Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
3949 .

Serenissimus: Sache in Dresden — ah — durste nicht öffentlicher Skandal werden!
Kindermann: Gewiß, Durchlaucht, aber vielleicht hätte Giro» geplaudert!
Serenissimus: Äh — Kerl mußte zum Hoslieferanten gemacht werden!

^xs' Hobrlspünr.

Dreihundertachtzchn — habt ihr cs gelesen?
Dreihnndertachtzehn — welche Jubelzahl!

Ani alten Wilhelin ist die Knust genesen,
Enthüllt ward er dreihnndertachtzehn mal!

Und ivar's auch niemals Neues, selten Schönes,
Was man deiu Blick des teutschen Manns enthüllt!
So dachte sich doch manchmal dies und jenes
Getreue Herz: „Die Pflicht — sie ist erfüllt!"

Ja, Ehrenpflicht ist's, daß die deutschen Städte
Wetteifern in der Wilhelm-Denkmals-Pracht,
Da ER das Reich schilf, ER und SEINE Räte,
In dein man's jetzt so herrlich weit gebracht.

Chambcrlain ist doch ein staatsmännisches Genie. Jetzt streichelt er
den Buren das Fell, das er ihnen vorher gegerbt hat.

Wie die Bourbons hat lebenslang
Man nichts gelernt und nichts vergessen;

Des Arbeitsmarktes Niedergang
Benutzt Ulan jetzt zu Zwangsadresseu.

Doch ihre Grenzen hat die Macht
Der Schlotbarone übersehen —•

In dem „Vulkan" hat's schon gekracht
Und ivird init Krachen wcitergehen.

Wenn die Junker die Volksrechtc stehlen, stehen die Nationalliberalen
Schmiere. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Eine traurige Geschichte.
U

O, was doch au schlimmen Dingen
Täglich uns dir Blätter bringen!,
Abel strhts mit der Moral
Und Skandal folgt auf Skandal.

Daß das Volk verderbt im Grunde,
Das ist keine neue Kunde:

In des Pöbels niedrer Schicht
Da gedeiht dir Tugend nicht.

Rber dir von Gottes Gnaden
Zeigen gleichfalls innern Schaden
Und in Fürstenhäusern, ach!
leider gibt« Skandal und Krach!

Sagt, wer kennt nicht Leopolden
Der noch heut' mit seiner holden
Clro amüsiert sich frei
Ohne xriesterlichr Weih'.

In dem Land der biedern Hessen
Ist es auch noch nicht vergessen,

Daß dir allerhöchste Eh'

In dir Brüche ging — o weh!

Sachsens Lronprinxrsi vermögen
Nimmt sich einen Pädagogen
Und verduftet in die Schweix —

So was hat ja seinen Rrix.

Und ein Lrxhrrxog, rin Ritter
Von dem goldnen Vließ, wir bitter!
Nahm sich gar rin Mägdelein
Mus der Plebs, um es ;u frei'n.

Jammervoll sind solche Sachen,
Niemand weiß, was da xu machen,
Und verzweifelt fragt der Christ,

Wie da Rettung möglich ist.

Wären'« nicht erlauchte Sünder,
Sondern andre Menschenkinder,
Manchen Weg wühl' ich alsdann,
Wir nian gründlich Helsen kann.

Denn dem Unirrtanrnpackr
Klopft man einfach auf dir Jacke,
Kräftig prügelt inan und schnell
Ihm dir Sünden aus dem Fell.

Mbrr in so schlimmem Falle
Scheitern solche Mittel alle
Und der Himmel ganz allein
Kann noch unser Helfer sein.

Für das Heil der Majestäten
Und der Fürstenhäuser beten
Sollte darum jeder Christ,

Weil es dringend nötig ist-

Vis wir wieder können schauen
Mus xu ihnen voll Vertrauen,

Was sogar der stärkste Wann
Leider hentxutag' nicht kann. rr-rno.

Lieber Jacob!

