Zeichnung von L>ans (K. Zcnhsch.
Karneval.
Machet die Tore auf!
Empfanget mit'Zinken und paukenschlag,
Mit Jauchzen und Jubilieren:
Rarneval, den närrischen Prinzen —
Äffnet die Herzen weit! —
Zwar bin ich kein Sürst von Samarkand,
Rein Raiser von Lhina oder Marokko,
Nicht mal ein Prinz von Geblüt,
Und Hab' auch weder Rrone noch Land.
Dennoch waltet mein Zauberstab,
Soweit des alten Europas
Nächtige Völker blühn!
Mir gleicht kein Sürst auf dem Erdenrund,
Rein Papst, kein Buddha und Zoroaster.
Ich bin ich selbst — in höchster Potenz
Des Taffenpöbels ureigner Sproß.
Mich hat wildfreudige Laune gezeugt;
Schalksnarrheit war meine Amme,
Ziehmutter die Sreiheit,
Mephisto mein Wiegengenoß.
Im blinden Winter,
Weit aus Utopia komm ich her.
Schneeflockensterne find meine Vrden,
Lisperlen glitzern als Demantschmuck
In meines Hauptes Gelock.
Anstatt des Rronreifs trag' ich
Eine gezackte Schellenkappe;
Statt des Mantels von Hermelin
Umhüllt mich ein buntgeschecktes Gewand
Voller Glöckchen und grimmiger Kratzen;
Und die Pritsche kürt' ich mir
Als Szepter und Stäupe zugleich....
So zieh' ich durch Reiche und Länder,
Despektierlich vorauf: — sSrömmler,
Lin Narr für Weisheitspächter und
Ein weiser Spötter für Narrengezücht.
Hier zottle ich blödes Regententum
Auf seinem goldnen Hochmutsitz;
Dort zwick' ich bekrönte Weibsen
Schäkernd in Busen und Wange,
Beschleiche sie nachts im Schlafgemach —
Und segne mit geiler Bastardbrut
Manch' stolzes Gottesgnadengeschlecht....
Wohin ich komme, wo ich verweile,
Wandelt sich Grdnung in Anarchie!
Da beugt Lakai wie Herrenvolk
Ehrfürchtig das Rnie und spannt sich
Willig vor meinen Wagen,
Doch Zof' und Sräulein bekränzen ihn
Mit Rauschgold und Slitter — wie mich....
Weltbezwinger bin ich: —
Sie rufen begeistert Hurra!
Schnurrpfeifer bin ich: —
Ste tanzen! ernst Kccorosti.
Aaschingsrebe
des Herrn Netzgermeister a. D. Wurstler
am Stammtisch.
Meine Herrn, Sie frag'» nii, warum i vier
Tag lang net komma bin. Weil i krank g'wes'n
bin. Und warmn bin i krank g'wes'n? Kummer
und Sorg und Ärger ham mi ins Bett eini
g'worfa. No koa Mensch hat an oam Tag so.
viel Unglück g'habt wie i. Also, meine Herren,
mir ham uns doch so oft unterhalt'» von meiner
Reichstagskandidatur und davon, daß i Kom-
merzienrat werd, i Hab Jhna a erzählt, wie vor
sechs Wocha a noblicher feiner Herr zu mir komma
is und zweihundert Mark!» für geheime Flugblätter
verlangt hat und wie i 's eahm glei auf'» Tisch
hinzählt Hab. Und, meine Herrn, wissen S', wia
s' ausganga is die G'schicht. Ja, meine Herrn,
halten S' Jhna ein am Tisch, daß net nunter-
fallen. Also alles war derstunken und derlog'n,
der, der wo bei mir war, is a Schwindler g'wes'n,
der mi um mein fauer verdients Geld prellt hat,
koa Mensch als nur grad wir da am Stamm-
tisch, hat was von oaner Kandidatur Wurstler
g'wußt. Natürli bin i, wie i dös g'hört Hab,
glei auf Polizei g'rennt und Hab g'fragt, was i
da tuan soll, aber da Hains g'moant, daß man
den Kerl schon verfolg'» könnt, aber wenn er
derwischt wäret, nachher gabs a Gerichtsverhand-
lung und da tat'n mi am End de Zeitung« recht
srozz'ln. „Nachher hol der Teufel die zweihundert
Markln und den Kerl dazu", Hab i g'sagt und
bin ganga. Wie i mi den ganzen Tag über gift'
Hab, könna S' Jhna denka. „I nmaß a bißl a
Zerstreuung ham", Hab i so um a Sechse auf d'
Nacht zu ineiner Alten g'sagt. „I geh heut a
weng'l auf d' Redout." Wissen S', meine Alte
kann ma da nix einred'n, denn wie f jung g'wes'n
is, war s' a ka Guate. I moan alleweil, der
Maxl is von am Schwolischeleitnant, der wo mit
uns damals im selben Haus g'wohnt hat. Der
Maxl kann mi a net geniere, Hab i g'moant, denn
dem Hab i 's Wirtshausgehen auf d' Nacht über-
haupt no net erlaubt. Also i geh auf d' Redout,
mit '»i Tanzen is freili nix, aber zuschaug'n und
so an kloana Käfa abtatschln kann ma ja alleweil
no. Wia i mi grad recht an die stramm« Wadln,
an die kloana Fußln von a Paar Madln freu,
tanzn an mir ganz langsam Zwoa vorbei: er a
ziemli mittelgroßer Domino und sie a kloane Hex,
wie is grad gern Hab: blondi Haar, a bißl dick
und Wadln und Arni, die sie g'wasch'n Hain.
