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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 23.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.6366#0047
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4957

— huck — Schweinerei. — — Sein Se still,
Kardorff, wedeln Se nich immer mit de Vorder-
beene! Ick höre jetz schon von alleene uff

Präsident Graf Ballestrem bittet den Herrn
Abgeordneten, keine Zwiegespräche zu halten.

Äbg. v. Mas so w: Ick wollte das man bloß
gesagt haben! (Beifall rechts.)

Schluß der Sitzung. Nächste Sitzung: Fast-
nacht 1907. J.S.

Standesbewußtsein.

Baron Trottelwitz macht die Hochzeitsreise
mit seiner jungen Frau nach Amerika. Als
s>° am Hobokei, Pier landen, treffen sie un-
vermutet einen alten Bekannten aus derselben
kleinen Garnison: Paulchen Zeisig — das flotte
Paulchen, das jetzt den ehrsamen Beruf eines
-i-ackträgers ausübt.

Peinliches Wiedersehen, schleppendes Ge-
spräch, das erst dann etwas Farbe gewinnt,
als die stets und mit Recht so beliebten
Klatschgeschichten angeschnitten werden.

»Ja . . . und die stolze Ella Kronberg hat
och mit 'nem Oberlehrer verlobt."

Der Packträger greift unwillkürlich nach
dem nicht mehr vorhandenen Monocle:

»Nee . . . was Sie nicht sagen . . . mit ’ut
Schulpauker also? Wer hätte das gedacht,
daß solch feudales Mädel sich mal so weg-
werfen würde!!"

Ein fronuner Wunsch.

Du sollst nicht töten! In der Bibel
Sagt's klipp und klar der liebe Gott.

Wer stapft mit seinem Stulpenstiebcl
3n eine Schüssel voll Kompott?

Fürst Bülow ist's, der fromme Lütcr
Der deutschen Zentrumsherrlichkeit.

Er schützt die heiligsten der Güter,

Indem er lächelnd sie bespeit.

Der allerhöchste Staatsbeamte,

Er spricht, von Zweifeln unbeirrt:

Wozu denn hat man das verdammte
besetz, wenn's nicht gebrochen wird?

Doch ist nicht das Pistolenspielcn
Berboten? O gewiß, mein Kind!

Doch gilt das Wort nur für die Bielen,
Die ohne Standeschre sind.

Doch die dem Herrn so Wohlgefallen,

Weil sie vom besten blauen Blut,

Die müssen sich zusammenknallen,

Kein Mensch glaubt sonst an ihren Mut.

So sprach der Kanzler — und es klagte
^er Reichstag laut und war empört.

-ch aber habe, was er sagte,

-Nit viel Vergnügen angehört.

3ch dachte: wenn sie's doch nur täten!
Und ohne Zaudern und Gesperrt
' brauchte man nicht mehr zu beten:
rlvs' »ns von dem Übel, Herr! Cri-Cn.

.Das Weibsbild scheint Pervers zu sein, — der Affe ist ja geradezu ekelhaft
.Nicht so laut, guter Freund, es ist unser Erbprinz!"



>


Ein schöner Augenblick.

Mühsam, lässigen Tritts schlängelte sich die
Trägerkolonne durch den Urwald. Dumpf
und schwül war die Luft, gelblich das ein-
fallende Tageslicht. Der Weltreisende schwitzte
und verfluchte die Kateridee, die ihn her-
geführt — Menschen und Tiere lechzten nach
kühlem Wasser.

Da teilten sich die Bäume: die Aussicht
wurde frei, und der Tschadsee, das ersehnte
Marschziel, dehnte sich blau, erfrischend vor
dem müden Blick.

Man lagerte. Am Ufer stand einsam ein
Affenbrotbaum. Da wollte der Reisende sich
ausziehen, um erst mal das dringend not-
wendige Bad zu nehmen. Der Assistent sollte
derweil die Ortslage bestimmen, denn man
wußte nicht, ob man den See auf britischem
oder deutschem Gebiet erreicht hatte.

Auf einmal flog dem Entdecker von oben
ein Lasso um den Bauch, und die Stimme
eines farbigen Schutzmanns ertönte:

„Sie Männeken — das Baden ist hier ver-
boten! Außerdem werden Sie wegen Er-
regung öffentlichen Ärgernisses angezeigt wer-
den. Und daß Sie sich seit sechs Wochen nicht
gewaschen haben, ist schon mehr wie grober
Unfug!"

Da freute sich der Weltreisende, denn nun
wußte er: er war wieder auf deutschem Grund
und Boden....

Auch Satan kann sich irren!

Der Teufel lief im Lande herum — seine
Großmutter hatte ihn losgeschickt, er sollte
ihr mal erzählen, wie es in Rußland aus-
sähe — da trat er auf etwas Nasses. „Donner-
wetter", meinte er, „so glitschig ist das, gar
nicht wie Wasser, viel dicker! Das kann nur
Blut sein . . . ich bin schon in Rußland!"

Nun war es aber stockduster ringsum, und
der Teufel hatte keine große Lust, weiterzu-
gehen. Deshalb kehrte er wieder um, nachdem
er.sich erst noch ein paarmal ordentlich durch
die Pfütze gewälzt hatte, damit sie ihn: auch
glaubten, daß er dagewesen sei.

Zu Hause wurde er mit Halloh empfangen.
Seine Großniutter nahm ihn beim Kanthaken
und schüttelte ihn:

„Wie siehst du denn aus, du Lümmel . . .
du bist ja schwärzer als ein Zentrumsabgeord-
neter! In Rußland willst du gewesen sein??
Nee — mein Söhnchen! Was da an dir
herunterläuft, ist Tinte! In Deutschland
bist du herumgetippelt!!"

Der Geheime Äofrat an seinen Sohn.

Nichts ist so schädlich auf der Welt,

Wie ein zu steifer Rücken:

Wenn Dir ein Stern zu Füßen fällt,
Kannst Du Dich darnach nicht bücken.
 
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