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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0121
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4345


<N ftobelfpätie. e©

Ach, die oberschlcs'schen Pfaffen
Sind ein ganz besondrer Schlag,
Predigen die Nächstenliebe
Von der Kanzel jeden Tag.

Anders ist es in der Beichte,

Wo euch Gläub'gen mit Bedacht
Wird, wenn ihr nicht gleich parieret,

Mit der Hölle heiß gemacht.

Bleibet weg vom Stuhl der Beichte,

Geht nicht in die Kirch' hinein,

Und es wird des Lebens Bürde
Euch bedeutend leichter sein.

Ein Fräulein Stepanoff in Moskau hat sich erboten, eine weibliche
Schwadron zu bilden und gegen die Japaner zu führen. Es wird wohl
beim „Schwadronieren" bleiben, und das ist gut so. Die Mädchen „ver-
schießen" sich zu leicht. . t .

Ein neues Gericht ist gekommen ins Land,

Hererobrateu wird es genannt;

Die Kolonialfexe allzumal
Verzehren es jeden Tag dreimal;

Doch ist es ziemlich schwer zu vertragen
Und mancher verdirbt sich dabei den Magen.

Man verliert leicht den Appetit beim Betreten einer Küche; in den
Bureaus der Justiz und der Verwaltung geht cs einem nicht besser.

Vorbei ist, Freunde, ihr könnt es glauben,

Die böse Zeit der Daumenschrauben,

Doch gibt es heut' zu schrauben noch immer
Und die Kohlenbarone schrauben noch schlimmer.

Man verschließt der studierenden weiblichen Jugend noch immer hart-
näckig die Staatskarriere. Warum nicht auch den alten Weibern?

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

L'*•

<52 Oer Oftettner. <©

„Geschieht den Bergleuten ganz recht, wenn sie jetzt aufs Pflaster ge-
worfen werden! Hätten schon längst zu uns kommen sollen, wo noch schöne,
patriarchalische Verhältnisse herrschen!"

Seeschlacht.

E» braust und kost das weite Meer,

Gefegt von ivildrn Stürmen,

Dir Mögen in unabsehbarem Herr
Zu Bergen empor sich türmen.

Und auf dem lobenden Clement,

Das so rebellisch grivordrn,

Tobt wilder einher noch dir Mrnschrnbruk,
Voll Grimm nur bedacht, sich ;u morden.

Dir riesigen Schlachtschiffe rauschen einher,
Sie sprühen Flammen und Blitze,

Es übrrkraf des Sturmes Geheul
Der Dounrr ihrer Geschütze.

Ha, Blitz und Schlag! Der Zuckrrhul
Von Eisen, er nimmt seine Richtung,

Er schlügt durch die dicke Danzerhauk
Und platzt und verbreitet Vernichtung.

Mus all den Schlachtschiffen rast der Tod
Und Leichen aus Leichen sich häufen,
Zerrissene Glieder fliegen umher,

Vir Taue vom Blute krausen.

Da kommt das kleine Torpedoboot
Flink durch die Fluten geflogen,

Es schleudert seinen eisernen Fisch
Rus's Flaggschiff in weitem, Vogen.

Ein Krach — steh da, wie die Flamme springt
Grell aus des Flaggschiffes Wandung,

Im Vu der Eisrnkolotz versinkt

Mit Wann und Waus in der Brandung.

Wann wird man ob solchem grausen Spiel
Die Stimme der Menschlichkeit hören?

V wäre der Mensch im Schaffen so grotz,
Wir er ist grotz im Zerstören! a.t.

Lieber Jacob!

Obwohl et mir durch Büloio'n seinen Erlaß
in'n Reichsanzeijer eejentlich verboten is, in den
jejenwärtijen ostasiatischen Krieg Partei zu er-
jreifeu, kann ick mir doch nid) enthalten, von
Tag zu Tag immer mehr Hochachtung for de
Russen zu bekommen. Wir haben die Leite ver-
kannt. Et is'n friedliches un hunianes Volk,
wat selbst seinen jreeßien Feind nisd>t Beeses
nich antun kann. Ohne ville Kaleika zu machen,
lassen se sich von de Japanesen bet Leder ans-
hauen un stcä)en ihre Waminsc mit ckwistliche
Demut in. Un dabei haben se dock) oock> ihren
Nazjonalsiolz: se sehen druff, det ihre Schiffe
immer von ihre eignen Minen in de Luft jespreugt
werden, womit se de Japanesen de scheenste Je-
lejenheii zu allerhand jlorreiche Siege nehmen un
de russischen Soldaten det stolze Bewußtsein je-
währcn, durch vaterländisck>es Pulver in’t Jen-
seits befördert zu werden.

De Zeitungen rejen sich drieber uff, det in den
Hererokrieg de Losung soll ausjejcben sind: Je-
fangene iverden nich jemacht. Ick halte det for
janz diplomatisch. Tenn sintemalen de deitschen
Truppen bei ihre bisherije Kriegsfiehrung wohl
uock) jar keene Jelejenheit nich jehabt haben, irjend
eenen Kaffern zu fangen, is et dock) immerhin
pfiffig, uff diesen vornehmen Weje aus de Not
'ne Tugend zu machen.

Wat de Sozialdemokraten sin, die denken ja
u» anders ieber dem Punkt. Se haben erst »eilich

wieder eenen Jesangenen jcmacht — ick meene
dem Spitzel Spieler aus Budde'n sei» Mnster-
reick,. An't Braudenburjer Tor stellten se ihm
un in’t Schultheiß konnte schon Hallalih jcblascn
werden. Ick bin sonst kein Jäjer nich, aber diese
Pirschjagd hätte ick sor mein Leben jerne mit-
jemacht. Na, villeidil det Ȋchstcmal, wenn't sich
wieder so jut trifft. Wir leben ja in’t Zeichen
des Verkehrs un uff Budde'n seine Rejierungs-
kinste verlasse ick mir!

Et is wieder mal 'n jroßes Jejammer ieber
unsre südwestafrikanischen Kolonien: se haben ickion
hundert Millionen jekostet un sollen, wie jctz
sojar de bejeistertsten Sd>wärmer zujeben, »ifdn
wie Sand un Wieste sind, »ff die oock) nich een
lausijer Jrashalm zu wachsen sick) entschließen
kann. Ick verstehe nu bloß det eene nick), warum
se den janzen Krempel nick, in Rieselfelder ver-
wandeln? Wir haben dock) hier bei uns in de
Teltower Jejend det schecnste Beispiel dafor, ivie
'ne trostlose Wieste durch intcllijcnte Bemistung
in de wohlriechendsten Oasen verivandelt werden
kann. Det ließe sich doch ooch bei unsre schwarzen
Brieder inrickten. Un wenn de Hottentotten.
Jieraffen, Kolonjalprinzen »n Nilpferde det nectije
Material nich liefern kennen, denn wäre et dock,
'ne Kleenigkeit, de Dungmittel aus unsere frucht-
bare Reichshauptstadt zu beziehen. Janswindt
wirde sicher uff Wunsch 'ne Nohrpostiurichtung
erfinden, mit die se den feinsten Berliner Mist
nach Afrika kabeln kennten. Ick wirde mir freien,
wenn ick patriotischen Bülow-Kohl un billijen,
frisch abjestochenen Jlasenapp-Sparjel aus de
afrikanischen Kolonien jenießen kennte. Denn
hätten wir doch wat for unsere hundert Mill-
ionen.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein jetreier
Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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