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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 23.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.6366#0011
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— 4920

Oer Sultan: Da kommt die Bande schon wieder mit ihrer alten Feuerspritze, um bei mir zu loschen.

eigenes Laus zusammen!

Dabei brennt ihnen ihr

bange fragen an üax Schicksal.

1906 — mit Zagen

Frag ich, was du uns bescherst,

Lhe auf dem Sonnenwagen
Wieder du von dannen fährst?

LH' du deine volle Reise
Tatest um die alte Welt:
wie sind wohl die Schweinepreise
Bis dahin emporgefchnellt?

Wird sich pod in Spesen stürzen
weiterhin beim Viehverkauf?

Unsre Rot mit Witzen würzen?

Vder hört das endlich auf?

Halten wir das Pulver trocken.

Scharf das Schwert auch dieses Jahr?
Macht sich Lngland auf die Socken
Vor der deutschen Flotte gar?

Wird der Teufel doch lebendig,

Den uns Bülow vorgemalt,

Daß ein Krieg vielhundertbrändig
Rings am Horizont erstrahlt?

Dürfen wir in Frieden lungern
Roch ein Weilchen? Wird vielleicht
Gar in Sachsen, Destreich-Ungarn
Freies Wahlrecht noch erreicht?

Wird man, wenn Silvester neunzehn-
Hundert sechs geschrieben kaum,

Loburg und Louis' vereint sehn?

Dder ist das nur ein Traum?

Kann von Väterchen man ahnen,

Gb dies Jahr er überlebt?

Db er nicht auf luftgen Bahnen "

plötzlich in das Jenseits schwebt?

Leopold bleibt er wohl König?

Bleibt ihm die Merode treu?

Schiert es Spaniens Alfons wenig,

Daß er dann noch ledig sei?

Welch ein freudiges Ereignis
Tritt wohl in Lhristiania ein?

Kriegt ein schönes Abgangszeugnis
Heuer Hakon Rümmer IX?

Also drängt sich Frag' auf Frage —

Doch die Lösung wird ergehn,

Wenn dreihundertsechzig Tage
Sind vorbei — dann wird man
sehn! zu

Neujahrsrede

des Meygermeisters a, D, Wurstler,

Meini Herrn! Jetz hätta ma also wieder
a Jahr abag'orgelt. Dös kann koa Mensch
leugna, daß dös Jahr 1905 ziemli lebendi
gwesn is. Menschen san in dera Zeit mehra
umbracht worn als Ochsen, In Ostasien
Ham s' anander agmurkst, als ob d' Soldaten
Fliagn warn; in Rußland geht a alles drunter
und drüber. An Großfürsten Ham f in d' Luft
gsprengt, d' Soldaten schiaßn auf d' Leut und
auf anander, V Leut schiaß'n wieder auf
d' Soldaten und d' Juden wern haufenweis
totgschlagn.

Überhaupt, meini Herrn, kimm i alleweil
mehra drauf, daß d' Menschen viel billiger san
als 's Viech, Wenn d' Ochsen und d' Küh und
d' Sau und d' Kaibeln so weni tosten tätn wie
d' Menschen, nachher güb's koan Fleischnot,
Vielleicht erlebn ma's no, daß in Deutschland
a Menschen gfressn wern. Bei dö Hund san
ma ja scho glückli anglangt.

Bei uns in Bayern war freili in dem Jahr
net viel los. Bei uns herunten geht's ja über-
haupt net so aufgregt zu, als wia in Berlin,
wo ma 's Gras wachsen hört. Dös oanzige,
was a bißl a Leb» in d' Budn bracht hat,
warn dö Wahln, wo dö Nationalliberalen
so schö an d' Wand druckt worn san.

Bei mir dahoam hat dös alte Jahr a aller-
hand bracht. Daß mei Alte der nämliche Drach
gwesn is wie Anno 1904, versteht se von
selber, Mei Maxi, der is seit Oktober Ein-
jähriger bei da schwären Reiter, Geld braucht
er, sag i Ehna, meini Herrn, daß's nimmer

schö is. Kaum is er drei Tag in der Uniform
gsteckt, hat er extra sünfzg Mark verlangt,
weil er beim Reitn vom Gaul abagfalln
is. Wenn oaner von dö Einjährigen, hat er
gsagt, abagschmissen werd, nachher muaß
er sechs Flaschen Champagner zahl«, und wenn
so a dreißg Flaschn zammkomma san, täten's
dö Einjährigen mitanander vertrinken.

Also ich gib eahm dö sünfzg Mark, aber
nach a paar Tag is er scho wieder vom Gaul
abagfalln, Dösmal hat er mei Alte um
sünfzg Mark bracht. Koane sechs Tag san
verganga, is er scho wieder heruntenglegn
und jetz hätt' i dö sünfzg Markln zahln soll».
Aber jetz is mir dö Gschicht do sonderbar
vorkomma, denn der Maxl hat 's Reitn scho
mit achtzehn Jahr glernt und hat's bald los-
ghabt wie a Stallmoaster. Also sag i zu eahm:
„Mei Liaber, dö Gschicht kimmt mir ver-
dächti vor. Da will i do amal dein Wacht-
moaster frag'n, warum du gar a so a Schind-
luder reitn muaßt." „Um Gotts willn,"
hat mei Maxl glei zum schreie angfangt, „tua
dös net, dös kannt der Wachtmeister übel-
nehma und an mir ging's naus." Seit dera
Zeit is er nimmer abagfalln.

In dö letzten vierzehn Tag hat er af oamal
alle paar Tag a Nachtübung. Da bleibt
er nacha die ganz Nacht aus. Woaß Gott,
was dös für Nachtübung« san? Da wer i
wohl a mit 'm Wachtmoaster anrucka müaßn.
So viel is auf jeden Fall g'wiß, daß mi dös
Einjahrigenjahr so a siebentausend Markln
kost. Aber d' Menschen san ja überhaupt bloß
zum Zahln auf der Welt, Und wenn ma
vom neuen Jahr sonst gar nix gwiß wissen,

___ dös oane is sicher, daß ma a Anno

1906 ghöri blecha müassen. — Zenzl,
no a Maß!

Der arme Zar.

0 6ott, mit Russland ist es aus!
Der ßof selbst ist verpöbelt.

Rat doch den armen Nikolaus
Gin ßrossfiirst jüngst vermöbelt.

Freundschaft,

„Die Hielt ist schnöde und kommun! “
Rief da der Zar voll Kummer,

„Aas soll ich mit Uerwandten tun
Mit solch er Izandschulinurnrner?" e.
 
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