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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0034
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4602

„Der .Wahre Jacob' gefällig, Herr Baron?
Spezial-Junker-Nummer, sehr interessant und
amüsant, nur zehn Pfennige, Herr Baron!"


Absagebrief

eines notleidenden Ostelbiers an die vereheliche
Bundesleitung zu Berlin, zurzeit Zirkus Busch,

Würde jern mit ein paar braunen Hetzen
Wieder mal bei euch mich teste setzen,

Denn Radau und Seetz wahrscheinlich jross,
Spass mit Sekt und Ratten janz famos.

Musste aber Samuel berappen,

Und das kostet ein’ge braune Lappen,

Und in Reichshauptstadt mit knapper Rasse,
Da, das kam’ mir jrade jetzt zu passe!

Lieber will da noch mit andern Ampeln
Regelrecht daheim Saniilje Simpeln,

Mich in Dasein ohne Mistern schicken
Und das Strohdach meiner Bude flicken.

Lieber Joppe anziebn und mit Knechten
Zu das Loch im Weidenzaune flechten,

Ms mich nach der Residenz bejeben
Und dort unter meinem Stande leben.

Ausserdem ist Laune mir verjüngen,

Seit Armee in Port Arthur jefangen!

Dass sich erbfreund lässt von Japs verhauen,
Jagt die Seuche mir in alle Klauen.

batte mir zwar ernstlich vorjenommen,

Zu Uersammlung nach Berlin zu kommen,
Doch Betrübnis wegen dieses Salles
Und dazu der alljemeine Dalles . . .

Bin also jezwungen, abzuschreiben,

Werde diesmal doch zu banse bleiben.

Da, macbt’s jut! Wird sich schon Mittel finden,
Aus Sreund Biilow noch was rauszuschinden!

Die Ursachen der Landflucht.

Dem Rittergutsbesitzer Hans von Strohhirn
war es längst klar, daß lediglich Vergnügungs-
sucht daran schuld sei, wenn seine bestbezahlten
Arbeitskräfte in die Stadt verzögen. Als
gründlicher Kopf wollte er sich noch einen un-
widerleglichen Beweis für seine Theorie kon-
struieren und so untersuchte er zu den, Behufs
gelegentlich einmal die Taschen einiger be-
sonders Landfluchtverdächtigen.

Gleich beim ersten fand er ein Saison-
abonnement zum Eintritt in die Amorsäte,
beim zweiten eine Menükarte von Dressel,
bei den andern Preiskurante der renommier-
testen Weinfirmen des Rheinlands nebst einem
halbausgesüllten Bestellzettel, ein Logenbillet
zum nächsten Ballett in der Oper, ferner eine
Broschüre „Wie man Weiber fesselt"!

Diese Beweisdokumente erliegen auf dein
Königlichen Amtsgericht Tripstrill zur all-
gemeine» Besichtigung,

Verschwendung.

Die Rittergutsbesitzerin Freiin von Dünne-
bauch läßt die Dielen, Kästen, Türen usw.
gerne mit frischem Sauerkraut reinigen.

Nach einiger Zeit bemerkt sie, daß das
Reinigungsmittel nach Gebrauch auf den Mist-
haufen geivorfen wurde,

„Was sagst du dazu, Erich", wendet sie sich
an den Herrn Gemahl, „wie verwöhnt doch
das Knechtvolk wird! Die Mägde könnten
ja das Sauerkraut noch ganz gut zum Nacht-
essen verwenden!"

Zer sonatdemokratische Kalenderverteiler.

(Frei nach Zchiller.)

In einem Dorf voll frommer Schafe,
Erschien mit jebeur jungen Jahr
Die Welt lag noch int Winterschlafe
Ein Fremdling, seltsam, sonderbar. . , .

Er war nicht in dem Tal geboren.

Man wußte wohl, woher er kam,

And schleunigst wider ihn verschworen
Sieh Pfaff und Junker lobesam.

Beängstigend war seine Nähe
Für die Gendarinen weit und breit,

Sie zeterten eüt dreifach Wehe
And fluchten als wie nicht gescheit, , . ,

Er brachte Bücher und Kalender,
Gedruckt auf einer aitdern Flur,

In Geistesnächten Lichtesspender
And wahre Bringer der Kultur.

Er teilte allen eine Gabe,

Deal Schriften, jenem Bücher aus.

Der Rückschrittsmann, derIentrumsknabe,
Ein jeder ging beschenkt nach Laus.

Willkoiinnen ihm ein jeder deuchte
Doch nahte ihin ein Junker gar
Der Sorte Kamt) biefem reichte
Er gleich den „Wahren Jacob" dar.. . .

M.E.
 
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