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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0236
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- 3893

Josef Lingens f

Dir Ankunft des heiligen Josef Krim Strllvertrrtrr Gottr«.

Hobelspähne. 'SK2>~

Wenn ich einmal der Herrgott ivär,
Mein Erstes wäre das:

Ich nähme meine Allmacht her
Und schuf ein großes Faß.

Da stopft' ich die Agrarier rein
In größter Seelenruhe
Und keilte dann tut Mondenschein
Das Spundloch feste zu.

Dann wälzt' ich schwitzend es bergauf
Und wür' es noch so schwer,

Und stieß es von der Klippe drauf
Mit einent Fluch ins Meer.

Pommersche Freisinnige sind bestraft worden, weil sie gesungen haben:
„Wenn ich einmal der Landrath mär'!" Die Strafe dafür traf sie mit
Recht, denn es ist grober Unfug, wenn ein Freisinniger sich einbildet,
jemals Landrath werden zu können.

Düstre Kunde kommt aus Rudolstadt;

Wer sie hört, ist vor Erstaunen platt.

Armes Schwarzburg, das Verderben droht,

Deine halbe Kammer ist jetzt roth!

Darf ein Land, in dem so was geschehn,

Für die Folge weiter fortbestehn?

Allen Patrioten ist es klar:

So ein „Vaterland" ist undenkbar!



Die Seestadt Leipzig bewilligte für Schmückung der Straßen beim
Einzug des Königs 50000 Mark — kann es eine schlagendere Widerlegung
des albernen Geredes von den schlechten Zeiten geben?

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

öerukskrankheiten.

Zu Nachen, der alten Kaiserstadt,

Da plätschert betrübt im Schwefelbad
Gin Junker, stolz und edel.

Die Standeskrankheit, an der er litt,

Bracht jüngst er aus Berlin sich mit —

Der Ceufel hole die Mädel!

Kaum ist dem Junker die Kur geglückt.

Der sieche Leib zur Doch geflickt,

So schnürt er fröhlich sein Bündel,

Und fern im heimischen Pommerland
Beschimpft er den städtischen Jfrbeiterstand
JUs skrophulöses Gesindel. j. s.

Mehr Licht!

Als Fräulein Or. Anita Augspurg aus dein
Polizeipräsidium in Weimar nach dem Grunde
ihrer Verhaftung fragte, antwortete man ihr
nchsclzuckend: „Ja, wir müssen hier sehr streng
sein, da wir immer noch unter den Nachwehen
der Extravaganzen zu leiden haben, welche sich
der 1832 verstorbene Geheimrath Göthe mit seinen
Freundinnen erlauben durfte."

Laß die Kater singen, Miez,

Mieze, laß dir rathen;

Bei der Fleischnoth wirst du sonst
Bald zu Hasenbraten.

Aus einem Gesuch.

„Die Polizeibehörde sucht aus Anlaß eines
demnächst hier stattfindenden Franenkongresses
gegen eine Vergütung von 80 Pfennig pro Tag
Leute zum Notiren von Frauen mit männlichen
Manieren und Gesten. Papier und Bleistift
werden geliefert; besondere Kenntnisse sind nicht
erforderlich...."

Lieber Jacob!

