Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0261
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4831

©s Die Profltfau. tß>

Arbeiter: Wollen Sie denn bei der großen Not die Sau nicht verkaufen?
Agrarier: Nein! Die muß noch viel größer werden.

©s ftobelfpäne.

Kardorff, Kirdorf, Pückler, Stöcker —
Das Kameel, das hat vier Höcker.

Bülow, Posa, Möller, Trotha —
Unserm Ruhme fehlt kein Jota.

Pod ist auch 'ne nette Pflanze

Und das Schwein beherrscht das Ganze!

Wie man hört, wollen die Hottentotten
ihrem Häuptling Hendrik Witboi ein Denk-
mal setzen. Es kann großartig werden, denn
das Deutsche Reich hat schon mehr als zwei-
hundert Millionen Mark dazu beigesteuert.

Es läßt mit Kardorff sich kein Staat mehr machen.

Da sein Gegeifer untergeht in Lachen,

Dafür betritt des Klassenkampfes Bühne
Mit viel Aplomb Herr Kirdorf jetzt, der Kühne.

Kein Krokodil hat einen größern Rachen,

Doch wird bestimmt auch ihn man mürbe machen.

Sein Hochmut wird sich mit den Jahren wandeln
Und — mit den „Händen" wird er unterhandeln.

Ob die deutsche Industrie kurzfristige oder langfristige Handels-
verträge bekommt, das ist einem preußischen Junker ganz egal—wenn
er sich dabei nur dick frißt.

Der Schmeichler gerne sich berauscht
Auf Kosten dessen, der ihm lauscht.

Wo Rauch aufsteigt, müsse Feuer sein, sagt das Sprichwort. Ein
frischer Dreck tuts auch. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Medizinisches.

Wie die Zeitungen berichten, haben zwei
Chicagoer Ärzte neuerdings erfolgreiche Ver-
suche angestellt, die darauf Hinzielen, ver-
wundete oder verbrauchte Menschenherzen
durch jugendliche, kräftige Herzen von leben-
den Affen zu ersetzen.

Die Amerikaner können uns damit nicht
imponieren. Diesmal sind wir ihnen seit
langem weit voraus! Denn fast täglich be-
obachten wir in den Kreisen unserer Bureau-
kratie, wie ältere, verbrauchte und gehirn-
erweichte Häupter mit dem glücklichsten Erfolg
durch junge Schafsköpfe ersetzt werden können.

Splitter.

„Ich bin gewiß nicht engherzig, aber. . ."
„Ich bin gewiß nicht geizig, aber .. ." Die
so sprechen sind alles Leute, die engherzig,
geizig und — zu feig sind, es einzugestehen.

Den Mann und das Weib ausgenommen,
hassen alle Menschen die Heuchelei.

Aus der Zeit der Fleischnot.

Magenverstimmung.

Piefke:'Wat fehlt dir denn, Lehmann, du
siehst ja so miesepetrig aus?

Lehmann: Ick weeß nich! Ick habe wohl
zu ville aus de Kompottschissel jefuttert.

Piefke: Aus de Kompoktschissel? Um
Jotteswillen? Nu aber dalli de Beene unter
de Arme jenommen un zum Doktor jeloofen:
Det is sicher Hungertyphus!

Lieber Jacob!

Der Marokko-Feez is ja nu ooch jlicklich
nach monatelange diplomatische Katzbaljereien
in't Lot jekommen. Wenn 'n paar olle Weiber
sich um 'n Waschhausschlissel zanken, denn
dauert et ooch mehrstens 'ne jute Weile —
aber det muß ick sagen: unsere jewandten un
jeiviegten Staatsmänner sind sie in die sejens-
reiche un produktive Kunst, wejen 'n Nasen-
popel sich det Maul fusselig zu reden, doch
noch jewaltig ieber. Allerdings kriejen se ja
ooch Diäten dafor, während die jewehniglichen
Waschweiber ihren Krakeel jratis un unent-
jeltlich von sich jeden missen. Aber jetz is ja,
wie jesagt, die Schohse for 'ne Weile erledigt
un et streiten sich bloß noch die franzeeschen
un die deitschen Zeitungen von die nazjonal-
liberale Sorte dadrum, welche von beede
Parteien denn nu eejentlich in den jlorreichen
Streit am mehrsten zurickjezuppt is. Keener
will nämlich nachjejeben haben, det heeßt also
eenen bekannten Sprichwort zufolge: keener
will der Kliejere jewesen sind! Denn in die
Diplomatenkreise — det mutmaße ick aus de ver-
flossenen Marokkoverhandlungen — muß woll
die Klugheit als 'n unerloobtes Laster jelten.

Jroßen Spaß in diese traurijen Zeiten hat
mir wieder mal der beriehmte „Verein sor
Sozjalpolletik" jemacht, der vor kurzem seine
Jeneralversammlung in Mannheim abjehalten
jehabt hat. Wat da die Professers, Pasters,
Kommerzjen- un sonstije Rejierungsräte zu
Tage jeferdert haben, det is uff keene Bullen-

haut nich zu schreiben. Der eene sagte, die
Sozialdemokraten, die wollten man bloß ver-
hindern, det die fleißijen Leite wat schaffen un
vorwärts bringen; wenn et jetz schon den
Achtstundentag jeden wierde, denn wäre er
keen Milljonär nich jeworden, sondern 'n een-
facher Arbeeter jeblieben! Det jloobe ick ihn
jern: denn seine Milljonen hat er jedenfalls
mit die Jberstunden verdient, die andere
fleißije Leite for ihm schuften mußten! Im
ibrijen versicherte derselbe Mann, det er aus
'ne „jlänzende Kinderstube" wäre. Schade,
det er nich drinjeblieben is — seine sozjal-
pollitische Einsicht paßt da besser hin als sonst-
wo. Der Feinste von die janze Tafelrunde
aber war doch der Doktor Tille, wat jetz der
Jeneralsekretär von die Saar-Industrie is.
Weeßte, wat der jesagt hat? Er meente, die
Arbeeter wären nischt anderes nich als wie
die Dienstboten von die Kapitalisten un mißten
ebenso behandelt werden. Da wollte er näm-
lich die Arbeeter mit jraulich machen. Aber
ick jloobe, 'n anständijer „Dienstbote" läßt
sich ooch von keenen nich unanständig behan-
deln. Wat allerdings die jelehrten „Dienst-
boten" in't Keenigreich Stumm sind, die theo-
retischen Abtrittfejer von die Saar-Industrie:
die werden von ihre Sklavenhalter jeknufft un
jetreten — un det verdienen se ooch nich besser!
Aber 'n anständijer Arbeeter oder Dicnstbote,
der spuckt ooch uff so wat, Herr Tille!

Ähnliche fortjeschrittene christliche Anschau-
ungen scheinen ooch die Direxjonen von die
Berliner Elektrizitätsjesellschaften zu besitzen.
Se wollen partuh „Herren in ihrem Hause" sind.
Un weil nu een Teil von die Fabriken streikt,
sagen se, det se iberhaupt nich mehr arbeeten
lassen können. Et fehlten sie de Schrauben,
haben se erklärt. Ick jlobe aber, det is man
'ne Ausflucht; et werden bei sie man woll
bloß 'n paar Schrauben los sind!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetteier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
Annotationen