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Mir haben öS gui.
Me kann im lieben Deutschland doch
Man stch's so wohl sein lassen!
Mit Sorgen um Regierung und Staat
Braucht man srch nicht zu befassen.
Venn sich ein Staatsmann dort blamiert,
Knacks! ist's um ihn geschehen!
Bei uns pflegt er in solchem Fall
Nur desto fester zu stehen.
Mir arbeiten, essen und trinken auch,
Mir schlafen voll Gottvertrauen
Und werden regiert von starker Kanö,
Indessen wir verdauen.
Zn Mien und Best, in Born und Madrid,
Da stürzen Minister fast täglich!
In unserm guten Vaterland
Ist so etwas unmöglich.
Kat einer das Volk dort gegen sich,
So fliegt er ohne Gnaden;
Bei uns kann ihm das Bolksvertrau'n
In feiner Karriere nur schaden.
Drum mögen die andern stch heiser schrei'n
And ungeberöig toben:
Der Deutsche, bieder, fromm und stark,
Bekommt das Keil von oben. Suibam.
Verzweiflung.
P
was macht man mit den drei Mllioneil,
Die sozialistisch jüngst gewählt?
Das ist es, was die Epigonen
Des großen Bismarck heute quält!
Ach, wenn doch einen putsch sie machten
Und würden Barrikaden bau'n,
Dann könnt' in Masse man sie schlachten,
Der Zeit ein Beispiel und ein Grau'n.
Dann wären sie nicht unverletzlich,
Ein solcher Uehraus wäre gut,
Doch sie sind so verdammt gesetzlich
Und zwar aus lauter Frevelmut.
vergiften, hängen und ersäufen,
Verbrennen — schöne eilte Zeit!
Man kann es wahrlich nicht begreifen,
Daß so was nicht gestattet heut.
Uönnt' man sie doch guillotinieren
In Masse — doch auch das ist Spott,
Sie könnten nichts mehr konsumieren
Und unser Handel wär' bankrott.
Ja ja, die guten alten Götter,
Sie haben abseits sich gewandt;
Verzweifelt, ihr Gesellschaftsretter,
Stets röter schimmerts hier zu Land.
II. F.
Kul'icke über die ^apftwaht.
Det wird kem schlechtes Jedrange in Rom je-
wcsen sind, wo jeder jerne Papst werden wollte.
Bei die magere Zeiten und die alljcmeine Arbeits-
losigkeit is der Mensch eben froh, wenn er en
anständijet Unterkommen findet. Et is jammer-
schade, det ick erschtens nich een bisken katolisch
bin un zweetens nich de jeistliche Kardinals-
karrjähre injcschlagen habe, indem dat ick die
scheenste Aussicht uff den dreifachen Stuhl jehabt
hätte. Ick denke mir, det se et mal mit en
deutschen Papst jerne probiert hätten, un da wäre
et nur in de Ordnung, wenn se eenen richtigen
Berliner Jungen jekriegt hätten. Meinen Posten
hätte ick schon ansjefillt, davor hätte ick keene
Bange nich jehabt, un wat det jeistliche Aussehen
betrifft, so habe ick ne natierliche Tonsur, die nich
von schlechte Eltern is. Mit de Jnkünfte wäre
ick ooch zufrieden jcwesen un hätte bei meinen
soliden Lebenswandel en schecnen Jroschen uff
die hohe Kante legen können. Ob ick mir freilich
an det Strohlager in'n Vatikan so rasch je-
wehnt hätte, is ne Frage. Wat die tägliche
Arbeit anjeht, so wäre mich dat nüt det Segnen
nich jleich jeläufig jewesen, hinjejen weeß ick mit
det Fluchen orndlich Bescheid. Abends, wenn ick
Schluß machte, hätte ick ne Handvoll Peters-
fennige injestochen, den Hausschlüssel (wat se
in'n Vatikan den Schlüssel Petri nennen) je-
nommen un wäre zu 'ne Weiße mit 'u Jilka je-
jangen, wozu ick mit einige von meine vertrauteste
Kardinäle en kleenen Schafkopp riskiert hätte.
