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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 23.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.6366#0038
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4948

^ fi-h m c* n n/J

Der Arbeitsmann: Wäre es denn nicht möglich, daß mir die da hinten etwas tragen helfen?
Fürst Bttlow: Aber mein lieber Mann, du siehst ja, daß die Leeren so schon belastet genug sind!

Elegie

des Fräuleins Eusebia Gänsebusen

anläßlich der Broschüre des Oberstleutnants v. Warten-
egg über die Bedeutungslosigkeit der Kavallerie im
modernen Kriege.

Ach, soll man es wirklich glauben.

Daß es nicht mehr sich bewährt.

Wenn vorm Feinde mutig schnauben
Tut in Uniform das Pferd?

Wo doch keine Augenweide
Schöner ist als grade die:

Unsre schmuck im Waffenkleide
Prangende Kavallerie!

öfters mit verhängtem Zügel
Sah ich sie beim Morgenritt,

Lätt' ich Schwingen, hätt' ich Flügel —
Dichtet Schiller — flög ich mit!

Wenn die Rosse so geschnuppert.

And genickt der Federbusch —

Ach wie hat mein Lerz gepuppert
Einen regelrechten Tusch!

Und nun hör ich, daß veraltet
Dies mein höchstes Ideal,

Daß vielleicht es ausgeschaltet
Aus dem Kampfe wird einmal!

Ach, vergällt ist mir das Leben
Und für ewig ohne Reiz,

Wird es nicht Lusaren geben
And Alanen andererseits!

Weil sie als die besten Tänzer
Sind bekannt seit jeher schon,

Flott und schneidig, keine Schwänzer,

Bis zum letzten Kotillon!

Loffentlich bleibt es vermieden.

Daß sie uns verloren gehn!

Wenigstens doch für den Frieden
Laßt die Kavallrie bestehn! Eusebia.

Sächsisches.

Ein Fremder, der in Dresden als harm-
loser Passant dem ordnungsstiftenden Polizei-
säbel anheimgefallen war, betrat zerhauen und
zerfledert die Wachtstube:

„Na, hören Sie mal ... Sie haben hier
wohl Zustände wie in Rußland. Ich werde
mich beschw --"

„Immer kemiedlich, mei Kut'ster! Se sinn
hier noch nich kanz in Rußland, sondern in
Sachsen. Un wenn Se nich den Schnabel
halten, gomm'n Se in de leere Eenzelzelle —
da is Se karnischt mehr drin, als Sie selber."

„Man hat mich gestoßen, getreten, geschla-
gen . .

„Sinn Se froh, daß Se nich sinn verhaft't
word'n: da hätt'n Se erscht was geschpuckt!
Mer sinn de nett'sten Leite von der Welt,
solange mer nich de Kronprinzessen von Bahn-
hof abhol'n miss'n oder uff'n roden Labben
dressiert wär'n; alsdann wär'n mer ooch
rupp'g."

Nachdenklich schüttelte der Fremde den Kopf
und sagte: „Die Zukunft dieses unglücklichen
Landes . . . erlauben Sie doch mal Ihren
Kaffeesatz! Ich kann wahrsagen."

Er wollte die Porzellantasse ergreifen, die vor
dem Wachtmeister stand —

„Se sinn woll verrickt, Sie breiß'scher Spion,
Sie? Mer ham'n Se hier bloß 'n gecniglich
sächs'schen Bliemchengaffee: da gönnen Se
lange suchen!!"

Jugendstil.

Frau Hofphotograph Mayer, eine modern
magere Dame in den Jahren so um die
Vierzig, hatte sich der Frauenkleidungsreform
angeschlossen, und als sie zum erstenmal in
ihrem neuen Reformkostüm ausging, sahen ihr
die beiden Photographengehilfen nach.

„Na, wat meenste zu unsere Olle? Der
reenste Jugendstil, nich?" fragte der eine.

Da meinte der andere: „Jugendstil? —
Schon mehr Stiel als Jugend!"
 
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