Anzog'n wars blau, vor 'in G'sicht hats a schwarze
Maske bis zum Goscherl trag'n. Und wie also
die Zwoa an mir vorbeitanz'n, sagt er ganz laut:
„Da steht der düminst Kerl von ganz München."
„Dös sieht ma eahm schon an", sagt sie, streckt
mir a no Zung raus und nachher tanz'n alle
Zwoa im Galopp davon. No wart nur! denk i
mir, euch krieg i schon. I geh also ins Wein-
stüberl, setz mi versteckt hinter a Säuln, druck
mein Zylinder tief ins G'sicht eini, laß mir a
Flaschn Schampus geb'n, daß mir Zeit net lang
wird. Richti, nach a Viertelstund komint mein
Paarl a daher, nimint gar net weit von mir
Platz und lassen st a an Schampus bring«.
Nachher ham s' ang'stoßen und da hat an Domino
sein Visier geniert, er ruts runter und i, i moan
es trifft mi der Schlag, mein Maxl is, den i
z'tiefst in sei'm Bett drin glaubt Hab. I spring
auf, schrei: „Lausbua elendiger", lauf auf dö
Zwoa zua und hau am Maxl a Watschn hin,
daß nur so schnalzt. Jetz is aber was passiert,
ivas i net für mögli g'halten hätt. Alli Leut
sau auf mi zug'sprunge und ham g'schria: „Außi
mit dem Lackl! Da werd nix g'rauft!" Und
schon ham mi so a Sechse am Kravattl und an
die Arm g'habt. Und dös kloane blaue Luader
von mei'in Maxl hat sie vor mi hing'stellt, in
der Hand hats a Schampusflaschn g'habt, die
hats mit 'm Dauma zug'halten, fest g'schüttelt
und nachher an Dauma a bißl wegian und jetzt
is mir der Schampus ins G'sicht g'spritzt, daß
i gar nix mehr g'sehn Hab. Und dabei singt dös
miserable Weibsbild: „Wir tauf'n euch mit Wasser,
wir tauf'n euch mit Wein, wir tauf'n euch nrit
Schnupftabak und haun euch eine nein". Kaum
wars ferti, hat mir von hinten her oaner schon
an handvoll Schnupftabak ins Maul einig'schob'n,
daß i beinah verstickt war und an anderer hat
mir an Zylinder bis über d' Nas'n eintrieben
und a dritter hat mir a Watsch'n geb'n, daß i
g'nioant Hab, es fallt mir der Kopf abi. Nachher
ham s' mi no außag'schmiff'n, daß mir alle
Rippen kracht ham. Z'nächst Hab i mi abputzt
und nachher bin i hoamg'fahr'n und vier Tag
krank wor'n. Seh'ns, meine Herrn, so hat
an Metzgermeister Wurstler sein Fasching aus-
g'schaut.
Das (Lnöe.
Zum letzten Mal versammelt
Sitzt düster hier der Aufsichtsrat.
So trübe brennen die Lichter,
So ernst silid die Gesichter,
Die Stimmung ist so desperat.
Es war ein Unternehmen,
Das schien so sicher, schien so fein.
Im winde tat es zerstieben,
Und nichts ist übrig geblieben,
Als nur der Aufsichtsrat allein.
Da greift der Uäte Einer
Mit düstrer Stimm' zum dunklen wort:
„was sollen wir Sitzung halten?
Es ist ja nichts zu verwalten,
Es ist ja alles längst schon fort!"
Die Nacht ist wild und schaurig,
Aus Wolken zuckt's wie wetterschein.
Mit Flüstern und mit Gemunkel
verschwinden alle im Dunkel,
Der Letzte steckt die Lichter ein. k.d.