Als ick noch in de Schule jing, hat unser
Lehrer uns immer jesagt, jeder jute Deitschc misse
sich seine Firsten als Muster for alle Tugenden
nehmen, und det firstliche Familienleben solle
jedct patriotische Birjerhaus zum Vorbild nehmen.
Wie ick nu in de Zeitungen las, det de sächsische
Kronprinzessin ihren Mann durchjebrannt is, er-
innerte ick mir an det, wat ick in de Schule je-
lernt hatte, un beschloß, de Frichte von meine jute
Erziehung zu ernten. Ick habe die Berichte iber
de Dresdener Affäre jeden Abend meine Olle
vorjclesen, in die feste Zuversicht, se wirde als
jute Patriotin det durchlauchtige Beispiel von die
zukinftige sächsische Landesmutter Nachfolgen un
mir ooch durchjehen. Aber det Luder wollte
partuh »ich 'ran. Da nu de Schulmeester 'ne
besondre Anziehungskraft uff durchbrennerichc Ehe-
frauen auszuiben scheinen, so besuchte ick mit sie
mehrere antisemitische Volksversammlungen, weil
ick dachte, se wirde sich vielleicht in Ahlwardt'n
verlieben — aber et half allens nischt. Der Rektor
ließ ihr kalt, obwohl er 'ne janz neie Hose an-

hatte, se blieb mir erbarmungslos treu un ick
inußte schließlich jede Hoffnung uff 'ne Eheirrung
in de Familje Rauke bejraben. De Kronprinzen
haben et doch besser wie unserecner.

Ooch eene andre Jeschichte, die ick neilich in
de Blätter las, hat mir leider triejerische Hoff-
nungen erweckt un bcese Teischungen jebracht.
Et stand da irjendwo jeschricben, Bismarck hätte
det deitschc Volk die Bulljong vorenthalten, die
ihm zukam, un hätte ihm dafor Schanipanjer je-
jeben. Ick kann nu vor Jott un de Pollezei
beschwören, det ick von diesen Schampanjer noch
nich an'n Proppcn zu riechen bekommen habe,
un ick mechte wirklich jerne wissen, wo er ecjent-
lich verzappt ivird. Sollte er jedoch schon aus-
jesoffen sind, wat ick leider zu vermuten Ver-
anlassung habe, so erkläre ick mir bereit, da-
for een entsprechendst Quantum von die Bull-
jong anzunehinen, die mir zukonnnt. Eene von
die beeden Flissigkeiten beanspruche ick aber
janz entschieden, denn ick bin deitscher Reichs-
anjehörijer un befinde mir trotz der schlechten
Zeiten noch immer im Besitz von die birjerlichen
Ehrenrechte. Ick habe schon in'n Briefkallen von
die Norddeitschc Alljemeine anjefragt, wo ick woll
die mir zukommende Bulljong-Ration abheben
kennte, aber de jelehrten Staats- un Reichs-
reptile wußten da ooch nich Bescheid mit. Vielleicht
kannst du mir an die jeeignete Quelle weisen?

Det Augsburjer Schöffeujericht hat ja nu end-
jiltig entschieden, det die landesibliche Bezeichnung
„Rindvieh" kcene Beleidijung nich is. Ick kann
mir dadrieber nich wundern un würde et sojar
sehr zeitjemäß halten, wenn mau diesen ajrari-
scheu Bejriff in Zukunft als offiziellen Ehren-
titel verleihen mechte. De jeheimen Kommerzicn-
rüte nutzen uns zu jarnischt, aber 'n wirkliche!
jeheimet Rindvieh kann, wenn sein Charakter erst
durch obrigkeitliche Bestätigung anerkannt is, bei
die jetzigen hohen Fleischpreise nur von sejens-
reicher Wirkung sind.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein je-
treier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

wir ersuchen die Parteigenoffen, eine recht kräftige Agitation für den wahren Jacob ru entfallen.
* • « Probcnummern werden auf vorhergehende Beftellung gratis und franko geliefert • « •
 
Annotationen