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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0120
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-. 4344

Das Kokken fvnöikat.

horcht, aus dem Ruhrrevier kommt uns die Runde
von einem Streich, so kraß und unerhört,

Daß selbst die stets Zufriednen trutzig murren,
Der biederste der Bürger sich empört;

Man zweifelt an der besten aller Welten
And wagt sogar die Obrigkeit zu schelten.

wozu der Lärm? Um eine Schar Proleten?
„Zwölftausend nur!" - Der lange Möller spricht'? -
Zwölftausend nur von Haus und Heim Vertrieben,
Zwölstausend Bettler mehr - und weiter nichts!
Pfui! laß dein Greinen, Weichling und Philister!
„Theaterpanik" nennt es der Minister.

Gin bißchen junger, ein paar Abschiedstränen —
wer fragt danach in dieser Welt der Qual?

Sei stolz, Prolet, du weißt, wofür du leidest:

Man opfert dich sür's heil'ge Kapital!

Drum trage freudig deines Schicksals Schwere,
Bedenk': das Vaterland braucht Millionäre.

And zweifle nie an der Regierung Weisheit!

Dein Los zu lindern rüstet sie sich schon:

Längst wirkt im Stillen die Rartell- Enquete,

Und Möller sendet eine Rommission;
vielleicht auch lenken in des Glückes Isafen
Dich ihres Berggesetzes Paragraphen.

Nur ist Geduld vonnöten, denn, du weißt es,

Die Obrigkeit braucht eine lange Trist,

Und nicht unmöglich scheint'?, daß du inzwischen
Mit Weib und Rindern längst verhungert bist.
Dann sei getrost: du starbst - ein köstlich Ende! -
Tür's Syndikat und seine Dividende! xs.

Klage der Abgelegten.

tief ins Dunkel dumpfer Schächte
Sargen wir uns lebend ein.

Die tage sind uns düstere Dächte
Und fremd wird uns der Sonne Schein.

UJir frohnen in reicher Herren Solde
Und was sie uns bieten an Kupfer rot,

Das schaffen wir zu blankem Golde,

Das zahlen wir mit frühem tod.

Braucht niemand starke Menschenknochen?
UJir geben sie billig, es drückt die Dot.

Sie sind noch ganz und ungebrochen —
Kauft Menschenfleisch und gebt uns Brot!

S. 8.

Anider Stanislaus AttranrontinsKy in
Dberschlesien an den Aruder Liborius
Äerstensaftt in Vavern.

Geliebter Bruder! Ich zweifele nicht, daß ihr
im gesegneten Bayernlande bereits Kunde ver-
nommen habt von den schiveren und peinvollen
Prüfungen, die über die heilige Kirche und unser
teures Zentrum in Oberschlesien hereingebroche»
sind. Jahrelang habe ich hier in Gemeinschaft
mit den Brüdern Witschet, Schmigalla, Abramsl»,
Koeziellek und andern berufenen Streitern gegen
das Polentum einen freudigen Kampf geführt.
Manch seines Wörtlein ivurde von Mar und
Beichtstuhl aus gegen die Lumpenkerle und Roh-
löffel gesprochen und wir hofften voll gläubiger
Zuversicht, der Lausebande mit Gottes Hilfe all-
gemach klar gemacht' zu haben, daß das Zentrum
in der Tat die einzige sittlich erlaubte Partei wäre.

Wo aber die christliche Liebe allein sich nicht als
wirksam erwies, da empfahlen wir unfern Schäf-
lein die erprobten kräftigeren Kampfmittel der
heiligen Kirche. Den Sachwaltern des Polentuins
mit einem Besenstiel den Buckel vollzuhauen,
schien uns nicht unbillig. Aber was soll ich sagen,
teurer Bruder? Die Aasknochen ließen sich nickt
abschrecken und die Reichstagsmahl endete mit
eineni Durchfall unseres gesegneten Letocka. Bar-
rabas triumphierte und es gab ei» groß Ärgernis
im Schoße der Kirche. Nun waren da Brüder,
welche meinten, man könne vielleicht durch Jn-
anspruchnahme der weltlichen Gerechtigkeit nach-
träglich den Satanas bannen, der uns in feinen
Krallen hielt. Es wurde ein Prozeßlein an-
gesponnen illider den polnischen Antichrist, auf
daß er sollte für immer zermalmet werden. Ein
guter und lieber Sohn der Kirche, der Land-
gerichtsdirektor Pilling zu Beuchen, — sein Name
sei gesegnet! — leitete die Verhandlungen und
wir waren alle fröhlichen Herzens. Da brach aus
heiterem Himmel das Donnerwetter über uns
herein und warf die Streiter des Herrn zu Boden.
Was in verschiviegenen Pfarrhäusern geschehe»,
was im heiligen Dunkel der Kirchen gesprochen,
geraten, gewarnt und geflucht mar — alles, alles,
alles kam ans profane Licht der ketzerischen Öffent-
lichkeit. Du verstehst, was das bedeutet! Unser
Herr Erzbischof Kops verlor über all den Gräueln
den Kopp — nein, umgekehrt! verzeih' meine
Verwirrung — und zog bestürzt seine Klage
zurück, noch ehe ich und nieine Amtsbrüder zu
Wort gekommen waren. Nun ist die Sintflut
über uns hereingebrochen, Glaube und Einfalt
sind von den Gemeinden gewichen, die Kassen des
Zentrums stehen leer, Schafe und Böcke tanzen
uns Geweihten des Herrn auf der Nase herum,
ich ivage kaum, niich auf der Straße blicken zu
lassen.

Betet für uns, geliebte Brüder im Bayerland,
und seid sein vorsichtig, — auf daß euch nickt
eines Tags ein ähnliches Schicksal treffe! Es grüßt
in Leiden Dein Stanislaus.

Piefke: Haste jeheert, wat Professor Delbrück
in Chicago in 'ne offizielle Ansprache sagte?

Lehmann: Jewiß: „Bei uns in Deutschland
ist der Staat der Produzent von Menschenglück?"
Da hätte er ooch noch jleich sagen sollen, bet sich
der Staat dabei eener sehr veralteten Produk-
tionsweise bedienen tut...

Piefke: lln det daher bei die Produktion nich
ville 'rauskommt!

Lehmann: Js et nich komisch, detJouverneur
Leutwein nu plötzlich 'n altet Beinleiden hat un
Abschied nehmen will? Det wird woll nich janz
stimmen!

Piefke: Im Jejenteil, det is janz richtig!
For unsre neimod'schen Kolonjalpolitiker is er
nich fix jenug un da ivoll'n se ihm — Beine
machen!

<►

3Sei den Lereros.

Leutnant v. Blowitz: Tet Hab' ick mir anncrs
vorjestellt, biefet Afrika, — aber janz anners!
 
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