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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0010
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- . 4233

Zur flufbebung ües Mmtengefetjes.

In der Session 1904 wollen die Nagetiere ihr Befreiungswerk mit
frischen Kräften wieder ausnehmen.

ftobelfpäne. r©

Es bebt vom Hufschlag unserer Pferde
Und wankt vom Massenschritt die Erde;

Die Flotte schwimmt auf allen Meeren,

Der ganzen Welt Respekt zu lehren.

Doch über uns — o Furcht und Granen —
Schwebt's ivie ein dunkler Punkt im Bläuen;
Alan zwackt uns ab die letzten Dreier
Und — auf uns stößt der Pleitegeier.

Ein neuer großer Hochverratsprozeß steht
bevor. Der Fürst von Monaco fühlt sich durch
die deutsche Presse beleidigt und es soll ein
Strafverfahren gegen 937 deutsche Zeitungen
eingeleitet werden, weil sie seinen Staat als Spielhölle bezeichnet haben.

Über dem Volksgedränge

Der sonntäglich wandernden Menge

Schivebt blauer Rauch.

Schnobernd naht Fiskus, der alte;

Warte nur, balde,

Blutet der Tabak auch!

Ans Jahrmärkten sieht man Individuen, welche Glasröhren und Feuer
fressen; in den Parlamenten gibt es solche, die Grundsätze verschlucken.

Bei Stengleins langem Expose
Ward jedem in der Seele weh,

Und dieser Eindruck wird sich oft erneuern.

Der Diebe Beiwerk übertönte nie

Die eigentliche starke Melodie

Und diese hieß ganz deutlich: Neue Steuern.

Jeder Staat hat ein bürgerliches Recht, ein Strafrecht, ein Kirchen-
recht, ein Völkerrecht -7-ein Volksrccht aber hat keiner.

Ihr getreuer Säge,^Schreiner.

Brennmaterials verweigerte, beschäftigte er sich
mit dem Schiffsbau in Rußland unter der Ver-
wendung der Erfahrungen, die er auf den Kreuz-
zügen mit den Schiffen der Wüste gesammelt
hatte. Die dankbaren Russen legten ihm dafür
den Namen Peter der Große bei. Das hinderte
aber nicht, daß später unter dem Vorgcben, er
sei sein eigener Schwiegerenkel Peter III., seine
Gattin Katharina ihn vom Throne stieß. Die
Behauptung, er sei auch auf ihr Geheiß ermordet
worden, ist natürlich eine freie Erfindung der
Sozialdemokratie, die damit den Monarchismus
und die von mir so außerordentlich hochgeschätzte
und deutschpolizeilich unterstützte russische Re-
gierungsmethode diskreditieren ivill. Peter begab
sich vielmehr inkognito ins Ausland, wo er als
Peter in der Fremde umherreiste. Ob er
nicht in dieser Zeit auch als Peters mit 'n
Sckluß-Es de>» Hängesport in Ostafrika ge-
frönt hat, ist noch nicht völlig festgestellt. Sicher
ist aber, daß Peter neuerdings als die geeignetste
Kraft von dem seine vielfach bewährten Talente
bewundernden serbischen Offizierkorps ans den
„dragisch" verwaisten Thron in Belgrad gesetzt
wurde und dort nunmehr als Peter von Serbien
die reiche Fülle seiner Negierungstalente betätigt.

Sie sehen, welche Fülle von neuem Licht sich
auf die Personen und die Zusammenhänge der Ge-
schichte werfen kann. Neue Überraschungen behalte
ich mir für meine nächste Neichstagsrede vor.

Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ergebener
Bernhard von Bülow.

Leutnant Bilse.

wir wird in der zweiten halste der jjahr's
Nie Freiheit wiedergegeben.

6s möge bis dahin mein Buch
Die hundertste Jhifiag' erleben!

Schwarz ist Trumpf.

In dem „eugebornen Reiche,

Unterm Schirm der deutschen Giche
Dehnet sich ein weiter Sumpf;

Und man hört die Unken murren
Und inan hört die Frösche knurren:

Rom wird siegen — Schwarz ist Trumpf!

