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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 20.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.6612#0060
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3983

„Na, was sagen ©te dazu, daß bic Geschichten im Alten Testament schon
von den Babyloniern.herstammen?"

„Wie haißt, haben unsere Leute schon damals gehandelt mit alle
Sachen?"

hobelfpäne.

Herr Stöcker ließ, von Haß erhitzt,
Fortreißen sich von seinen Nerven;

Wer selbst in einem Glashaus sitzt.

Der sollte nie mit Steineir werfen.

Er mar zu sehr darauf erpicht.

Daß Bebel was am Zeug er flicke;

Im Hause des Gehängten spricht
Man klugerweise nie vom Stricke-.

In stiller Kammer kühlt er jetzt
Die blauen Flecke sich mit Salben;

Auf einen solchen Schelmen setzt
Bei uns man imnier anderthalben.

„So 'n Unsinn, wich Kurpfuscher zu nennen", sagte Nardcnkötter, als
er den D-Zug bestieg, „ich weiß sehr wohl, mann mir eine Luftveränderung
gut tut." , .

Bisher hieß cs, daß die Preußen in Posen gegen Kaninchen Krieg
führen. Das ivar ein Irrtum; sie kämpfen dort gegen Schulkinder.

Dank der Theaterzensur ist den deutschen Frauen und Jungfrauen das
Erröten nur außerhalb des Theaters gestattet.

Das Verständnis für Fragen der Sozialpolitik tritt bei vielen Leuten
nur periodisch auf. Am Ende einer Legislaturperiode pflegt es sich mit
großer Regelmäßigkeit einzustellen.

Der Venezuela-Handel ist glorreich beendet. Jetzt kommt die Fest-
stellung der an Schiffe und Kanonen zu verleihenden Orden und — ein
Nachtragpump an den deutschen Reichstag.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

ver Zcheitechausen.

khrwürden Stöcker hat lange geschwiegen;
ks murren bereits die getreuen in Siegen,
kr siebt: So kann es nicht länger gehn,
kr muss hinaus; es muss was geschehn.

Und er prüft die redegewaltige Lunge,

Die geschmeidigkeit der gespaltenen Lunge,
Und wandert rum Reichstag: Den roten genossen
Den garaus zu machen ist er entschlossen.

Tn salbungsvollem pred'gerton
Beginnt er rüstig den Sermon,
ks zündet der teure gottesmann
llnserm Bebel den Scheiterhaufen an.
gar kunstvoll hat er ihn aufgeschichLt,

Doch die Lügenknllppel brennen nicht;

So sehr er sich müht, das hohe Haus,
ks schüttelt de» Kopf und lacht ihn aus.

Und er fühlt mit Bangen — die Bede stockt —:
„9a Hab' ich was Schönes mir eingebrockt!“
Schon zieh» heran der Kämpen vier
Mit blitzender wehr und rotem panier;
wurm, Ledebour, Beisshaus und Singer,

Oie schlagen ihm flugs auf die Singer,
ks sausen die stiebe hageldicht
Und knüppeldick in das pfaffengesicht.

Schon liegt er am Boden, in Zittern und Beben,
Als ihm Lenzmann den gnadenstoss gegeben,
Und angstvoll tönt sein Wehgeschrei:

„Ws seid ihr, Sreunde? wer steht mir bei?“
Kaltläcbelnd über die Leiche hinweg
Schreiten der Bröcher und Bropatscheck,

Und der treueste steifer weilt, ach, zu fern:

9er wack're Schumann in Luzern. —

Die Schlacht ist verloren, der Kampf ist aus,
khrwürden drückt sich stumm nach staus,

Und es murmelt die Lippe bang und kläglich:
„Nun bi» ich für läng’re Zeit unmöglich;

Nie bändl’ ich armer gottesmann
Mit den bösen Boten wieder an!“

Und kleinlaut flüstern die Srommen in Siegen:
„ks wäre doch besser, er hätte geschwiegen.“ j s.

Äin vielversprechender Kehn.

„Es ist ober fast nicht mehr auszuhalten mit
unserem kleinen Kurt", klagt Frau von Pimpel-
mitz ihrem Gatten, dem Rittergutsbesitzer. „Die
ganze Nacht hat das Kind so furchtbar geschrieen,
daß ich fast kein Auge zugetan habe."

„Laß ihn nur", sagt der Gatte vergnügt
schmunzelnd, „der Junge wird mal ein tüchtiges
Mitglied des Bundes der Landivirte."

