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4732

•4* Äs ist erreicht. ^

Es ist erreicht! Die Tugend hat gesiegt:

Graf Bernhard hat den Titel „Fürst" gekriegt.
O welches Glück für unser Vaterland,

Des Steuer wieder ruht in Fürstenhand'

Zwar hat er unserm Volk das Brot verteuert,
tzatDeutfchlandsEhr'anBußlandsSchmachgefcheuert;
Beglückte uns mit teuren Kolontccti,

Die an des Steuerzahlers Beutel ziehen.

Nun sagt, die ihr zu schmähen ihn gewöhnt:
war seine Politik nicht ruhmgekrönt?

Erhielt er nicht den Schwarzen Adler-Orden?

Ist er nicht Graf und jetzt gar Fürst geworden?

was liegt daran, ob oft fein Staatsmanns-Glück
Blieb hinter seinem Liebreiz weit zurück!

Er lächelte humorvoll; er zitierte; —
pries Kant, pries Goethe — und er avancierte.

vor Venezuela ließ er Schiffe kreuzen,

Ließ Chinas Sühneprinz devot sich schnäuzen;

Den witbois läßt er Deutschlands Wehrmacht zeigen,—
And von Marokko woll'n wir vollends schweigen.

was immer auch für Ärgernisse kamen,

Er deckte sie mit seinem Grasennamen.
wie recht er tat, hat der Erfolg gezeigt:

Fürst Bernhard Bülow! LM! — Es ist erreicht!

Erich Mühsam. .

Oie faulen Arbeiter.

Der Bourgeois in der Sommerfrische
Sitzt recht behaglich dortzu Tische.

Und um den ungeheuren Bauch
Weht lind des Sommerlüftchens Hauch.

Sechs Gänge speist er nur statt zehn,

Wie bei ihm täglich sonst geschehn.

Ls will der Mann so kugelrund
Abnehmen seine zwanzig Pfund,

Weil sonst der Arme jeden Tag
Befürchten muß, ihn trifft der Schlag.

Auch muß er mit gewalt'gem Schnaufen
Bergauf, bergab nach Vrtel laufen,

So daß er. müde und erhitzt,

Jetzt endlich an der Tafel sitzt.

Mein Gott, seufzt er, wie muß ich plagen
Mich in den schönen Sommertagen,

Und muß, um recht mich zu kastein,

Noch schränken mir die Nahrung ein! —

Da kommt ihm eben zu Gesicht
vom Herrenhause der Bericht;

Die Junker sprachen dort gar schneidig:
Das Volk ist nicht mehr arbeitsfreudig,

Der Proletarier streiken tut,

Er ist recht faul und lebt recht gut. —

Der Bourgeois seufzt: In dieser Heit,
wo bleibt da die Gerechtigkeit?

Hier muß ich fasten und mich plagen
Und mir Kurieren meinen Magen,

Dieweil das Volk von Elend schreit
Und lebt in träger Üppigkeit! —

Und grimmig brüllt er, weil's so heiß,
Nach einer Flasche Sekt in Eis. y. §i.

Eduard und Alfonso

bei Besichtigung der englischen Flotte.

Alfonso: „Wie stark kann ein solch statt-
liches Kriegsschiff wohl belastet werden, lieber
Onkel?"

Eduard: „Meinst du mit Besatzung
oder mit Hypotheken?"

Gute Ratschläge

für die Petersburger Regierung, um billig eine neue
Flotte zu bauen.

Man nehme das Holz, was die Armee in der
Mandschurei wagenladungsweise gekriegthat —

Nagele es mit den Nägeln zusammen, die
reichlich in den Köpfen der hohen und höchsten
russischen Herrschaften stecken —

Verpiche es sorgsam mit dem vielen Pech,
bas man bisher gehabt hat —

Panzere die ganze Kiste nrit der russisch-
deutschen Freundschaft, die fester ist als
Kruppsche Stahlplatten für Amerika —

Bestücke sie mit Großfürsten, weil die immer
noch im größten Bogen spucken können —

Und schieße mit all dem Pulver, das Niko-
laus nicht erfunden hat. Graus.