In den Röpfen in den Kerzen
Brennen trüb und matt die verzerr
Und die Luft ist schwül und dumpf.
Unsrer Denker, unsrer Dichter
Spottet höhnisch das Gelichter:

Rom wird siegen — Schwarz ist Trumpf!

Lieber Jacob!

Prost Neijahr! lln ick ivinsche dir ooch for
de nächsten zwels Monate klobig ville Abonnenten
un 'neu jeistreichen Staatsanwalt, der for deine
Eijenart Verständnis hat un dir Liebe entjejen-
bringt, und dct de Rejierung in ihre erprobte
Weisheit nich Nachlassen mechte, damit et dir
niemals an den ncetijen Stoff for deine Hoch-
achtung un Bejeisterung fehlen tut, un det Eujen
hibsch jesund bleibt un de Forbacher nich aus-
sterben, un so!

De letzte Zeit war for mir 'n bisken unruhig.
Unser Amtsrat, der konservative Abjcornte aus
Ostpreißen, der bei meine Schwester in't Vorder-
haus zwee meebliertc Zimmer hat, is nämlich
wieder injetroffcn un hat seine jesetzjeberische
Tätigkeit jleich sehr stramm bejonuen. Wenn er
nachmittags von seine Morjensitzuugen nach Hause
kommt, denn müssen mir ihm immer drei Mann
hoch aus de Droschke entladen un de Treppe ruff-
hissen. Wat der Parlamentarismus is, sagt er,
der macht ihn jar keenen Spaß nich mehr, wo
doch jetz so ville Rote ieberall in'n Reichstag
rumsitzen un de staatserhaltenden Patrioten uff
de Finger un uff't Maul kieken — aber er opfert
sich vor det Vaterland, solange et sein Magen
anshält.

Jeder die Rede, die der Zentrumsabjeornte
Sckädlcr neilich jehalten hat un wo er sagte, det
de Jeschlechtskrankheiten von de materjallstische
Jeschichtsuffassnng Herkommen, mußte sich der
Amtsrat sehr verwundern. Er könne, sagte er,
seinen eijencn leiblichen Sohn als Jejcnbeispiel
for diese nltramontane Medezinwissenschaft an-
fiehren. Det sei een erstklassijer Mensch, Leitnant
bei'» östliches Kavallrierejement, der for de mater-
jalistische Jeschichtstheorie ville zu dämlich sei un
doch jedes Jahr nach Aachen misse! Er hatte
jejloobt, det de erfahrenen Zentrumsheilijeu in
diese Dinge 'ne jreehere Sachkenntnis besäßen.
Oder stellen se sich bloß so dumm an?

Also nich bloß de jottlosen Sozjaldeniokraten
schwören immerzu Meineide, sondern ooch de
frommen Katholiken. Der beriehmte und erfolg-
reiche Staatsanwalt Müller hat neilich diese Ent-
hillung voni Stapel jclassen. Nu möchte ick bloß
wissen, wat for 'ne Bevölkerungsklasse in't deitschc
Vaterland ieberhaupt jlaubwirdig un wahrhaftig
un vor Meineide sicher is. Wenn ick mir die
Sache jenau ieberleje, bleiben eejentlich bloß de
Staatsamvälre iebrig un allenfalls noch de evan-
jelischen Hofpredijer.

De „Jrenzboten" un det „Tageblatt" haben
ja nu klipp un klar mit statistische Berechnungen
nachjeiviesen, det de Sozialdemokraten an'n sech-
zehnten Juni eejentlich jar keenen Stimmenzuwachs
nich jehabt haben. Nu schlag Jott den Deibel
dot! Da hatten sich also de Roten schon so je-
freit ieber ihren Sieg un nu is mit eenmal allens
Essig. Ick bejreife den Jubel, den det „Tageblatt"
ieber diesen jroßen nackiträglichen Wablerfolg der
birjerlichen Parteien anstimmt — aber ooch ick
will nich verzweifeln. De Jejner haben de Statistik
un wir — de Mandate!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein jetreier
Jotthilf Ranke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

wir ersuchen die Parteigenoffen, eine rechl kräftige Agitation für den wahren ^aeov ru entsaften.
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