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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0175
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—>> Der ZehnmiNonenfonös.

So sprach der Fürst Guido von Henckel-Doimersinarck:

Ich gehe los. und schnorre zehn Millionen Mark!

Die Jüdlcin sollen zahlen, das ist verdammte Pflicht;

Durch Wimmern und durch Winseln entgehen sie mir nicht.
Der Jtzig und der Moses, der Levh und der Cohn,

Den Edelsten und Vesten der deutschen Nation
Soll'n sie das Schutzgeld zahlen grad wie in alter Zeit,

Da Kaiser noch und Kitter verdienten am Geleit.

Das Judenschntzgeld sordre ich wie die Ahnen ein;

Es soll demselben Zwecke wie einst gewidmet sein:

Die Junker damit mästen, des Landes Stolz und Zier.

Wie einst der Ritter schluckte, schluckt jetzt der Offizier. —
Das war im Mittelalter, da tat dem Ritter uot,

Daß über Geld zum Würfeln er jederzeit gebot;

Das pumpte er beim Juden, und wollte der nicht mehr,
Dann griff der Ritter dräuend nach seinem Mordgewehr
Und forderte das Schutzgcld mit Fluchen und Geschrei,
Ansonst geb' er die Juden zum Brennen Preis und frei.

Da griff das Jüdlein zitternd in seinen Beutel tief
Und kaufte für das Schutzgeld sich einen Gnadenbrief.

Die Ritter aber lachten und pflegten Zeitvertreib
Mit Jtzigs Golddukaten bei Würfel, Wein und Weib.

Der Kaiser auch nahm Gaben von Israels Geschlecht;

Der Jude, der bezahlte, hieß Kaisers Kammerknecht.

Im römisch-deutschen Reiche gar mancher darum bat,

Der Titel staud in Ehren wie heut Kommerzienrat.

So war's im Mittelalter — der Fürst Guido sprach.

Den alten guten Bräuchen komm' heut ich wieder nach,

Wenn ich die Juden schätze, jedweden Kammerknecht;

Mag er auch noch so brummen, wenn er nur schließlich blecht!

Ich will zehn Millionen; die treib' ich schnorrend ein

Und werde meinem Kaiser zn gutem Zweck sie wcihn:

Den Edelsten und Besten der deutschen Nation

Soll fortan Zuschuß werden vom Jtzig und vom Lohn,

Damit, wenn Pech sie haben im stand'sgemäßen Jeu

Das Judenschutzgeld hebe sie wieder in die Höh'.

Wenn Juden nicht mehr pumpen dem edeln Leutenant,

So wird ihm aus der pinke das Schutzgeld zugewaudt.

* *

*

So sprach der Fürst Guido von Penckel-Donnersmarck
Und ging dann aus zu schnorren zehn Millionen Mark.
Doch Jtzig und auch Moses, der Levh wie der Lohn,

Die lachten aus den Fürsten mit argem Spott und Hohn:
Zehn Millionen? Gerne! Doch bringt uns ein Papier,
Daß erst der kleine Baruch ernannt zum Offizier!

Und kann er das nicht werden, so bleibt der Beutel zu....
Gut Nacht, Guidoleben, und angenehme Ruh'! so-und»-.

Der neue (Luriius.

Im alten Rom ein Abgrund war,

Lin finstres Riesengrab,

Da sprang der Römer Gurtius
Ganz unverzagt hinab.

Und alsbald schloß der Abgrund sich.
Gerettet war das Land,

Des Gurtius' Name ist noch heut
Der ganzen Welt bekannt.

Im Deutschen Reich ein Abgrund auch
Klafft auf zu dieser Zeit,

Man nennt's gewöhnlich Defizit —
Doch wer ist sprungbereit?

Herr Stengel will, das ganze Volk
Soll heute Gurtius sein —

Li du mein tapfrer Stengel, spring
Doch lieber selbst hinein!

Luxus und Einfachheit.

