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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0187
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4757

König OSkar: Warum trägt man denn meinen Thron hinaus?
Björns»»: Damit niemand eine Bombe darunter legen kann.

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Fürwahr, 's ist eine böse Zeit,

So jammert der Philister heut.

Die Revolution nimmt überhand
Und steckt die ganze Welt in Brand.

In Rußland hat sie angefangen,

Wohin wird sie dann noch gelangen?
Bei den Hereros ging's schon loS,

Bald wohl auch bei den Eskimos.

Darnni, Philister, hast du Grütze,

Zieh übers Haupt die Zipfelmütze,

Hüll ein im Bett dich fest und dichte.
Dann merkst du nichts von der Geschichte.

In Deutschland werden zwar die Zeugen von den Gerichten stets
an ihre Pflicht ermahnt, die reine Wahrheit zu sagen — wer aber,
darauf gestützt, sich das Recht anmaßt, auch sonst im Leben die
Wahrheit zu sagen, der wird von denselben Gerichten unerbittlich zu
Gefängnis verurteilt. . -

Trotha siegt weiter; nach jedem Sieg
Verlängert sich der Hottentottenkrieg,

Und länger wird dabei, verkennt es nicht.

Des deutschen Steuerzahlers Gesicht.

Wer nur mit sich selber verkehrt, hat es mit einem gefährlichen
Schmeichler zu tun. . ^ «

Sie doktern noch an der Finanzreform;

Der Erfolg? Die Steuerlast wächst enorm!

Roosevelt will der Menschheit den Frieden bringen — deshalb baut
er auch eine neue Schlachtflotte! c^r getreuer Säge, Schreiner.

Die Kaiserjacht auf der Laidefahrt!
Lamburg das Ziel, Äannover der Start,
Wildrasender Eile Saus und Gebraus —
Lipp hipp Hurra! Volldampf voraus!

Der Schiffsbaukunst genialster Trier
Ein Panzerkoloß auf Pneumatik!
Vom hohen Bug der Adler schaut
Lerab auf das wogende Laidekraut.

Es ist erreicht! Zum Ärger der „Rotte"
Entstand eine ganze Laide-Flotte;

Zum Geschwader formiert erreichte sie schon
Die erste „Laide-Marinestation".

Fernwirkung.

Lieber Jacob!

In diesen Sommer befindet sich de notleidende
Schurnalistik in 'ne janz jlänzende Situazjon.
Jberall in de Welt is wat los, un wenn man
de Zeitung uffmacht, denn weeß man jar nich,
wo man zuerst hinkieken soll.

Mit jroße Spannung erwartet der pollitische
Leser täglich die neisten Nachrichten aus den
ostasiatischen Krieg, die ihm jedesmal darieber
uffklären, ob de Russen in,det letzte Jefecht
Wamse, Haue, Dresche, Holze, Wichse, Kloppe,
Bimse, Senge, Walke, Schmiere oder Jacken-
sett besehen haben. Eens aus die Liste jibt

et ja immer, aber et findet 'ne jelejentliche
Abwechselung in de Nummer statt.

Ooch sonst sorgt de russische Rejierung
in dankenswerteste un aufopferungsfreidigste
Weise for de internazjonale Unterhaltung un
Belehrung. So is et vor kurzem ihre An-
strengungen jelungen, mit 'ne janz neie, bisher
noch völlig unbekannt jewesene Kriegsflagge
uff 'n Marine-Weltmarkt zu erscheinen. Ick
meene de rote Flagge, die bet russische Panzer-
schiff „Potemkin" vor Odessa jehißt hatte.
Unter ihren Schutz hat sich de russische Marine
so jut bewährt, wie sonst noch niemals in den
janzen Krieg nich, un et is daher zu hoffen,
det det russische Volk wird 'n Jnsehen haben
un de rote Fahne bald in alle Ecken von det
sojenannte heilije Reich flattern lassen.

Ooch bei uns ins teire Vaterland hat de
Hundstagshitze zu diverse Heldentaten an-
jeregt. In Köln konnte de Pollezei nich umhin,
'n paar blutije un ziemlich siegreiche Jefechte
jegen mehrere Dutzend alte Frauen un kleene
Straßenjungens zu liefern, un de Berliner
wurden von den Jrafen Pückler energisch uff-
jefordert, nu doch endlich mal „Sturmkolonnen"
zu formieren un de Juden aus alle Nacht-
kaffees rauszuhauen. Ick jloobe aber kaum,
det diese freundliche Jnladung 'n jroßen Er-
folg haben wird. Denn die Lorbeeren, die der
Häuptling bei seinen ersten Zweikampf mit
den jiedischen Juwelier jeerntet hat, sind nich
jerade verlockend, un de Antisemiten werden
sich schwer hüten, ihren verdroschenen Dresch-
jrafen uff det jlitschije Jlatteis körperlicher
Heldentaten zu folgen. Mit 't Maulwerk läßt
sich leichter fechten, et tut nich so weh un
man kann außerdem zwanzig Fennije Eintritts-
jeld erheben, wat bei Priejeleien selbst for de
erprobtesten antisemitischen Schnorrer man
bloß sehr schwer dirfte meeglich sind.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotlhils Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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