaht —
Sie komplizirt sich zuweilen! —

Und auch das „Keilbein" ergriffen hat,

So faselt der Arme von früh bis spat
Vom Keilen, Keilen, Keilen.

Die französischen Abgeordneten haben sich
eine sechsjährige Legislaturperiode bewilligt,
macht pro Mann 54000 Francs Diäten. Diese
„Kerls" verstehen wenigstens noch etwas vom
Geschäft.

Es gießt im Voraus der Kanonenkönig
Die neuen Geschütze in aller Ruh',

Dabei verdient er gewiß nicht wenig;

Der Reichstag sagt später Amen dazu.

Das Heirathen ist ein männlicher Beruf, zu dem sich leider auch die
Frauen drängen. Daraus entstehen dann viele Unzuträglichkeiten.

Es geht ja doch nun einmal schief
Und Alle haben's satt;

Gebt mir nur her den Zolltarif,

Ich hoble gleich ihn glatt.

Was werden die Agrarier thun, wenn sie mit dem ewigen Schreien
endlich etwas erreicht haben? Dann werden sie brüllen!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Schlimme Erbschaft.

Der Prinz von Wales, der lebte flott und gut
Und hatte viel zu thun mit kleinen Mädchen;
Berüchtigt war des Prinzen Uebermuth
Sammt seiner Schuldenlast im ganzen Städtchen.
Er hatte freilich eine Mama noch
Und durfte hoffen, viel von ihr zu erben,

Denn die Mama war äußerst schwer, jedoch
Besaß sie einen Abscheu vor dem Sterben.

Nun, endlich hatte doch im Grabesschoß
Die Frau Mama der fette Prinz geborgen.

Gr war nun alle seine Schulden los
Und konnte leben wie Hans Ohnesorgen.

Doch wenn er Nachts sein breites Bett bestieg,

So seufzten alle seine Uörpermassen;

Es hatte nämlich extra einen Urieg
Ihm die Mama als Erbe hinterlassen.

Und unverdaulich zeigt sich die Provinz,

Die man sich einverleibt in fernem Lande;

Mit diesem Uriege übernahm der Prinz
Ein vollgerüttelt Maß von Schmach und Schande.
Des Reiches Gold fällt in ein schwarzes Loch
Und seine Urieger werden stets geschlagen:

An diesem Uriege trägt er schwerer noch

Als er an seinen Schulden je getragen. L.

Herbert Bismarck ist wüthend, weil ein deutscher
Fürst mit einem Sozialdemokraten gesprochen
hat. Mit Herbert Bismarck zu sprechen würde
sich freilich kein Sozialdemokrat bemüßigt fühlen.

Plagt dich der Hunger, der große Bedränger,
Dann schnalle dir eben den Riemen enger
Und tröste dich über dein traurig Geschick:
Noch immer florirt ja die Weltpolitik.

Sieben magere Jahre sollen wir ertragen und
">an weiß nicht, wer magerer ist, die Jahre
oder die armen Leute.

Sozialdemokraten
Sind gute Soldaten
In des Reiches Heer —

Im Klassenkampf noch mehr!

Das Zentrum.

Die Prozession von Echternach
Die bringt euch doch jetzt Ungemach,
Wenn ihr auch springt mit viel Geschick
Linen Schritt vorwärts und zwei zurück,
Glaubt nur, das gute Volk versteht
Schon, daß es dabei rückwärts gehl. x.

Lieber Jacob!

Wceßte, det war wieder een Umzugstrubcl in
Berlin! Ick sage Dir, scheen war anders! Die
ville kleene Leite, die von die Berliner Jroß-
kootzen, wat die Hauswirthe sind, eenfach vor de
Dhiere jesetzt jeworden waren, weil sie nach die
ihre Ansicht zu ville kleene Proletarier in diese
belämmerte Welt jesetzt hatten, konnten sieben
kleene Hunde jamniern, wie se so mit ihre Zieh-
fuhre durch de Straßen schuckelteu. Mein Freind
Krause mußte sojar mit seine sechsköppige Familje
an'n ersten April in't Asyl ziehen, indem det
keen Hauswirth ihm nffnehnren wollte. Die Leite
sind ebent nich alle so Helle wie mein Freind
Piefke. Der mußte ooch ziehen, weil seine Jöhren
den Wirth zu ville Radau ins Haus machten.
Er hat nämlich sieben schonst so recht handliche,
schnuddlige Bäljcr, wie de Orjelfeifen. Also mein
Freind Piefke muß sich ooch uff de Wohnungs-
suche machen. In seine Sonntagsklnft mit den
jroßen Kalabreser uff sah er eigentlich janz ver-
trauenerweckend aus. Aberst ivo er ooch hinkam,
überall wiesen se ihm ab von wejen seine sieben
Jöhren, bis ihn eenes schönen Dages een janzcr
Edison uffjing. Er machte jerade die schöne
Jejend von'n Kreizberg unsicher. Piefke un ick,
wir können nu nie den Kreizberg sehen, ohne det
uns det Lied insällt, wat wir mal, als wir
noch zusammen bei Feiffern in de Pantinenschule
singen, nach der Reljonsstunde jesungen haben.
Det fing nemlich so an:

Die Väter haben Sand jekarrt.

Bis dat der Kreizberg fertig ward;

Da sandt' der Vater durch den Sohn
Acht Jroschen ihn'n als Dagelohn.

Wobei et Picfken denn in die nächste Reljons-
stunde passiren dhat, det er statts det Weih-
nachtslied „Die Väter haben sein jeharrt" janz
jemietlich nffsagte: „Die Väter haben Sand
jekarrt", wofor ihn aberst der Lehrer eene Knall-
schote von die stffigste Sorte jab.

Also in die scheene Jejend von'n Kreizberg
fand Piefke eene famoste kleene Wohnung, wie
er se sich schonst lange jewunschen hatte, 'n bisken
deier war se ja freilich, aberst umsonst is ja
nich mal der Dod un zur Roth laugte et noch
for die Wohnung. Piefke bejab sich denn zu den
menschenfreindlichen Hauswirth, der ooch nich
lange fackelte un ihm fragte, ob er Kinder hätte.
„Ja, sieben", sagte Piefke so janz ernst, „die sind
aberst uff'n Kirchhof."

„So, so", machte der Wirth, „na, mein lieber
Herr Piefke, denn steht de>n ja nischt im Wege,
det wir'n Kontrakt abschließen." Jesagt, jedhan.
Piefke jenehmigte in die nächste Destille jleich een
Nordlicht mit Morjenroth, so verjmegt war er,
det er den Kontrakt in die Tasche hatte. An'n
ersten April zog er pinktlich in det Haus an'n
Kreizberg. Der Wirth sah aus, als sollt' ihm
der Schlag riehren, wo er die sieben kleenen
Pagen von meinen Freind Piefke vor de Oogen
kriegte. „Wat heeßt det?" schrie er ihin wiethend
an, „ick denke, Ihre Kinder liefen uff'n Kirchhof?"

„Nee, Herr Schulze", sagte Piefke und machte
dabei so recht seinen Dußligen, „liefen dhun sc
da jlicklicherweise noch nich. Sie waren an den
Dag blos uff een Stündeken mit meine Olle
dahin jejangen, um det Irak von meinen Onkel
Emil uffzusnchen."

Siehste, Jacob, man muß sich blos zu helfen
missen, womit ick verbleibe Dein jetreier
Jotthilf Ranke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

wir ersuchen die Parteioenoffen, eine recht kräftige Agitation für den Mahren Jacov zu entsaften.
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