Det eenzige, wat mich en jewisset Koppzerbrechen
machte, war die Frage: Wat fängste mit deine
Olle an? Die wollte natierlich mit mang sind
und det wäre doch nich jejaugen, indem et jejen
dat heilige Zcllibad verstößt, wo nur Köchinnen
erloobt sind. Et wäre mir rein nischt iebrig je-
blieben, als mich von sie scheiden zu lassen. Da
lag nu der Hase in'n Pfeffer, denn wie ick ihr
det auseenander verposamenticrte, hat se mir zu-
nächst det sämtliche Hausjeräte an'n Kopp je-
schmissen un dann fiel se mich um 'n Hals un
sagte: „Wat Jott zusammcnfiecht, det soll der
Mensch nich scheiden!" Un so konnte ick mir
schon aus diesen Jrunde nich for den Posten
melden.
?
Lorenzchens Klage.
Frei nach Faust.
(Nacht. Mar Lorenz sitzt unruhig auf seinem Sessel am Pult
und spricht):
Habe nun, ach! Lcharfmacherei,
Ltaatserhaltung und Chrongestütz'
Sowie auch das Umslurzgeschrei
betrieben mit möglichster Krütz'.
Habe sogar zurückgezahlt bar
Die dreihundert Nark, die ich schuldig war
Den Sozis in Dresden und die reklamiert
Sie in der Zeitung ganz ungeniert.
Da steh' ich nun ich armer Cor!
Und bin so klug als wie zuvor.
Und sehe, daß alle Wut
Aur nützt der Sozialistenbrut.
Akich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Hürchte mich weder vor Hölle noch Teufel;
Hab' falsch zitiert und Hab' gelogen,.
Daß sich die dicksten Balken bogen.
Und doch war alle meine Kunst
Rein für die Ratz' und ganz umsunst.
Ich sehe, daß wir nichts erreichen können.
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Und wie lang wird's dauern, o Kraus,
Dann feuern mich meine Brotherrn hinaus.
Weil ich nicht erschlug den furchtbaren Drachen
Den nicht Kaiser und Papst kaput könne» machen.
Ach brauchte ich doch nicht mehr zu schmier'».
Könnt' ich ein ruhigeres Leben führ'»
Als Hausbesitzer, Privatier,
Befreit von allem Lrdenweh.
V setzt, verfluchte tzöllenpein.
Denn niemand mich zum Erben ein?
Mir haben öS gui.
Me kann im lieben Deutschland doch
Man stch's so wohl sein lassen!
Mit Sorgen um Regierung und Staat
Braucht man srch nicht zu befassen.
Venn sich ein Staatsmann dort blamiert,
Knacks! ist's um ihn geschehen!
Bei uns pflegt er in solchem Fall
Nur desto fester zu stehen.
Mir arbeiten, essen und trinken auch,
Mir schlafen voll Gottvertrauen
Und werden regiert von starker Kanö,
Indessen wir verdauen.
Zn Mien und Best, in Born und Madrid,
Da stürzen Minister fast täglich!
In unserm guten Vaterland
Ist so etwas unmöglich.
Kat einer das Volk dort gegen sich,
So fliegt er ohne Gnaden;
Bei uns kann ihm das Bolksvertrau'n
In feiner Karriere nur schaden.
Drum mögen die andern stch heiser schrei'n
And ungeberöig toben:
Der Deutsche, bieder, fromm und stark,
Bekommt das Keil von oben. Suibam.
Verzweiflung.
P
was macht man mit den drei Mllioneil,
Die sozialistisch jüngst gewählt?
Das ist es, was die Epigonen
Des großen Bismarck heute quält!
Ach, wenn doch einen putsch sie machten
Und würden Barrikaden bau'n,
Dann könnt' in Masse man sie schlachten,
Der Zeit ein Beispiel und ein Grau'n.
Dann wären sie nicht unverletzlich,
Ein solcher Uehraus wäre gut,
Doch sie sind so verdammt gesetzlich
Und zwar aus lauter Frevelmut.
vergiften, hängen und ersäufen,
Verbrennen — schöne eilte Zeit!
Man kann es wahrlich nicht begreifen,
Daß so was nicht gestattet heut.
Uönnt' man sie doch guillotinieren
In Masse — doch auch das ist Spott,
Sie könnten nichts mehr konsumieren
Und unser Handel wär' bankrott.
Ja ja, die guten alten Götter,
Sie haben abseits sich gewandt;
Verzweifelt, ihr Gesellschaftsretter,
Stets röter schimmerts hier zu Land.
