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5367

W kutMltzcz. eT

„Wie wäre es, wenn die Deportation während der Duma ebenfalls auf-

Schoben würde?"

„Warte nur, das wird euch Väterchen Zar auch noch — versprechen!"

es hobelfpäne. zs>

Den schönen Bernhard widert das Geflunker,
Agrarisch sein ist ihm die höchste Pflicht;
Dem Bürgertum wirft er als echter Junker
Mit kaltem Hohn den Handschuh ins Gesicht,

Die Herrn Agrarier haben was sie wollen;
Behaglich setzt man nieder sich zum Schmaus
Nach froher Jagd, Der Treiber mag sich trollen.
Mit einem Trinkgeld schickt manihnnach Haus.

Infolge der schmutzigen Wahlmanöver ist
die Bezeichnung Reichsnacht viel zutreffender
als Reichstag. Jedenfalls ist für die nächsten
fünf Jahre die Reichsnacht Tatsache, denn
es wird sehr dunkel iverden in deutschen Landen.

Wer Anstand sucht, Dezenz und feine Sitte,

Wie sie zu edlem blauem Blute paßt,

Dem ist die „erste Klasse" jetzt verhaßt —

Er flüchtet scheu sich in der „zweiten" Mitte.

Höchst schauderhaft! Wie soll das alles enden?

Wenn diesen Zustand man nicht ändern kann
Durch ein Gesetz ad hoc — wo fahren dann
Die Generale und die Korpsstudenten?

Durch seine enormen Wahlbeeinflussungen bei der letzten Reichs
tagswahl wollte Fürst Bülow nur beweisen, daß er ein sehr einfluß
reicher Staatsmann ist.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Deutschwüstwest.

»Ihr Sohn dient ja wohl bei der Schutz-
^uppe, Herr Huber,? Hat er sich nicht auch
schon eine Kriegsauszeichnung weggeholt...?"
»Ja! zehn Jahre Gefängnis!"

DaS Budgetrecht des Reichstags bedeutet,
"aß er das Budget zu bewilligen hat.

Was sind Friedenskonferenzen? — Papierne
Weltkriege! _

Die Posadowsky-Ketze.

darf Graf Posadowsky auf keine» Fall
'""°en. Denn wo soll das hinaus, wenn einer für sein
«Mt den nötigen Verstand gleich mitbringt! Das ist
gegen alle prcubische Tradition."

Oie Binde der Justitia.

Der prcu$sisd)C Justizministcr hat über die Ausschmückung von
6erichlsneubauten bestimmt, dass bei der Darstellung der 0c*
reebtigkeit die früher übliche Binde vor den Augen weggelassen
werden soll.

Was brauchen wir die Binde noch
Uor der Justitia Jfugenpaar??

6s bat — das ward doch jedem klar —

Die Binde lange schon ein Loch. .

6in Ausdruck ist’s der €brlid)keit,

Wenn das Symbol wir ganz entfernen
Und alle schon von aussen lernen,

Wie unser deutsches Recht gedeiht.

Gewiss. Doch, wenn ein Richter „irrt“

— Sie irren oft — und sie nun schaut,

Was man in ihrem Damen braut, —

Ob nicht Justitia schamrot wird?? p. e.

Bureaukratensorgen.

„Dem Flottenverein und dem Budapester
Rechnungshof werden Akten gestohlen — aber
zu mir kommt keiner und schafft mir das Zeug
vom Halse!"

Mildernder Llmstand.

Warum der Feldwebel mit dem Weltrekord
von 647 Soldatenmißhandlungen nicht degra-
diert wurde? — Weil sein Lieblingstrick war,
nach den Kerls mit dem Helm zu iverfen.
Und auf dem Helm steht ja: „Mit Gott für
König und Vaterland!"

Lieber Jacob!

Dernburgs Einfluß wird von Tag zu Tag
immer jroßartijer. Wer heite noch ivat be-
deiten will, der muß schon afrikanische Je-
bräuche huldijen. Rhinozeroshaut is de be-
liebteste Umhillung for wirklich patriotische
Kavaliere, un de Bezeichnung Kameel soll in
jewisse kolonjalbejeisterte Kreise schon längst
als 'n besonderer Ehrentitel jelten. So kann ick
et ooch als durchaus zeitjemäß erachten, wenn

der stolze Jraf von Posadowsky bei de sozjal
demokratische Reichstagsinterpellation von
wejen de Wahlbeeinflussungen der Rejierung
sich nach afrikanischet Mlister als Vogel Strauß
ufspielte und, wie er keenen andern Ausweg
nich mehr sah, den Kopp janz tief im Sand
steckte. Mutvoll war bet ja nich, aber, wie
jesagt, et entsprach den Jeschmack des Zeit-
jeistes.

So mußte denn de fiehrende Jntellijenz aus
de konservativen Reihen de Verteidijung der
Rejierung iebernehmen, un se hat det natier-
lich ooch mit det jewohnte Jeschick besorgt.
Jedenfalls haben de Junker klipp un klar
bewiesen, det se in bezug uff amtliche Wahl-
beeinflussungen nischt von ihre anjeborene Vor-
nehmheit nich besitzen, sondern sich in diese
Beziehung eine janz plebejische Ruppigkeit be-
fleißijen.

Dajejen scheinen se in andere Hinsicht noch
immer von bedeckender Nobligkeit zu sind. Be-
sonders wenn se uff Reisen jehen. Ick meene
nich de Reise in'n Reichstag, wo ja nach Aus-
sage des Reichskanzlers mancher von ihre
Standesjenossen uff'n Schwein soll rinjeritten
sind — sondern de Reise mit de Eisenbahn.
Da is et ihnen sojar in de erste Klasse nich
mehr fein j»nug; wenigstens hat det in't
Abjeorntenhaus 'n Edelster mit den Namen
Brandenstein behauptet, der aus Potsdam is
un sich als Präses von'n kaiserlichen Auto-
mobilistenklub jroße Verdienste um det Vater-
land erworben haben soll. Wie ick nu aus
sichere Quelle höre, haben jetz de reisenden
Handwerksburschen erklärt, der Aufenthalt uff
de Landstraße sei nich mehr standesjemäß, seit
de Junker von'n Automobilklub de janze Luft
verstänkern. Se wollen daher von jetz ab bloß
noch erster Klasse mit de Eisenbahn fahren,
un de Verwaltung soll for gewisse exklusive
Edelste de Viehwagen reservieren, wo de Herr-
schaften sicher sein können, det se janz unter
sich sind!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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