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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0321
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Allustvirte


-es wahren Jacob

Weihnachten.

Lin Jahr ist um. Ls kehrte wieder
Die gnadenreiche Weihnachtszeit,
Inbrünstig feiern fromme Seelen
Das schönste Fest der Christenheit.

Dies ist der Tag, der einst geboren
Den Heiland, der am Kreuze stgrb,

Deß Blut — so heißt's — die Welt erlöste,
Des Himmels Freuden uns erwarb.

Den Gott der Gnad' und des Erbarmens
Lobpreiset heut der Gläub'gen Schar —
Versöhnung! Friede! Zeindesliebe!

So schallt's von Kanzel und Altar.

So wird dem Volk von Christi Dienern
Des Heilands Lehre offenbart —

Indes es rings in Christi Landen
von panzern und Kanonen starrt.

Das Elend saß an seiner wiege,

Die Krippe ward sein erstes Bett,

Ein Bettlerkind, ein Gott der Armen
War der Prophet von Razareth.
Entsagung fordert seine Lehren
In Armut soll das Herz gedeihn,

Kein Reicher kann das Heil erlangen,
Kein Reicher geht zum Himmel ein.

Heut drückt auf seiner Diener Seele
Gott Mammon wie ein schwerer Alp,

Des Razareners Iünger tanzen
Den Reigen um das goldne Kalb.

Den Heiland warf von seinem Throne
Dies Götzenbildnis, roh und plump —

Des Herrgotts Liebling ist der Reiche.

Und jeder Arme ist ein Lumpl

Für wen schwand des Erlösers Leben
Im bittern Kreuzestod dahin?

Wo blieb, was er euch lebt und lehrte,

Wo seiner Botschaft Kern und Sinn?
verkehrt, verdreht, verfälscht, vergiftet
Durch psaffenlug und Pfaffenlist!

Umsonst ward euch der Gott geboren.
Umsonst gelebt hat Iesus Christ!

Des weltenschicksals Räder rollen
Au neuem Ziel auf neuem Gleis;

Und strahlt auch heut in unsrer Kammer
Der Lichterglanz vom Tannenreis,

So weckt er doch in unsern Herzen

Richt mehr derMenschheitKindertraum-

Ein andres Sehnen, andres Hoffen
Knüpft sich an unsern Weihnachtsbaum!

,, 3. S.

Fürsorge.

Zu den „Liebesgaben" für unsere Soldaten
in Südwestafrika steuerte auch die Frau Pastorin
ihr Scherflein bei. Als man auf der Zentral-
stelle das von ihr gesandte Päckchen öffnete,
fand man darin ein Dutzend dunkler Brillen.
Die gute Frau hatte verhüten wollen, daß bei
der primitiven Kleidung der Schwarzen der
sittliche Halt unserer Truppen Schaden nehmen
könnte. .,

„Väterchens" Limmelfahrt.

Anders ging's nicht mehr. Er mußte im
Luftballon fort. Aber kaum war er dreitausend
Meter hoch — da saß der Teufel aus dem
Gondelrand:

„Guten Morgen, alter Junge! Auf dich
Hab' ich schon lange gelauert. Jetzt stell mal
das Steuer 'n duschen nach Backbord ... so ...

und nun fahren wir beide fein zusammen in
die Hölle."

„Väterchen" kriegte es scheußlich mit der
Angst: Ob er sich nicht loskaufen könne?

„Na, gewiß. Was hast du denn?"

„Mein Portemonnaie!"

„Ist ja nichts drin!"

,sMein Ehrenwort!"

„Ist ja nichts wert!"

„Meinen Kopf!"

„Ist erst recht nichts wert!"

Da wirkte der Schreck beim Kaiser aller
Reußen auf die Verdauungsorgane. Satan
schnupperte:

„Hör' mal — mir scheint. . . ."

Aber es schien nicht bloß: es war so. Und
es wurde immer toller. Satan stieß einen
greulichen Fluch aus, hielt sich die Nase zu
und verschwand.

So blieb „Väterchen" von der Hölle ver-
schont und entschwebte gen Himmel, wie es sich
für einen gütigen Landesvater geziemt. t.

Zweierlei Büchsen.

Die Mark Brandenburg war des heiligen
römischen Reiches Streusandbüchse.

Afrikaist des neuen Deutschen Reiches Patent-
sparbüchse. ‘ Soviel man auch hineinsteckt, es
kommt garantiert nichts wieder heraus. Und
Zerschlagen gibt's nicht — man holt sich bloß
kaputte Finger dabei!

Schöner Tod.

„Liebe Frau, ich habe Ihnen die traurige
Mitteilung zu machen, daß Ihr Mann beim
Weichenstellen überfahren wurde. Zur Linde-
rung Ihres Schmerzes wird es beitragen,
wenn ich Ihnen sage, daß es ein Hofzug war,
der ihn überfuhr."

»«tla,« ju* .Wahr«, 3«c»b* Ar. 506 m. (905.
 
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