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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0176
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4745 —

Jm fiüelen Leopolde

Lhor der Berufsgenoffen.

Oskar, komm und greine nicht,
Oskar, zeig Courage, —

Immer lustig und fidel.

Ärgere die Bagage.

Pleite ist die Union
Auch in andern Staaten,

Pleite find auch ohne die
Viele Potentaten.

Wenn Genoffe Bebel jetzt
Löhnt in Schrift und Rede,
Pfeifen wir ihm auch mal was,
Profit, alter Schwede!

<5^ Robelfpäne.

Es macht im weiten deutschen Lande
So mancher jetzt ein Schafsgesicht,

Denn diese rote Schwefelbande
Furcht' sich selbst vor dem Teufel nicht.

Mit Satans bestem Ol ist diese
Verdorbne Sippschaft eingeschmiert —
Sogar die heilige Luise
Bekrittelt sie ganz ungeniert.

Geht das so fort, so ist's das Ende
Jedweder Pietät gewiß —

Die Hohenzollernsche Legende
Kriegt einen schauderhaften Riß!

Verschiedene Leute haben sich darüber aufgeregt, daß aus der
Kanzlei des deutschen Kronprinzen so schlechtes Deutsch kommt. —.
Wahrscheinlich bezieht man das auch aus Paris.

Ich lächle, hör' ich der Menschen Geschlecht
Sich brüsten: Wir trachten stets nach Wahrheit!

'ne ivahre Bosheit zivar ist stets ihnl recht,

Doch tief verhaßt ist ihm 'ne böse Wahrheit.

Der Justizminister nennt die Arbeiterausschüsse einen „Tummel-
platz sozialdemokratischer Bestrebungen". Das ist zweifellos besser,
als wenn sie eine „Schlafstelle der Sozialreform" wären.

Der Reichskanzler wünschte allen Arbeitern gutes Gedeihen, aber
außerhalb der Sozialdemokratie; — sie könnten dann, wie er selbst,
es bis zu einem Gehalt von 100000 Mark bringen. Ich sagte es ja
stets: Bülow ist doch ein guter Kerl.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Hottentotten a ghörig blamiern tätn. Jetz
dauert dö Sach schon anderthalb Jahr, und
alleweil is no nix. Und dabei könna dö
Preißn jetz nimmer sagn, daß dö andern dö
mehrera san. Jetz is umkehrt, und do geht
nix vorwärts, trotzdem a preußischer General,
der recht schöne Predigten halten soll, kom-
mandiert. Ja wenn ma dö Wildn tot reden
könnt, wär scho lang a Ruah, aber vorläufi
kann ma an a mit der längsten Red no koa
Loch in Bauch schwätzn. Gott Lob, daß ma's
net kann, sonst tat uns alle mitanand schon
lang d' Sonn durch 'n Leib schein«, und dös
Bier, wo ma trinkat, laufet au hint am Buckel
wieder außa. Dös ging an bei dera Hitz
grad no ab. — Zenzl, no a Maß!

Illegal.

Was, die Rieke?! — Muß denn der Teufel grade
tn lneinem Hause so einen Sündenbalg oblegen.

Die heilige Flasche.

(Fret nach dem „König von Thule".)

Es war ein Leld im Streite,

Des Zaren Schirm und Stab,

Dem scheidend Niklaus der Zweite
Eine Flasche Wodki gab.

Dem Leiden ging nichts darüber.

Er schluckt draus vor jedem Gefecht,
Die Augen gingen ihm über.

Der Wodki war nicht schlecht.

And als er kam gezogen
In die Koreabai,

Ist er in die Lust geflogen.

Der Flasche blieb er treu!

Im Flug daraus noch schluckt er.

Es schmeckte ihm gar sehr.

And in das Meer versank er,

Trank keinen Wodki mehr. Ei-g.

Druckfehler.

Die Regierung der Hansestadt Lübeck be-
absichtigt, durch eine Wahlrechtsreform das
Proletariat politisch zu entrechten. Der Aus-
schuß hat den bübischen Staatsstreich an-
genommen. _

Lieber Jacob!

Wie ick in de Zeitungen jelesen habe, hat
der Fürscht Juido Henckel von Donnersmarck
im Jnverständnis mit den Reichsbankpräse-
denten Koch de Heiptlinge von de Berliner
Finanzaristokratie zusainmenjetrominelt un hat
ihnen uffjefordert, 'n kleenen Fonds von zehn
Milljonen Meter zu stiften, aus den de Off-
ziere des deitschen Heeres Zulagen jewährt
werden kennen. Durch diese Jeldspenden soll

nämlich den Offzierkorps die „alte Lebens-
freude wiederjewonnen" werden. Denn
et hat sich, wie jeder Kenner von de Ver-
hältnisse bestätigen wird, schon seit lange 'ne
starke Abnahme der Lebensfreude innerhalb
von de Offzierkorps bemerkbar jemacht, 'n
jewisser weltabjewandter Pessimismus herrscht
namentlich in de Kreise von de jingeren Leit-
nants. De Kasinos tragen 'n janz verändertes
Aussehen. Unter de Schampanjermarken wird,
wie mir eene mir befreindete Ordonnanz init-
teilte, bloß noch de schwarze Carte noire ä
Eenemarkfufzig bevorzugt. Selbst in bet kind-
lich heitere Mörchingen soll de letzte Kaiser-
Jeburtstagsfeier den ausjesprochenenCharakter
friedfertijer Müdigkeitjehabt haben. Definanz-
jellen Krawattenmacher in de Jarnisonstädte
seufzen ieber den Niedergang der Jeschäfte.
Da muß denn, wie jeder Patriot zujeben wird,
schleunigste Abhilfe jeschafft werden. Fonds
sind et, die, wie immer, det Kriegsheer in
erste Linie not tun! Nach de verschiedenen
Eißerungen milletärischer Lebensfreude mißte
zunächst mal de Jründung von foljende Fonds
in't Ooge jefaßt werden: 1. Fonds for Sekt-
stühstücke,2.Rennsport-un Jagdfonds, 3. Fonds
for Bezahlung von Wucherzinsen, 4. Jeu-Fonds
un 5. Liebesfonds. Det de zehn Milljonen
det Fürschten Henckel von Donnersmarck un
det Präsedenten Koch anjesichts sonner Uff-
jaben man bloß 'n Droppen uff'n Heeßen Steen
bedeuten, dirfte jeden Jnsichtijen klar sind.
Et müssen andere, reichere Quellen erschlossen
werden. Eene„Reichs-Milletär-Lebens-
freudensteuer" wird uff de Dauer nich zu
umjehen sind.

Ick hoffe, du wirst diese Vorschläge eenes
schlichten deitschen Mannes den ivohltätije»
Fürschten un dito Bankpräsedenten schleunigst
unterbreiten. Abonnenten sind se doch beede?

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'» Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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