II. F.
Kul'icke über die ^apftwaht.
Det wird kem schlechtes Jedrange in Rom je-
wcsen sind, wo jeder jerne Papst werden wollte.
Bei die magere Zeiten und die alljcmeine Arbeits-
losigkeit is der Mensch eben froh, wenn er en
anständijet Unterkommen findet. Et is jammer-
schade, det ick erschtens nich een bisken katolisch
bin un zweetens nich de jeistliche Kardinals-
karrjähre injcschlagen habe, indem dat ick die
scheenste Aussicht uff den dreifachen Stuhl jehabt
hätte. Ick denke mir, det se et mal mit en
deutschen Papst jerne probiert hätten, un da wäre
et nur in de Ordnung, wenn se eenen richtigen
Berliner Jungen jekriegt hätten. Meinen Posten
hätte ick schon ansjefillt, davor hätte ick keene
Bange nich jehabt, un wat det jeistliche Aussehen
betrifft, so habe ick ne natierliche Tonsur, die nich
von schlechte Eltern is. Mit de Jnkünfte wäre
ick ooch zufrieden jcwesen un hätte bei meinen
soliden Lebenswandel en schecnen Jroschen uff
die hohe Kante legen können. Ob ick mir freilich
an det Strohlager in'n Vatikan so rasch je-
wehnt hätte, is ne Frage. Wat die tägliche
Arbeit anjeht, so wäre mich dat nüt det Segnen
nich jleich jeläufig jewesen, hinjejen weeß ick mit
det Fluchen orndlich Bescheid. Abends, wenn ick
Schluß machte, hätte ick ne Handvoll Peters-
fennige injestochen, den Hausschlüssel (wat se
in'n Vatikan den Schlüssel Petri nennen) je-
nommen un wäre zu 'ne Weiße mit 'u Jilka je-
jangen, wozu ick mit einige von meine vertrauteste
Kardinäle en kleenen Schafkopp riskiert hätte.
Det eenzige, wat mich en jewisset Koppzerbrechen
machte, war die Frage: Wat fängste mit deine
Olle an? Die wollte natierlich mit mang sind
und det wäre doch nich jejaugen, indem et jejen
dat heilige Zcllibad verstößt, wo nur Köchinnen
erloobt sind. Et wäre mir rein nischt iebrig je-
blieben, als mich von sie scheiden zu lassen. Da
lag nu der Hase in'n Pfeffer, denn wie ick ihr
det auseenander verposamenticrte, hat se mir zu-
nächst det sämtliche Hausjeräte an'n Kopp je-
schmissen un dann fiel se mich um 'n Hals un
sagte: „Wat Jott zusammcnfiecht, det soll der
Mensch nich scheiden!" Un so konnte ick mir
schon aus diesen Jrunde nich for den Posten
melden.
?
Lorenzchens Klage.
Frei nach Faust.
(Nacht. Mar Lorenz sitzt unruhig auf seinem Sessel am Pult
und spricht):
Habe nun, ach! Lcharfmacherei,
Ltaatserhaltung und Chrongestütz'
Sowie auch das Umslurzgeschrei
betrieben mit möglichster Krütz'.
Habe sogar zurückgezahlt bar
Die dreihundert Nark, die ich schuldig war
Den Sozis in Dresden und die reklamiert
Sie in der Zeitung ganz ungeniert.
Da steh' ich nun ich armer Cor!
Und bin so klug als wie zuvor.
Und sehe, daß alle Wut
Aur nützt der Sozialistenbrut.
Akich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Hürchte mich weder vor Hölle noch Teufel;
Hab' falsch zitiert und Hab' gelogen,.
Daß sich die dicksten Balken bogen.
Und doch war alle meine Kunst
Rein für die Ratz' und ganz umsunst.
Ich sehe, daß wir nichts erreichen können.
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Und wie lang wird's dauern, o Kraus,
Dann feuern mich meine Brotherrn hinaus.
Weil ich nicht erschlug den furchtbaren Drachen
Den nicht Kaiser und Papst kaput könne» machen.
Ach brauchte ich doch nicht mehr zu schmier'».
Könnt' ich ein ruhigeres Leben führ'»
Als Hausbesitzer, Privatier,
Befreit von allem Lrdenweh.
V setzt, verfluchte tzöllenpein.
Denn niemand mich zum Erben ein?