Im Trierer Prozeß über Saarabien kamen
kürzlich auch die Lebensverhältnisse der Berg-
leute zur Sprache und erregte die Zeugen-
aussage eines Arztes große Heiterkeit, der es
als einen Luxus bezeichnete, daß in vielen
Arbeiterfamilien sowohl der Mann wie die
Frau ein besonderes Bett hätten.

Gewiß sticht gegen diesen Luxus wohltuend
die Schlichtheit der Bergwerksbesitzer ab, von
denen mancher sein Bett sogar mit derKammer-
zofe seiner Gattin bereitwillig teilt.

Der Stolz der jungen Äausfrau.

. . Und denke dir, liebe Else, was für
eine feine Amme mein Mann engagiert
hat. Die hat als Ehrenjungfrau beim Ein-
zug des Kronprinzenpaars Mitwirken dürfen!"

Ein Vorschlag zur Güte.

Die Kraut- und Schlotjunker stimmen darin
überein, daß die Ausnützung der Arbeiter noch
immer nicht vollkommen ist, denn sie hört
leider mit dem Tode der Arbeiter auf. Darin
muß zweifellos Wandel geschaffen werden.
Man schaffe also in Zukunft die Arbeiterkadaver
nach der Abdeckerei. Das Fell kann sehr leicht
gegerbt werden, da es schon bei Lebzeiten in
der Schule, in der Lehre und beim Militär in
vorbereitender Behandlung gewesen ist. Die
Knochen können gemahlen werden. Was sich
zu gewerblichen Zwecken nicht eignet, wird
als Dünger verwendet. Auf diese Weise kämen
Industrie und Landwirtschaft erst völlig zu
ihrem Recht. Hoffentlich wird die Verwirk-
lichung dieses Vorschlags bald in die Wege
geleitet. Nur die Mitglieder der herrschenden
Klasse» sollen und dürfen sich dann in Zukunft
noch „begraben lassen". K.

Slammtischreöe

des Metzgermeisters a. D. Wurstler in München.

Meini Herrn! Jetzt woaß i endli, was i
mit mei'm Maxl anfang, damit er was werd.
Bis jetz is er ja no nix als der Herr Wurstler
junior. I schick 'n einfach nach Preißn, da
kann ma's im Handumdrehn zu was bring«.
Vor vier Jahren war der Reichskanzler no
a Herr von, und jetz is er a Fürscht. Für
was er a Fürscht worn is, woaß eigentli koa
Mensch. Er wahrscheinli a net. Jetz braucht
si der Reichskanzler nur no a große Platt»
scheren z' lassen und um anderthalb Köpf
z' wachsen, nachher ist der Bismarck Numero
zwei ferti. A Glück is, daß er a große Erb-
schaft gmacht hat, sonst tat's glei hoaßn:
„Ja, wenn er Fürscht is, nachher braucht er
mehr Geld, und drum muaß wia beim Bis-

marck a Nationalgschenk her." Und nachher
hätten f an Bettelsack im Reich umananda-
gschwunga.

Meini Herrn, was sag'en S' denn zu dö
Japaner? Dös san dir Kerl! Gut Nacht,
wenn oaner mit dene zammkommt. Bis jetz
is alleweil a so gwesn, daß d' Europäer Herr
worn san, wenn s' mit Gelb» oder Schwarzn
angfangt ham. Und jetz is dö Gschicht ans
einmal anders worn. Und wia! Solchene
Watsch» wia d' Russen kriagn, san no net
viel dagwesn. Es dauert ja allemal ziemli
lang, bis d' Japaner ausziagn, aba wenn s'
zuschlagn, nachha hört ma's ordentli-patschn.
Übrigens, meini Herrn, mir kommt's a so
vor, als ob dö Preißn si bei dö Herero und

Legal.

Schon wieder, Johanna? Das siebente! Nun, Steden
ist eine heilige Zahl und Kinder sind eine Gabe GotteS!
 
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