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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 23.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.6366#0031
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Bilder aus Puttfeamerun.

liobelfpäne. <r©

„Achtung, der SeriKlrvoUricher kommt — rette sich, wer Kamt!“

Oie folgen einer Beschwerde über ungerechte Behandlung.

Die Junker hätten gerne
Wieder die große Hey,

Sie schreien darum grimmig
Nach dem Ausnahmegesetz.

Steckt immer nur ins Feuer
Fürwitzig eure Hand,

Bis ihr sie einmal wieder
Empfindlich euch verbrannt.

Der Spötter Heine hat uns ein National-
zuchthaus und eine gemeinsame Peitsche ge-
wünscht. Aller guter Dinge sind drei; er
hat den nationalen Maulkorb vergessen.

Freisinn und Zentrum fordern im Zorn,

Erschließen soll sich der Diäten Born.

Und wenn er nicht will erschließen sich,

So werden sie rächen sich fürchterlich.

Der Kanzler, der lacht darüber sehr
Er weiß, es kommt ja doch nichts hinterher.

Der Tor muß sich auf all das stellen, was er nicht weiß, um
so hoch zu sein, wie er sich dünkt.

Den Junkern ist das Reich nicht groß genug,

Sie machten gern noch größren Beutezug.

Wißt ihr auch, wo Hamburg liegt?
Wie Dresden an der Elbe,
der Elbe!

Auch Polizei und Obrigkeit
Ist hier wie dort dieselbe,
dieselbe!

Der Weise findet alles in sich selbst, und der Dumme nichts in
dem andern. Ihr getreuer Sage, Schreiner.

Äererosang.

Dorngestrüpp und stäubender Sand.

Und eine wilde Melodei:

„Wem gehört Lereroland?"

Flinten knattern, Geschütze dröhnen.

Immer lauter gellt der Sang

Durch der Todwunden Ächzen und Stöhnen.

Mitten im glutenden Sonnenbrand
Der Tod. Und leis und leiser klingt's:
„Wem gehört Äereroland?"

Neuer Sturm. Die Müdgehehten
Krallen sich in den heimischen Boden.

Die Schlacht vertost.

Es waren die Letzten. . . .

Dorngestrüpp und stäubender Sand.

Und der Aasgeier höhnendes Krächzen:
„Wem gehört Lereroland??" P.E.

Lieber Jacob!

So is denn nu der rote Sonntag vorieber
jejangen, un Deitschland steht noch, janz tut
heil, tttt de Berliner Pollezei un de Helden
von de Jarde sind noch alle am Leben. Aber
die Bange, die de Stitzeit von Thron un Altar
ausjestanden haben — weeßte, die winsche ick
keenen Hund nich! Allens, wat in't Vater-
land ’n biskett wat is, schlotterte diese Tage
mit de Beene, nach die bekannte Melodie:
„Wir Deitsche firchten Jott un sonst nischt in
de Welt." Un det Ausland lachte sich 'n Ast
un setzte sich druff. Ick aber hatte meinen
Stolz, als ick an ’tt Sonntag aus de Ver-
sammlung kam un mir unter de Linden bejab,
wo, wie in de „Tägliche Rundschau" bekannt
jemacht war, jleich nach Mittag de Revolu-
zjon bejinnen sollte.

Die jroßartijen Anstalten, die de Pollezei
un det Kriegsheer ieberall zu unfern Empfang
jeiroffen hatte, erfillten meine Seele mit Be-
friedijung. „Allens wejen uns," sagte ick ztt
mir, wie ick durch det Brandenburjer Tor
jondelte, tvo sich hinter jede Säule een Acht-
jroschenjunge »erstochen hatte. Un da präsen-
tiert ooch schon der Posten. Ick winke ab un
sage freindlich: „Is jut, stirzen Se sich nich
in Unkosten!" Denn wenn ooch unsereener an
diesen Festtag ntit Recht dem jefeierten Mittel-
punkt des öffentlichen Interesses bildete, so
liebe ick et doch nich, det mit meine Person
zu ville Kultus jetrieben wird.

Aber obwohl ick abjewunken hatte, blieb
der Mann in seine vorschriftsmäßije kriejerische
Haltung, weshalb ick ihn seinem Schicksal
ieberließ un mit den uffmunternden Jruß:
„Adjee, verjessen Se Ihre Rede nich!" weiter-
schob. Da sah ick denn, det zujleich mit mir
eene Abteilung Artollerie mit mehrere Knall-
droschken durch det Brandenburjer Tor je-
bullert war. Ooch Kavallerie erschien uff den
Festplatz, tvat mir mit besondere Jenugtuung
erftllte, da det immerhin de nobelste Truppe
is un der Stolz des Vaterlands. Ick tvollte
mit meine Anerkennung nich zurickhalten un
sagte zu den anfiehrenden Leitnant: „Juten
Morsen, Herr Jraf! Scheenes Wetter heite.
Wie jetzt det Jeschäft? Ick jloobe, ick kenne
Ihre Waschfrau. Hat die ooch so 'ne Bange?
Wenn Se de Jiete haben tvollten, nich so
schnell zu reiten, denn kennten tvir beede noch
'n Endeten plaudern." Aber ooch hier fand
ick nich de richtije Jejenliebe, un so jab ick et
denn uff, mit die zu unsere Bedienung ab-
kommandierten Truppenkörper in lentselijen
Verkehr zu treten.

Ick wartete ruhig weiter uff die von de
birjerlichen Blätter in Aussicht jestellten Er-

eignisse, un wie ick anfing, kalte Fieße zu kriejen,
ivandte ick mir an eenen Schutzjeist un fragte
ihm, ob er mir nich sagen kennte, wenn denn
eejentlich de Revoluzjon losjinge un ob se vil-
. leicht wejen zu jroßen Andrang pollezeilich
verboten sei? Der Mann schien lange nischt
jejessen zu haben un sehr hungrig zu sind. Er
kiekte mir an, als wenn er mir for ’tt Jenuß-
»tittel hielt un mir demjeinäß verschlingen
ivollte, un denn legte er mir nahe, ick sollte
schleunigst weiterjehn. Det hätte ick nu so ivie
so jetan, denn ick hatte nich die Absicht jehabt,
den Abend ntit ihm zusammenzubleiben, tut
außerdem wurde et schon sachteken dunkel un
die Jeschichte fing au, langstielig zu werden.
Da erteente pletzlich een mächtijes Jejröhle
von't Zeughaus her, un ick dachte: „Aha, nu
jeht et los, wie et de,Kreuzzeitung' prophezeit
hat!" Aber Scheibe, mein Herze: Et war man
bloß eene Droschke mit vier Kriejervereins-
vorstände drin, die sich zu Ehren von det
Ordensfest, det bekanntlich ooch an diesen
Sonntagjefeiertwurde, eenen anjesoffenhatten!

Nu frage ick Dir bloß det eene: Warum
kennen ivir so 'n ulkijes Volksfest nich mehr-
mals in't Jahr haben? Wenn de Pollezei
. un det Milletär de Strapazen nich sollte je-
tvachseu sind — Herrjott, denn ivirde sich de
sozialdemokratische Parteileitung sicher'nVer-
jniejen draus machen un 'n kleenen Beitrag
beivillijen, damit die zu ihr Amisemang uff-
marschierenden Sicherheitsmächte am Schluß
des uffreibenden Tages durch 'n Festessen ntit
Schweinebraten un Pslanmen uff Parteikosten
traktiert werden könnten. Wir sind ja ooch
nich so, un ick meene, der Feez is die kleene
Extraausjabe schon wert!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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