Russisch-japanische Glossen.

Die Japaner sind die reinen Kinder. Alles,
was sie sehen, müssen sie haben: Kähne,
Kanonen und ähnliches Spielzeug. „Väter-
chen" tut ihnen auch den Gefallen und be-
sorgt ihnen immer etivas Neues.

Die „gelbe Gefahr" ist das beste Insekten-
pulver gegen „Russen". Zn beziehen durch die
bestrenommierte Firma Togo & Co. in Japan.

Roschdjestwensky liegt wegen eines Schädel-
bruchs im Lazarett. Das nimint nicht wmider
und ist sogar eigenes Verschulden. Hat er sich
doch während der ganzen Fahrt seiner Flotte
den Kopf darüber zerbrochen, lvie er die
Japaner am besten fassen könnte. K.

Ein „geborener" Gesetzgeber.

„Im Schweiße deines Ilngesichts sollst du
dein Brot essen." Bei diesem Bibelspruch,
so verkündete der prellßische Herrenhäusler
v. Burgsdorff, soll es auch in Zukunft bleiben.
Mit Verlaub, Herr v. Burgsdorff, wieviel
solcher „Schwitzkuren" haben Sie schon höchst-
selbst durchgemacht?

Herr v. Burgsdorff meinte auch, daß sich
der Arbeiter heutzutage freue, wenn er von
einem Unfall zeitlebens einen Knacks behalte,
denn er stehe sich bei der Rente besser, als
wenn er sich mit seiner Hände Arbeit ernährte.

Es ist höchste Zeit, auch dem Herrn v. Burgs-
dorff eine Rente zu gewähren, denn er hat
bei dem Unfalls der ihn zum „geborenen" Ge-
setzgeber machte, zweifellos auch einen „Knacks"
wegbekommen. *.

Bremer Taufen.

Das war der Pastor Mauritz,

Der taufte gar nicht echt;

Denn bald nahm er kein Wasser,

Bald war das Sprüchlein schlecht.

<£v taufte viele Rinder,

Teils Rnäb-, teils Mägdelein.

Die armen, armen Würmer,

Die müssen jetzund schrein.

Denn nunmehr hat erlassen
Don Bremen der Senat
In seiner frommen Weisheit
Lin Wiedertauf-Mandat.

Die Rindlein, viele hundert,

Die sollen noch einmal,

Der Taufe unterliegen,

Doch diesmal ritual.

Die Rnaben und die Mädchen
Erheben laut Protest,

Datz man sie wiedertaufend
Nochmals mit Wasser nätzt.

Sie stellen das verlangen:

Mutz neue Taufe sein,

Dann wolle»: wir kein Wasser;

Tauft uns mit duft'gem wein.

Aus Bremens Ratsweinkeller
Holt her das edle Natz;

Damit getauft zu werden.

Das freut uns Rindlein batz! Zeeundus.

Deplazierte Redensarten.

„Geschwindigkeit ist keine Hexerei," sagte

Oi. Unbedenklich— da hatte er sechzig Patienten
in zwanzig Minuten „untersucht".

„Und das Unglück reitet schnell," sagte
Schlächtermeister Kulike — da ging ihm beim
Probereiten zur Einzugsfeier der Gaul durch.

„Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser," rief
der Admiral des Stillen Ozeans — da sah er die
Trümmer seiner Flotte auf dem Meere treiben.

„Deutschland, Deutschland über alles," sang
Großherzogin Anastasia — da ließ sie die
Brauttoiletten der deutschen Kronprinzessin in
Paris anfertigen.

„Völker Europas, wahret eure heiligsten
Güter", hieß es vor einigen Jahren — da
dachte man noch nicht an die Kriegsentschädi-
gung Rußlands an Japan. S. S.
 
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