Karneval.
Machet die Tore auf!
Empfanget mit'Zinken und paukenschlag,
Mit Jauchzen und Jubilieren:
Rarneval, den närrischen Prinzen —
Äffnet die Herzen weit! —
Zwar bin ich kein Sürst von Samarkand,
Rein Raiser von Lhina oder Marokko,
Nicht mal ein Prinz von Geblüt,
Und Hab' auch weder Rrone noch Land.
Dennoch waltet mein Zauberstab,
Soweit des alten Europas
Nächtige Völker blühn!
Mir gleicht kein Sürst auf dem Erdenrund,
Rein Papst, kein Buddha und Zoroaster.
Ich bin ich selbst — in höchster Potenz
Des Taffenpöbels ureigner Sproß.
Mich hat wildfreudige Laune gezeugt;
Schalksnarrheit war meine Amme,
Ziehmutter die Sreiheit,
Mephisto mein Wiegengenoß.
Im blinden Winter,
Weit aus Utopia komm ich her.
Schneeflockensterne find meine Vrden,
Lisperlen glitzern als Demantschmuck
In meines Hauptes Gelock.
Anstatt des Rronreifs trag' ich
Eine gezackte Schellenkappe;
Statt des Mantels von Hermelin
Umhüllt mich ein buntgeschecktes Gewand
Voller Glöckchen und grimmiger Kratzen;
Und die Pritsche kürt' ich mir
Als Szepter und Stäupe zugleich....
So zieh' ich durch Reiche und Länder,
Despektierlich vorauf: — sSrömmler,
Lin Narr für Weisheitspächter und
Ein weiser Spötter für Narrengezücht.
Hier zottle ich blödes Regententum
Auf seinem goldnen Hochmutsitz;
Dort zwick' ich bekrönte Weibsen
Schäkernd in Busen und Wange,
Beschleiche sie nachts im Schlafgemach —
Und segne mit geiler Bastardbrut
Manch' stolzes Gottesgnadengeschlecht....
Wohin ich komme, wo ich verweile,
Wandelt sich Grdnung in Anarchie!
Da beugt Lakai wie Herrenvolk
Ehrfürchtig das Rnie und spannt sich
Willig vor meinen Wagen,
Doch Zof' und Sräulein bekränzen ihn
Mit Rauschgold und Slitter — wie mich....
Weltbezwinger bin ich: —
Sie rufen begeistert Hurra!
Schnurrpfeifer bin ich: —
Ste tanzen! ernst Kccorosti.
Aaschingsrebe
des Herrn Netzgermeister a. D. Wurstler
am Stammtisch.
Meine Herrn, Sie frag'» nii, warum i vier
Tag lang net komma bin. Weil i krank g'wes'n
bin. Und warmn bin i krank g'wes'n? Kummer
und Sorg und Ärger ham mi ins Bett eini
g'worfa. No koa Mensch hat an oam Tag so.
viel Unglück g'habt wie i. Also, meine Herren,
mir ham uns doch so oft unterhalt'» von meiner
Reichstagskandidatur und davon, daß i Kom-
merzienrat werd, i Hab Jhna a erzählt, wie vor
sechs Wocha a noblicher feiner Herr zu mir komma
is und zweihundert Mark!» für geheime Flugblätter
verlangt hat und wie i 's eahm glei auf'» Tisch
hinzählt Hab. Und, meine Herrn, wissen S', wia
s' ausganga is die G'schicht. Ja, meine Herrn,
halten S' Jhna ein am Tisch, daß net nunter-
fallen. Also alles war derstunken und derlog'n,
der, der wo bei mir war, is a Schwindler g'wes'n,
der mi um mein fauer verdients Geld prellt hat,
koa Mensch als nur grad wir da am Stamm-
tisch, hat was von oaner Kandidatur Wurstler
g'wußt. Natürli bin i, wie i dös g'hört Hab,
glei auf Polizei g'rennt und Hab g'fragt, was i
da tuan soll, aber da Hains g'moant, daß man
den Kerl schon verfolg'» könnt, aber wenn er
derwischt wäret, nachher gabs a Gerichtsverhand-
lung und da tat'n mi am End de Zeitung« recht
srozz'ln. „Nachher hol der Teufel die zweihundert
Markln und den Kerl dazu", Hab i g'sagt und
bin ganga. Wie i mi den ganzen Tag über gift'
Hab, könna S' Jhna denka. „I nmaß a bißl a
Zerstreuung ham", Hab i so um a Sechse auf d'
Nacht zu ineiner Alten g'sagt. „I geh heut a
weng'l auf d' Redout." Wissen S', meine Alte
kann ma da nix einred'n, denn wie f jung g'wes'n
is, war s' a ka Guate. I moan alleweil, der
Maxl is von am Schwolischeleitnant, der wo mit
uns damals im selben Haus g'wohnt hat. Der
Maxl kann mi a net geniere, Hab i g'moant, denn
dem Hab i 's Wirtshausgehen auf d' Nacht über-
haupt no net erlaubt. Also i geh auf d' Redout,
mit '»i Tanzen is freili nix, aber zuschaug'n und
so an kloana Käfa abtatschln kann ma ja alleweil
no. Wia i mi grad recht an die stramm« Wadln,
an die kloana Fußln von a Paar Madln freu,
tanzn an mir ganz langsam Zwoa vorbei: er a
ziemli mittelgroßer Domino und sie a kloane Hex,
wie is grad gern Hab: blondi Haar, a bißl dick
und Wadln und Arni, die sie g'wasch'n Hain.
