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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0319
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4889

Oer norwegische löiue.

Haks« VII. (bei seinem Einzug in Christianta): Ich hätte es lauin geglaubt,
daß dieses gegen meinen Vorgänger eben erst so ungebärdige Vieh so rasch wieder
loyal und gesittet werden könnte!

ftobelfpäne.

Ist die Zeit auch noch so schaurig,
Deutsches Volk, sei nicht zu traurig,
Denn es schwebt als guter Engel
Über dir der Herr von Stengel,

Der dich stets zum Guten führt
Und Finanzen reformiert.

Alles, alles wird sich wenden.

Alles wird im Guten enden,

Wenn du zu dem schönen Spiel
Zahlst recht freudig und recht viel;
Werde drum nicht bang, nicht bänger,
Schnall dir nur den Gürtel enger!

Als dem Zaren die Mitteilung gemacht wurde, daß bei den Un-
ruhen so viele seiner Untertanen getötet worden seien, soll er geäußert
haben: die haben's Überstande», ich aber hab's noch zu erwarten!

Norwegens Volk ist wahrlich unverzagt
Und läßt's an keckem Wagemut nicht fehlen —
Hat es doch einen König fortgejagt,

Um einen andern wieder sich zu wählen!

Die Finanzen im Deutschen Reich sind auf den Hund gekommen,
der allgemeine Dalles ist nahe — jedoch Fürst Bülow erhielt das
Goldene Vließ, das entschädigt für alles!

Eine Nonne, die fromm, unterweist jederzeit
Auch die eigenen Kinder in Frömmigkeit.

Unglaublich, aber wahr! Im Jahre 1905 ist noch keine Prinzessin
mit ihrem Kutscher durchgebrannt • . .

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Neues Biersteuer-Kueiplied.

Sind wir nicht zum Schröpfen wie geboren?
Sind wir nicht geduldig wie das Schaf?
Wie die Schöpse werden wir geschoren.

Und wir blöken friedlich nur und brav.
Selbst vom lieben Bier
Zahlen Steuern wir
Für den amüsanten Wassersport.

Ganz Europa wundert sich nicht wenig.

Wie das Reich bekam die Wassersucht;

Doch wir Schöpse zahlen untertänig,

Zn Gehorsam, Folgsamkeit und Zucht.

And von jedem Glas
Äolt das Reich sich was.

Für die Gondeln einen Obolus.

Längst zwar herrscht schon grauer Katzenjammer,
Doch der Schöps blökt immer noch Lurra,
And im Reichstag und in jeder Kammer
Nickt der brave Schafskopf freudig ja.

Für den Panzerkahn

Zahlt der Untertan

Seine Steuer still bei jedem Schluck.

So beim Gerstensaft, ihr edlen Seelen,
Fördert ihr die Weltmachtspolitik;
Patriotisch sind die ausgepichten Kehlen,

Für die Flotte wird der Bierbauch dick.
Kneipt mit Männerkraft
Braunen Gerstensaft,

Bis zu einem Panzerkahn es reicht.

Wenn von unfern festlichen Gelagen
Schwerbeladen Michel heimwärts schwankt.
Kann er lallend zu sich selber sagen,

Dasi das teure Vaterland ihm dankt:

Agir steht mit Lust,

Wenn sich zielbewußt

Michel ansäuft das Delirium! Secundiis.

Die neuen vioskuren.

Kastor und Pollux vergleichbar sind Kirdorf und Krabler,

JTIs der eine „gegangen", „ging" der andere auch.

Hätten beide gelebt zur Zeit des klassischen Hellas,
klären auch sie vielleicht unter die Sterne versetzt.

Lieber Jacob!

Wat sagste dazu, det se Schöustedtn nu
doch wirklich abjesägt haben? Ick wundere
mir. Der Mann, der dem Keenigsberjer
Zarenbeleidijungsprozeß einjefädelt hat, paßte
doch so'scheen in unsere vaterländischen Ver-
hältnisse. Aber et kann sind, det er bei die
Russen, deren Jeschäfte er als moderner
preißischer Justizminister doch ooch jleich mit-
zubesorjen hatte, in Unjnade jefallen is. Die
Russen sangen doch jetz sachteken an, sich zu
die zivelisierten Völker zu rechnen, un da
stellen se natierlich etwas hehere Anspriche,
als wie se Schönstedt befriedijen konnte.

Die „Kreuzzeitung" hat sich lange dem Kopp
drieber zerbrochen, wat woll de Jrinde möjen
sind for dem beriehmten „Niederjang des
Parlamentarismus". Se denkt nich oft nach,
aber wenn se et mal tut, denn kommt ooch
wat Feines dabei raus. Un so hat se ooch
dieses Problem uff 'ne ieberraschende Weise
jeleest. Also der Niederjang des Parlamen-
tarismus schreibt sich von die unpassende Be-
nehmijung der sozialdemokratischen Reichs-
tagsabjeornten her — det hat Kropatscheck
rausjeknobelt. Die ville Ordnungsrufe jejen
Bebeln und Singern haben janz deitlich be-
wiesen, det die Jenossen keen Verständnis
for de hehere Lebensart der hochwohljeborenen
Schweinezichter un Schnapsbrenner leider nich
besitzen. Wat aber 'n richtijer Junker is, der
kann den in seine Pferdeställe ieblichen juten
Ton nu mal nich entbehren, un daher kommt
et, det die konservativen Abjeornten in ihre
Feinfiehligkeit den: Reichstag nur unjern un
selten besuchen un sich während die Sitzungs-

periode lieber in die besseren Weinkneipen un
in die nächtlichen Tanzlokale uffhalten, wo die
feineren Umjangsformen janz besonders jepflegt
werden. Daher steht der Reichstag immer
leer und daher kommt der Niederjang des
Parlamentarismus, un die Sozialdemokraten
sind schuld dran! Nu tu ihn eener wat!

Mit den Pli is det ieberhaupt so 'ne Sache.
Der Sozialdemokrat hat ihm nie, der volle
un janze un unentwegte Birjer hat ihm selten,
der Junker hat ihm immer, un wat die aller-
heechsten Herrschaften sind, die haben, ihm
natierlich im allerheechsten Maße un empfinden
et erklärlicherweise sehr schmerzlich, wenn er
im Verkehr mit sie nich jeiebt wird. So muß
woll der Hauslehrer von Se. keenigliche Hoheit,
den serbischen Kronprinzen, nich immer dein
richtijen Takt bewiesen haben. Denn sonst
hätte ihm doch sein Zeegling in sein verletztes
Zartjefiehl nich 'ne Pulle mit Wohlriechendes
in die Fresse jeschmissen un ihm ooch sonst
nich allerheechsteijenhändig verwamst. Det
nu aber der Hauslehrer, wat ’n aktiver fran-
zeescher Jeneral is, sich so weit verfaß, Se.
keenigliche Hoheit ooch '» paar in de Futter-
luke zu hauen, det beweist mir, det selbst die
heechsten milletärischen Scharschen nich immer
die Zurückhaltung zu beobachten wisse», die
jejenieber einen zukimftijen Vertreter des
Jottesjnadentums von die „Kreuzzeitung" mit
Recht verlangt wird. Nnbejreiflich is mir
bloß, det der serbische Keenig seinen Sohn
wejen diesen kleenen pädagojischen Zwischen-
fall mit janze zehn Dage Stubenarrest bestraft
hat. Wahrscheinlich werden in Serbien die
Soldatenmißhandlungen ieberhaupt strenger
jenommen, als wie bei uns. Die Balkan-
staaten haben eben noch nich die richtije
milletärische Dienstauffassung.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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