Druckfehler

in einem bayerischen Zentrumsblatt.

„Die vielen Schmierigkeiten, die der Minister
zu bekämpfen hatte, veranlaßten ihn, seinen Ab-
schied zu nehmen."

Lieber Jacob!

Neilich hat der Konstorjalrat Stockmann in'ir
Reichstag jesagt: Wat de Kriejervereine sin, die
müssen der Fels bleiben, an de» de Sozialdemo-
kratie sich brechen tut. Det is mir aus de Seele
jesprochen. In meine joldne Jugendzeit wurde
ick nämlich mal von eenen jewissenlosen Frcind
zu 'ne Scdanfeier vou'n Kriejeroerein mitjeschleift.
Von Felsen habe ick da freilich nischt nich be-
merkt, wenn ick nich jerade die harten Schädel
von die Vorstandsmitjlieder dazu rechnen wollte.
Aber det eene is richtig: Brechen muß ick mir
noch hcite, wenn ick an det Fest zurickdcirkc un
an die Reden, die ick da zu Heeren bekam.

Et is wirklich zu doll. Sojar uff unsre Pro-
fessoren is nu keen Verlaß nich mehr, 'n Mann,
wie der Professer Delitzsch, der sich de heechste
Jnade erfreite un bei Hof zu Abendbrot injeladen
wurde, sollte sich doch manierlicher zu benehmen
wissen. Statt dessen jeht er hin un rempelt mir
nischt dir nischt de biblische Offenbarung an. Nu
is et natierlich alle mit ihm, un de Jalavorstel-
lungen in de Singakademie werden woll 'n Ende
haben. Aber ick sage, den Mann jeschieht janz
recht, warum nimmt er ooch so wenig Ricksicht

uff de relijieesen Bedirfnisse von unsre Kinder?
Damit aber in Zukunft so 'ne Ausschreitungen
nich mehr Vorkommen, wird de Rcjierung nu
ivoll cncrjische Maßrejeln treffen. Die Jelehrten
missen endlich mal orntlich uffjeschwenkt kriejen.
Ick jloobe, et iväre am besten, wenn der Kultus-
minister eenfach 'n festes Exerzierrejlemang for
de wissenschaftliche Forschung uffstellen ließe. In
det Rejlemang mißten de offiziellen Marsch-
richtunjen anjejebcn sind un ooch die nectijen
Abschweukungen - die ja nu der Professor
Delitzsch nachträglich sich wird inexerziercn missen.
Denn wißte doch jeder Jelehrte von vornherin,
ivodran er is, un se brauchten nich so ville Privat-
dozenten wegzujagen, weil sc nich nazjonalliberal
jeuug sin, un de Professoren wirden keenen An-
stoß nich mehr errejen, indem se unsre heiligsten
Jefiehle uff de Hiehneroogen treten.

De Theologen haben jetz ieberhaupt immer Pech.
Ooch Stöckern is et dreckig jejangen, wie er neilich
in'n Reichstag 'ne Lippe riskieren wollte. Der
teire Jottesmanu red't alle zwee Jahre eenmal,
un sowie er den Mund uffmacht, hauen se ihm
alle rufs. Se verlangen von dem Manne aber
ooch zu ville. Nu soll er schon jar de Wahrheet
sprechen! Un det er Bebcln 'n Meineid vor-
jcmorfcu hat, war doch nich so schlimnr. Er find't
ebent dabei nischt! Ick weeß nich, mir tut Stöcker
leid. Er steht uff seine alten Tage so einsam in
die beese Welt. Alle seine Freinde haben ihn
verlassen. De Antisemiten sin ihm jänzlich ab-
handen jekommen, seit Ahlwardt un Pückler ihm
det Wasser abjejraben haben, Normann-Schumann
is unabjemeldet nach de Schweiz verzogen un
Hammerstein seiire Adresse hat er ooch nich mehr.
Nn sitzt er janz alleen un ärjert sich. Wenn er
nich noch hin un wieder in de Mächenkneipen
jehen kennte, um de Kurrendejungens zu beauf-
sichtijeu, denn hätte er jar keen Verjniejen nich mehr.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein jetreier
Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

ersuchen die Parteigenossen, eine recht kräftige Agitation für den wahren Mov zu entfalten.
v3 O ^ « l'robenummern werden auf vorhergehende veftellung gratis und franko geliefert. • * •
 
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