Anzog'n wars blau, vor 'in G'sicht hats a schwarze
Maske bis zum Goscherl trag'n. Und wie also
die Zwoa an mir vorbeitanz'n, sagt er ganz laut:
„Da steht der düminst Kerl von ganz München."
„Dös sieht ma eahm schon an", sagt sie, streckt
mir a no Zung raus und nachher tanz'n alle
Zwoa im Galopp davon. No wart nur! denk i
mir, euch krieg i schon. I geh also ins Wein-
stüberl, setz mi versteckt hinter a Säuln, druck
mein Zylinder tief ins G'sicht eini, laß mir a
Flaschn Schampus geb'n, daß mir Zeit net lang
wird. Richti, nach a Viertelstund komint mein
Paarl a daher, nimint gar net weit von mir
Platz und lassen st a an Schampus bring«.
Nachher ham s' ang'stoßen und da hat an Domino
sein Visier geniert, er ruts runter und i, i moan
es trifft mi der Schlag, mein Maxl is, den i
z'tiefst in sei'm Bett drin glaubt Hab. I spring
auf, schrei: „Lausbua elendiger", lauf auf dö
Zwoa zua und hau am Maxl a Watschn hin,
daß nur so schnalzt. Jetz is aber was passiert,
ivas i net für mögli g'halten hätt. Alli Leut
sau auf mi zug'sprunge und ham g'schria: „Außi
mit dem Lackl! Da werd nix g'rauft!" Und
schon ham mi so a Sechse am Kravattl und an
die Arm g'habt. Und dös kloane blaue Luader
von mei'in Maxl hat sie vor mi hing'stellt, in
der Hand hats a Schampusflaschn g'habt, die
hats mit 'm Dauma zug'halten, fest g'schüttelt
und nachher an Dauma a bißl wegian und jetzt
is mir der Schampus ins G'sicht g'spritzt, daß
i gar nix mehr g'sehn Hab. Und dabei singt dös
miserable Weibsbild: „Wir tauf'n euch mit Wasser,
wir tauf'n euch mit Wein, wir tauf'n euch nrit
Schnupftabak und haun euch eine nein". Kaum
wars ferti, hat mir von hinten her oaner schon
an handvoll Schnupftabak ins Maul einig'schob'n,
daß i beinah verstickt war und an anderer hat
mir an Zylinder bis über d' Nas'n eintrieben
und a dritter hat mir a Watsch'n geb'n, daß i
g'nioant Hab, es fallt mir der Kopf abi. Nachher
ham s' mi no außag'schmiff'n, daß mir alle
Rippen kracht ham. Z'nächst Hab i mi abputzt
und nachher bin i hoamg'fahr'n und vier Tag
krank wor'n. Seh'ns, meine Herrn, so hat
an Metzgermeister Wurstler sein Fasching aus-
g'schaut.
Das (Lnöe.
Zum letzten Mal versammelt
Sitzt düster hier der Aufsichtsrat.
So trübe brennen die Lichter,
So ernst silid die Gesichter,
Die Stimmung ist so desperat.
Es war ein Unternehmen,
Das schien so sicher, schien so fein.
Im winde tat es zerstieben,
Und nichts ist übrig geblieben,
Als nur der Aufsichtsrat allein.
Da greift der Uäte Einer
Mit düstrer Stimm' zum dunklen wort:
„was sollen wir Sitzung halten?
Es ist ja nichts zu verwalten,
Es ist ja alles längst schon fort!"
Die Nacht ist wild und schaurig,
Aus Wolken zuckt's wie wetterschein.
Mit Flüstern und mit Gemunkel
verschwinden alle im Dunkel,
Der Letzte steckt die Lichter ein. k.d.