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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0081
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—» 5866 •—-*<—-

Uymne an das Schwein.

Aus Bernhards Poesie-fllbutn stibitzt von Secundus.

Preis dir, du rosiges,
Duftendes, kosiges,
herziges Schwein!

Dieb nur verehren wir,
Grunzendes Borstentier,
Dich nur allein!

Oldenburg-Januscbau
Rat schon der Muttersau
Rühmend gedacht;
Schmückte mit Lorbeer sie
?ür jene Laten, die
Jüngst sie vollbracht.

ßUhürahtnatöritöten.

Berlin. Da die sozialdemokratischen und polnischen
Reichstagsabgeordneten vor den freigebig erteilten Ord-
nungsrufen des Präsidiums nicht den nötigen Respekt zu
haben scheinen, sollen sie auf Reichsunkosten dem Unter-
richt des Oberlehrers vr. Jeremias Zeigefinger beiwohnen,
der die Quinta des Däeiliengymnasiums leitet.

— Die Fraktion der freisinnigen Volkspartei hat, wie
sich das für eine nunmehrige Großmacht gebührt, fünf-
zehn Botschafter und Gesandte zu ihrer diplomatischen
Vertretung ernannt. Aus dem verfügbaren Rest wird ein
Parteiministerium gebildet.

Hamburg. Mehrere menschenfreundliche Millionäre

7Di der IDaterUant.

Der Märzwind pfeift um Bug und Mast.
Die Lide rollt die dunkle Flut;

Heut' trägt fte grollend nur die Last,

Sie kennt das ausgezwung'ne Gut.

Ihr lauschend Vhr in Hamburg trafen
Verlorne Stimmen Tag und Nachts
„Der Geldsack bracht'

„Dreitausend Lnglishmen zum Hafen!"

Klang in des Wahlkampfs Tagen nicht
Der laute Sang von deutscher Lhr',

Von deutsch emStolzunddeu tscherpslicht?
Nun holt ihr fremde Sklaven her?

Der Reeder kann jetzt ruhig schlafen.

Ls schützen an der Waterkant
Das Vaterland

Dreitausend Lnglishmen im Hasen.

Lin Tag kommt in der Tage Laus

Vielleicht beim nächsten Wählen schon —,
Da ruft zum heil'gen Kamps ihr aus
Nochmals die „Netter der Nation".

Wird dann die Siegeshoffnung trüber,

Und fehlen ste auf deutscher Zlur —

Dann holt sie nur

Wie heut aus England euch herüber!!

____ Paul EnderUng.

Glossen.

Die Versuche der deutschen Kolonialverwal-
tung, eine Kamelzucht in Südwestafrika an-
zulegen, sind bisher gescheitert.

Bei den Reichstagswahlen glückte die Kamel-
züchterei schon etwas besser. Dazu gehört aber
auch weniger Sachkenntnis.

Herr von Brandensteiu beschwerte sich int
preußischen Abgeordnetenhaus darüber, daß
man in der ersten Klasse oft mit derangiert
auSsehenden Reichstagsabgeordneten zusam-
mensitzen müsse.

(Denn so mein?reund dich ehrt,
ÜJie bist du mir erst wert,
Göttliches Li er!

Strahlendes Gnadenbild,

Lächelst so hold und mild,

Knie’ ich vor dir.

trugst durch der (Uablscblacbt Hot
Sicher mein Aufgebot,

Jeglichen Mann.

Dir nur gebührt der Dank!

Dur durch den Saugestank
Sieg ich gewann.

Haben sich Hier in werktätigem GHristentnm zusammen-
gefunden und die armen Londoner Obdachlosen einge-
laden und gespeist, wie weiland Ghristus die fünftausend
Mann. Gottes Segen wird nicht ausbleiben!

Posen. Um den poknischen Rindern Geschmack an der
deutschen Sprache beizubringen, soll in den Schulen von
jetzt ab als Lesebuch Band ^906 der „Lntscheidungen
des kaiserlichen Reichsgerichts zu Leipzig" eingeführt
werden.

