Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0081
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4304


(Ls öffnet 6er Bimmel fein Worgentor,
Drnus tritt die Dsterjomre hervor
And weckt mit ihrer belebenden Glut,

Was an Trieben tief in der (Lrde ruht.

Da regt sich der (Lrde verjüngende Kraft,
Die überall Auferstehung fchafft,

And was begraben in (Lis und Nacht,

Wird von ihr lebendig ans Licht gebracht.

Sie forgt, daß kein guter Keim verdirbt,

Sie forgt auch, daß die Freiheit nicht stirbt,
Die Freiheit, die oft fchon begraben lag,
Und träumte vom Auferstehungstag.

Wie hat man sich in Verfolgung erschöpft!

Wan hat sie erschossen, gehängt und geköpft;
Wan hat sie gerädert, ersäuft und verbrannt
Und die Asche verstreut in der Wüste Sand.

Ts ward ihr Name geächtet, verffucht
Und im Nerbrecherver^eichnis gebucht;

Das Grab ward besudelt, wo sie geruht,

Von Henkern und Schergen im Übermut.

Wie sehr auch die Willkür von Grimm entbrannt,
Die Freiheit stets wieder auferstand,

Und mag sie wiederum untergehn,

So wird sie wiederum auferstehn.

Wie oft fchon hat Willkür mit frevelnder Hand
Die Freiheit in modrige Kerker gebannt,

Wo abgefperrt von des Tages Schein
Sie sollte bleiben auf ewig allein.

Und es kommt ein glücklicher Dstertag,

Der neu die Freiheit beleben mag:

Dann wird ihre Herrschaft auf immer bestellt
Und wird auf immer erleuchten die Welt.

Der kluge Zar.

vorüber, vorüber, in wildem Hlug
Durchrasselt grollend Zug um Zug
Sibiriens Schneegefilde.

Iungrußland peitscht man in die Welt,
Zu streiten, zu sterben auf blutigem Held
Dem Herrscher zu Schutz und Schilde,
wer aber hält sich klug zu Haus?

-Zar Nikolaus!

Manch reifer Mann, manch blühender Nnab'
Hährt stumm entgegen dem frühen Grab,
Dem Herrscher zu Nutz und frommen;
Am )salu stehn sie in Wetter und wind
Indessen zu Hause Weib und Rind
In Nummer und Elend verkommen,
wer aber hocket warm zu Haus?

-Zar Nikolaus!

Der Taifun braust durch's ferne Neer,
Die Schiffe treibt er sich vor her,

Daß Mast und Planken krachen;

Nanonen brüllen, der Hemd stürmt an,
Ein Aentern, Splittern, mit Maus und Mann
Sinkt's jäh in den gähnenden Rachen.
Indessen pflegt sich wacker zu Haus
-Zar Nikolaus!

Mildlächelnd fitzt er im warmen Rest
Und seine Hand umklammert fest
Die welkende ßriedenspalme,

Und Frieden heuchelt sein lallender Mund
Indeß der Geschütze Heuerschlund
Verschwindet im pulverqualme,
wer lacht sich ins Fäustchen, wenn alles aus?
-Zar Nikolaus! s. s.

Die wundersame Heilung.

Lin Märchen.

Es war einmal ein Staatsmann. Sogar ein
ganz großer, wenn es nach ihm ging.

lind es begab sich, daß er über den vielen
Regierungsgeschäften sein leibliches Wobl vernacb-
lüssigte und — hm: wie soll ich mich bloß aus-
drücken — vielleicht war auch die Pastete von

aus dem Regierungsblatt und versank in tiefes
Sinnen. Als er eine halbe Stunde gesonnen halte,
erhob er sich. Er sah aus, wie Cäsar, nacbdcm
er den Rubikon überschritten, und rief ganz
richtig, obivohl er dachte, es wäre von Kopernikus:
„Die Würfel sind gefallen!"

Worauf er hinging und die Opposition in
Grund und Boden redete. t.

gestern Abend daran -schuld — kurz, es funktio-
nierte nicht mehr alles richtig. Um drei Uhr
legte er sich zu Bett und machte heiße Umschläge.

Aber die Vorsehung droben, die über uns allen
wacht, merkte sofort, daß auf dem Staatsschiff
nunmehr auch die letzte Schraube locker geworden
war, und beeilte sich einzugreifen, woraus man
ivieder einmal ersehen kann, ivie empfehlenswert
es ist, die Frömmigkeit zu pflegen.

Fünf Minuten nach Drei fing beim Staats-
mann das Telephon an zu klingeln. Er schickte
seine Schwiegermutter hin,
nachzusehen, was los wäre.

„Der Führer der Oppo-
sition hält eine Rede im
Parlament."

Bautz! —fiel die Flasche
mit dem Lebertran vom
Nachttisch. Der Staats-
mann hatte sie umge-
worfen, als er vor Schreck
in die Höhe fuhr. Dann
aber hellte sich sein Ge-
sicht plötzlich auf:

„Ich glaube, es hat
Luft gegeben" — sagte er,
sprang aus dem Bett, zog
sich an und suchte ein ver-
schwiegenes Gemach auf,
wo er ungestört Nachdenken
konnte. Dort setzte er sich
hin, las das Vermischte

Freisinns Ärabgelarrte.

Ter Lugen Richterschen Volkspartei
Bescherte der Teufel ein Osterei:

L s ch w e g e - L ch m a l k a l d e n!

In Sonn einer Glocke, die mächtig schallt
Und weit über die deutschen Tauen hallt:

L s ch w e g e - L ch m a l k a l d e n!

Und zu dem Geläute krächzet der Raab
Gar fröhlich über des Freisinns Grab:

Lschwege-Lchmalkalden! A. K.

Nach ministeriellem Rezept.

„Wat mecnfte, Karle, wenn mt der Sergeant noch wat von schlechtem
Schießen sagt . . ."

„Denn reiben wir ihm de Keenigstreie unter die Neese!"
 
Annotationen