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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0292
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4517

— ein feines Geschäft inacht!

<5^ ftobelfpäne. b©

Wenn von allerhöchster Stelle
Telegramme ruchbar werden,

Weiß- man dies mit Blitzesschnelle.
Auf dem weiten Rund der Erden.

Einem nur in allen Reichen
Kommt derlei oft ungelegen:

Bülow, der stets auszuglcichen
Hat den Zwist von Amtes wegen.

Doch er hat als schlauer Ritter
Sich bewährt im Kampf um Lippe:
Leopold und Adolf zieht er
Beide jetzt an seiner Strippe.

Englische Blätter behaupten, die russische Staatskutsche sei am Umfallen.
Dazu ist sie jedoch zu tief in den Dreck gefahren.

Ein rechter Russenadmiral,

Der muß vor allen Dingen
Mitbringen einen Riesendurst,

Will er den Feind bezwingen.

Mit ihni die Kommandanten all'
Saufen mit vielem Fleißc,

Bald sehn sic ringsum auf dem Meer
Vieltausend graue Mäuse.

Und wer begegnet auf der See
Solch' tollgcwordnen Bären,

Den schießen sie gleich grimmig an,
Als ob's Japaner wären.

Stets ist die Welt bedroht vom Krieg
Und Frieden erst zu hoffen,

Wenn die Gesellschaft einstens hat
Sich mausetot gesoffen.

Die Kirche hat von altersher die Schule im Schlepptau. Wann wird
endlich dieses Tau einmal gekappt?

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Lindert die Not!

In, preußischen Landtag hat Minister v. Ham-
mcrstein den: Oberhofnicistcr Frhr. v. Mirbach
den feurigen Dank Berlins und des ganzen
Landes ausgedrückt „für seine Bemühungen zur
Linderung der großen Kirchennot."

Aber Mirbach ist dahin und weite Strecken
Hinterpommerns und anderer schöner Gegenden
leiden noch immer bittere Not an Kirchen. Auf
den Landstraßen sieht man vielfach ganze Familien
händeringend stehen und auf die Frage, was ihnen
fehle, betteln sie um eine Kirche. Selbst unmündige
Säuglinge kann man schon »ach einer Kapelle
schreien hören.

In den ärmeren Vierteln der Hauptstadt erlebt
man oft herzbrechende Szenen. So ward kürzlich
ein kleiner, zerlumpter Junge gefragt, warum er
denn weine? Weil wir keine Kirche haben, war
die Antwort. Vergebens gab man ihm zur Ant-
wort, daß um die Ecke herum in der nächsten
Gasse eine Kirche stehe, — der Kleine litt eben in
seiner Gasse unter der schrecklichen Kirchcnnot.

Wann ivird uns ein zweiter Mirbach erstehen,
der wenigstens die größte Not zu lindern vermag?

Li.

Thronansprüche.

Eine Gräfin Meper aus Dresden hatte einen
Bricfan die oldenburgischen Stände gerichtet, in dem
sie um Anerkennung ihrer Rechte auf den olden-
burgischen Thron bat, da einer ihrer Vorfahren
ungefähr um das Jahr 100 nach Christi Geburt
das Stammschloß, die „Oldenburg", erbaut habe.

Das Beispiel der »ach Gottesgnadentum dür-
stenden Gräfin hat seitdem verschiedentliche Nach-
ahmung gefunden. So erhebt der Bäckermeister
August Schwubke in Greiz Anspruch auf beix
renßischen Thron der älteren Linie, weil nach-
iveislich sein Urgroßvater, der Bäckermeister Theo-
bald Schwubke, das Frühstücksbrot auf das
Greizer Stanunschloß geliefert habe.

Auch der Kaminkehrermeister Pescmichel aus
Hannover beansprucht den welfischen Thron für
sich und seine Kinder, weil einer seiner Ahnen
stets die Schornsteine der ehemaligen hannove-
rischen Königsburg in Ordnung gehalten haben soll.

Weitere Thronansprüche laufen bei den zahl-
reichen Bundesregierungen des einigen deutschen
Reiches täglich in Menge ein, so daß der fernere
Bestand der Bundesstaaten unbedingt gesichert
ist, da das Angebot an Monarchen die Nachfrage
bei weitem überschreitet. pic.