München. Der bayrische Adel ist so sehr an wacklige
Ritterburgen gewöhnt, daß er sich im frisch renovierten
Zentrumsturm nicht mehr recht wohl fühlt und aus-
ziehen will. Die Bude ist ihm auch nicht „sturmfrei"
genug!

Daraufhin hat die preußische Eisenbahn-
verwaltung verfügt, daß die erste Klasse fortan
nur für solche Leute reserviert bleibt, denen
der junkerliche Stallmistgeruch anhaftet.

Eine Anzahl freisinniger Persönlichkeiten
feierte an dem Tage, wo die „Nation" ihr
Erscheinen einstellte, den Herausgeber Theodor
Barth durch ein Festessen.

Die Zeiten ändern sich: Früher gaben die
Esel dem toten Löwen einen Fußtritt; heute
geben sie — ein Festessen.

Viel Lärm um Nichts. Aus b.Siterifi, Wien.

Müller-Meiningen bei der Arbeit.

Und als der Jeinde Schar
Diedergetrampelt war,

Bob ich die Band:

Beilig das Schwein mir sei!
€wige Schweinerei
herrsche im Land!

Preis dir, du sieghaft Schwein!
Du sollst der Leitstern sein,
Dem ich vertrau’.

ÜJird mir ein Siegerkranz,

Sei es dem Ringelschwanz,
Grunzende Sau!

Paris. Auf den Münzen wird in Zukunft die In-
schrift „Gott schütze Frankreich!" fortbleiben. Da Frank-
reich ohnedies ein Staat ohne Thron ist und nunmehr
auch vor dem Altar so wenig Respekt zeigt, ist sein bal-
diger Untergang in Pech und Schwefel sicher.

Petersburg. Die Regierung plant eine Amnestie des
Inhalts, daß die Todesurteile der Heldkriegsgerichte, die
binnen vierundzwanzig Stunden vollstreckt werden, nach
achtundvierzig Stunden wieder aufzuheben sind.

Jaluit (Marschallinseln). Der Polizeibericht meldet:
„Lin Ranake, der eine Rokosnuß gestohlen hatte, floh in
den nächstgelegenen Palmenhain. Aber das half ihm
nicht viel, da dieser tzain glücklicherweise aus nur einer
einzigen Palme besteht."

Der Unsichtbare.

Württemberger, Sachsen, Preußen,
Anhaltiner, Bayern, Reußen —

Alles lauscht von fern und nah.

Was der Redekanzler saget.

Wenn der Reichstag ihn verklaget

— Doch der Kanzler ist nicht da!

Worte fallen, hart und bitter.

Und es braust wie Ungewitter,

Wie der Sturm um Mast und Raa'.
Und die Hiebe fallen dichter
Auf des Kanzlers Preßgelichter

— Doch der Kanzler ist nicht da!

Soll der Kanzler wiederkommen.
Dürfte nur ein Mittel frommen:
Grollt nicht, sondern ruft „Hurra"!
Rufet es mit lautem Munde
Selbst zu mitternächt'ger Stunde -
Gleich ist dann der Kanzler da . . .

Glück im Anglück.

An einem Sonntag erwachte um Mitter-
nacht der New Jorker Milliardär Josua N.
Bluffer durch einen gehörigen Bums, der alle
Fensterscheiben klirren machte. Er glaubte,
es sei der liebe Gott, der über die sündige
Metropole ein Erdbeben schicke, bekam Ge-
wissensbisse und schwor bei seinem Geldschrank,
was sein heiligster Schwur war, ein neues
Leben anzufangen und zunächst den Armen
zwei Millionen Dollar zu schenken.

Als er am folgenden Morgen hörte, daß nur
tausend Pfund Dynamit der Tunnelbaugesell-
schaft explodiert wäre», brummte er: „Na,
meinen Schwur muß ich halten. Aber die
Firma kann man wenigstens auf Schadenersatz
verklagen!"
 
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