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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0108
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4331

gs ftobclfpäne. r©

Es fpvojjt und grünt am Maientag,

Lan sind und würzig die Nächte,

Doch gönnen dem Volk nicht die Maienlnst
Die finsteren tückischen Mächte.

Gefahr urtb düstres Unheil droht
Heran von allen Seiten,

Doch darum ivird der Arbeit Volk
Nur um so tapfrer streiten.

Es ist der mächtige Geist der Zeit
Sein treuer Bundesgenosse,

Der sorgt, daß aus des Volkes Mai
Ihm Brot und Freiheit sprosse.

Welcher Fortschritt! Für Bisurarck waren Bosnien und die Herze-
gowina nicht die Knochen eines ponimerschen Grenadiers wert; Büloiv
gibt für die Hereros sogar Dutzende „Erstklassiger Menschen" hin. Wenn
aber die deutschen Kolonialkriege in Zukunft nur noch mit „Erstklassigen"
geführt werden sollen, will ich trichts mehr gegen sie einwenden.

Nun kommen auch die Pfingsten balde;
So hör' ich denn int Geiste schon
Int frischen, grünen, lust'gen Walde
Des Vogels Bülow Flötcnton.

Das Vöglein lebt uns stets zu Willen,

Auch denen, die es nie geseyn;

Wirst bald du uns're Sehnsucht stillen?

Wann, Bülow, ivirst du — flöten gehn?

Der Regiertmg ist manchmal etwas „zu dumm" für ein Dementi,

aber niemals für eine Ausrede. , __ ,—,

i Ihr getreuer Sage, Schreiner.

Die ZchnorrcrWächt.

V

Singe, unsterbliche Seele,
die Nulzmestaten des Kanzlers,

Lr. der allein in den Kampf
gegen Schnorrer zog und Verschwörer.
Heil ging er daraus hervor;

nicht eine Schramme entstellte
Sein milchzartes Gesicht
und tadellos glänzte der Scheitel.

Hört, wie das Schlachten begann:
DurchMandelstammsSchüren unVWühlcn
Degen das russische Neich,
worin ihm auch Silberfarb bcistand,
Ward der Kanzler empört.

vom Lager, dran matt er gefesselt,

Hob sich jählings der Held
und griff zur schimmernden Nüftung,

Die ihm geschmiedet Gras pückler.

Den Lücken deckt sie vor allem.

Um die Waden gefügt
die goldenen Schienen, den Schuppen-
Panzer aus wogender Brust,
mit roßschweifumflattertem Haupthelm
Schritt er zum Tore hinaus
und warf sich ins dichte Getümmel.

Liehe, den kleinen Kohn
durchbohrt' er zuerst mit der Lanze.

Jener biß knirschend ins Gras
und die Augen verhüllte die Nacht ihm.
Aber der mutige Kanzler,

^ auf's neu' ausholend die Lanze
^of jn Mandelstamms Hals.

entfloh ihm die Seele zum Hades,
^"berfarv streckt in den Staub
und Levi, und Zuda, Manasse,
o>mon und Nosenftock auch,

^er grimmig waltende Bülow,

Ares hatt' ihn gestachelt
und Venus schirmte den Helden,

Führte von Sieg zu Sieg
den Liebling der Götter und Menschen.

Als sich gesenkt die Nacht
auf die nahrungsproßende Lrde
Lagen vierzehn der Schnorrer
gefällt vom Arme des Kanzlers
Und das befreundete Neich
war gerettet vor grauser Verschwörung.
Lorbeerumschattet die Stirn,
die Brust vom Schweiße noch klebend
Kehrte der Held in sein Aelt,
der verdienten Nuhe zu pflegen.

Aber es teilte mit ihm

das Lager die liebliche Gattin. m. e.

Lieber Jacob!

In ’nert schienen Nachruf sor den selijen
Hammerstein sagt dct Stöckersche „Volk", der in
Jott ruhende Freiherr habe eenen „Aderlaß des
Volkes" zeitlebens sor notwendig anjesehen. Leider
aber hatte det wohljeratene Stöckersche Beichtkind
keene Jelejcnheit nich, den von ihtn jewinschtcn
Aderlaß an det sojenannte Volk ooch wirklich
auszufiehren. Et lvar daher keen Wunder, det
er sich bcntiehte, wenigstens die hochwohljeborenen
L-chase von de konservative Partei nach Kräften
zu schröpfen un zu scheren — wat ihn ja ooch
prächtig jelungen is. Jn iebrijen habe ick sor
Hatnmerstein'n immer 'ne Vorliebe jehabt: er is
doch eener von die janz wenijen feudalen Schweine-
hunde jewesen, die det Zuchthaus, det se sor ihre
Wirksamkeit verdient haben, ooch wirklich absitzen.
Det verdient Hochachtung.

Sehr erfreit bin ick, det nu endlich det ewije
Jeschimpse uff de Armee 'n Ende haben ivird.
Die ieberraschenden Erfolje der deitschen Kriegs-
kunst im Kampfe jcjcn de Hereros haben ooch

den Dämlichsten bewiesen, wat unser Heer unter
schwarze Brieder wert is un det wir uns fest
druff verlassen können, det de Fiehrer der Nazjon,
an die wir ja schon in Friedenszeiten so ville
Vergniejen haben, uns ooch in 'n Ernstfall in
de jewohnte Weise anfiehren iverden.

Et hat mir besonders sehr anjenehm beriehrt,
det die glorreichen millctüreschen Verhältnisse in't
ferne Kaffernland nich ohne Foljcti jeblieben sin
un det wir uff de Jrindung von eenen „Kolonial-
orden zum heilijen Jlasenapp" mit Bestimmtheit
rechnen können. Ick will aber hoffen, det nich
bloß det kämpfende Milletär mit diesen ncien
Brustschmuck bejlickt werden wird, sondern ooch
die Leite, die sich in't Vaterland um de Kolonien
verdient jemacht haben. Jn erste Linie mißte
natierlich die beriehinte „Deitsche Kolonjalgcsell-
schast" bericksichtigt werden, die immer 'n sehr
feinen Blick for de afrikanischen Verhältnisse je-
habt un schon vor fuffzehn Jahren den Heipllitig
Samuel Maharero zu ihren Ehrenmitglied er-
nennt hat. De scheene Schreibmappc, die ihn
de Jesellschaft dunnemals verehrte un die de zu-
treffende Inschrift trug: „Dem treuen Freunde
deutschen Rechts und deutscher Sitte" wird nu
ja wohl, ivenn se Samuel'u uffjehüngt un die
Beite injeheimst haben, in de Ruhmeshalle an'l
Kastanjenwäldchen uffjestellt werden.

Dem oldenburgischen Justizminister Ruhslral
haben se ja nn doch wejen Beleidijung zu hundert
Meter vcrknaxt. Wenn er Lust hat, kann er et
ooch absitzen, aber ick jloobe, er ivird berappen,
denn den Mann kann et ja uff 'n Daler un
sechs Jroschen nich ankommen. Det bringt de
nächste Lustije Sieben allens wieder in, un bis
dahin kann er sich det Jeld noch immer von
irgend 'n Piccolo pumpen. So 'n Minister hat
fast in jede Kneipe Kredit.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein jetreier
Jotthilf Stanke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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