Also Carnejie, wat der beriehnttc amerikanische
Stahl- und Blechfabrikant is, hat uns nu uff-
jefordert, de Vereinijte Staaten von Eiropa zu
jrinden. Ick weeß nich, ob et jleich sein muß,
aber et wird jedenfalls jut sind, wenn man bei
Zeiten seine Vorkehrungen trifft. Mein Freind
Edeward un ick haben bereits in alle Eile eenen
Orjanisationsplan entworfen. Der Zentralsitz von
die Rejierung der Vereinijtcn Staaten muß selbst-
redend in Berlin sind, weil wir hier bereits 'ne
Menge unentbehrlicher Staatsmänner haben, die
anderswo wie in Berlin jänzlich unmeejlich wären.
Det Reichsjericht wird aber nach Rußland verlegt,
nich weit von de sibirische Jrenze, wo et sich jeden-
falls am wohlsten fiehlen wird. De Verwaltung
von de eiropäische Finanzen iebernimmt de Tirkei,
wat sehr einträglich sein wird, weil doch de Tirken
Keener nich mehr wat pumpen will. Det eiropäische
Kriegsministerium kommt nach England, wo man
ja ieber de neiste Erfahrungen in jlorrciche Kriegs-
fiehrung verfügt. De Marineverwaltung ivird
nach de Schweiz verlegt, wo se nich sonne jroße
Jewässer haben un de Leite daher nich so verrückt
uff neie Schiffe sin. De eiropäische Parlaments-
Verhandlungen könnten in Madrid stattfinden, weil
det Publikum dort durch de Stierkämpfe schon an
jreiliche Schauspiele jeweehnt is. Jeder det Kultus-
ministerium konnten wir uns noch nich einigen.
Blos det is sicher, det die Pfleje von Kunst un
Wissenschaft bei det Berliner Pollezeipräsidiuin
bleiben muß, un det de Berliner Straßenbahn-
jesellschaft die Uffjabe zufällt, säinmtliche eiropäische
Anatomien mit Leichen zu versorjen. Det sin so
im Alljemeenen de Jrundzieje von unfern Plan.
Wir mechten ihn jerne Carnejie'n zur Bejut-
achtung zuschicken, aber wir wissen seine Adresse
nich. Vielleicht kannst du se ermitteln.

Det Podbielski die Jeschichte von seinen Bauch
und den Lausckanal endlich uffjeklärt hat, muß
jedct patriot'sche Jemiet mit stolze Jenuchthuung
erfillen. Pod hat also erstens sein Unjeziefer janich

uff de janze Kanalvorlage, sondern blos uff den
lausijen masur'schen Kanal alleen bezogen; zweetens
aber hat er ieberhaupt nischt nich jesagt, sondern
ihn hat blos sein leerer Magen jeknurrt, wat de
masur'schen Ajrarier mißverstanden haben. Wenn
se den Mann bei Zeiten hätten wat zu präpeln
jejcben, wäre det janze Mallehr nich passirt.

In jroße Verlejenheit is neilich de Stadt-
verwaltung dadurch jckommen, det bei de Jn-
weihung von de neie Kunstakademie 'n paar
Dutzend jarantirt keenigstreie Bauhandwerker zum
Spalierstehen verlangt wurden, die sich in janz
Berlin nich nfftreiben ließen. Selbst bei Tietz
un Wertheim, wo man doch sonst allens kriegt,
ivaren se in die jewinschte Qualität nich »ff Lager.
Wie ick Heere, hat man schließlich 'n paar Jeheim-
räthe als Maurer verkleiden missen.

Uff'n Keenigsplatz balgen se sich noch immer
um de Zollvorlage 'rum. Neilich verlangten die
frommen Leite von't Zentrum, det der Reichstag
sich ieber de kathol'sche Feiertage vertagen sollte.
Aber jottlose Leite haben ihnen widersprochen.
Ick bcjreise det nu nich. Man kann et doch den
Jrafen Hompesch schon jlooben, det seine Jesin-
nungsbrieder ihre relijieese Bedirsnisse bloß zu
Hanse besriedijen kennen. Limburg-Stirum mcente
allerdings, det ließe sich ooch in Berlin abmachen,
aber der Mann hat ja offenbar keene Ahnung
nich von die Versichrungen, die die Zentrums-
jeistlichkeit bei uns ausjesetzt is. Bis se bei de
Hedwigskirche anjelangt sind, is ihnen der Deiivel
schon dreizehnmal ieber'n Weg jeloofen, un bei
eene Piljerfahrt durch de Friedrichstraße kann den
fremmsten Kaplan de Andacht abhanden kommen.
Et is wirklich schon besser, wenn sc de Feiertage
zu Hause verleben, wo se nich so ville Uffrejnngen
haben, sondern in stille Einsamkeit un mit er-
bauliche Entristung ihre Kcchinncn von die Lastcr-
hehle am jrienen Strand der Spree erzählen kennen.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein jetreier
Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

wir ersuchen die Parteigenossen, eine recht kräftige Agitation für den wahren Jacob zu entfalten.
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