Lieber Jacob!

Uff de See muß et jetz nich sehr jemietlich
sind. In de eene Jejend treibt Ballin sein Wesen
un spediert jeden, der nich de neclijen Papiere
uffweisen kann, zu de doppelten Fahrpreise jlatt
un schmerzlos nach Amerika ricber. Und 'n
Endeken weiter schwimmt de beriehmte baltische
Flotte, die nach längerem Zeejern endlich ihren
Triumphzug bejonnen hat. Bevor sc ausrickte,
wurde der Admiral mit den unwahrscheinlichen
Namen, der se befehligt, von den russischen Kron-
seijling, den se zu diesem Zweck trocken jelegt
hatten^, eijenhändig jesegnet. Et soll 'ne sehr
riehrende Szene for Jemietsmenschen jeivesen
sind, un dem Admiral standen noch de Tränen
in de Oogen, wie er de englischen Fiscberbote aus
Versehen in den Jrund schießen ließ. Worum
er det eejentlich jetan hat? fragen sich de Leite.
Teils aus iebernatierlichen Heldenmut, teils aus
uaticrliche Besoffenheit. Der Wuttki im Magen
un det Herz in de Hosen haben ihre Wirkungen
jeeißert. Det bei die Jelejenheit ooch jleich noch
'n schwedisches un 'n deitsches Schiff anjerempelt
wurden, det mag wol det eiropäische Jleichjewicht

erfordert haben. Außerdem wurde sich det deitsche
Vaterland sicherlich zurickjesetzt un vernachlässigt
jefiehlt haben, wenn ihn sein russischer Liebling
bei't Backpfeifenausteilen iebersehen hätte. De Eng-
länder sin nu freilich wenijer zu Scherze» uffjelegt
un haben de fromme russische Seereibcrflotte eklig
de Zähne jezeigt. Ick jloobe, det war janz ieberflissig,
denn de heilsten Wuttkibrieder sehen ihre reichlich
verdiente Wammse jetz sowieso janz sicher entjejen.
De Japaner spucken sich schon in de Fingern. Un
außerdem darf man 'n Verbrecher uff denx Weje
zu de Hinrichtung 'ne kleene jaljenhunioristische
Extmvajanz nich jar zu iebel nehmen.

Jberhaupt bin ick in 'neu Zweifelsfall immer
for de Heeflichkcit. Deshalb habe ick mir ooch
neilich so sehr ieber de Freistnnijen in 't Ab-
jeorntenhaus jefrcit. Wenn man vorher ihr ivildes
Jndianerjeschrei Heerte, denn jloobte man, se wir-
ken den Minister Hammerstein niindestens skal-
pieren. Uw nu haben se ihn, bloß janz sanft
un anjenehm den Kopp jekrabbclt un ihm schließ-
lich wieder scheen frisiert als Ehrenmann erster
Jiete entlassen. Ooch Mirbach kann sich nich
ieber schlechte Behandlung beklagen. Der Mann
hatte jewiß selber nich jejloobt, wat for 'ne Hoch-
schätzung er bei den unentwegten, entschiedenen
Liberalismus jenicßt. Et fehlte bloß noch det
Loblied uff Schultz'n un Romeick, denn wäre
der HeldenjesaNg von dg neie preißische Herrlichkeit
un det zielbewußte Birjertum komplett jeivesen.

Indessen darf man de Heeflichkcit aber ooch
»ich iebertreiben, wie et zuin Beispiel de Wiener
Arbeeter taten, die jleich zu Dausende vor 't Rats-
haus zogen, »m ihrem Burjemeester Lueger zum
Jcburtstag zu jratulieren. Un se haben kecncn
Dank dafor jeerntet. Obwohl de Abstattung von
de Jlickwinschc 'n paar Stunden dauerte, hat der
Jubilar de freindlichen Jratulanten nich mal'»
Fetzen Jeburtstagstorte runterjeschickt. Det finde
ick „lumpig"!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein jetreier
Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

broschiert Nk. 6.60, gebunden Nk. 7.—

Soeben ist erschienen: Das Arbeiterrecht von Arthur Stadthagen. Prer
 
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