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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0094
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5379

<f?s ßroß^Reeüerei.

Sie: Dürfen die Sozialdemokraten denn immer noch den ersten Mai feiern?
Er: Leider ja! Bülow ist viel zu schwach gegen diese Bande. Es wird
krst besser werden, wenn Ballinleben Reichskanzler geworden ist!

®s ftobelfpäne. eT

Es zaubern hervor den Frühlingsduft
Der Sonne funkelnde Strahlen.

„Jetzt wittern wir wieder Morgenluft!"

So jauchzen die Liberalen.

„Es ist eine neue große Zeit
Für uns jetzt aufgegangen,

In seiner jungen Herrlichkeit
Wird bald ganz Deutschland prangen."

Ich hörte die neue Mär alsbald
Und dacht' drüber nach eine Weile,

Da schluchzte und schrillte im nahen Wald
Ganz heiser die Schleiereule.

Im Moorgrund schrie mit grellem Ton
Gar häßlich die Nebelkrähe,

Die mahnte wohl, daß die Reaktion
Bereits in bedenklicher Nähe. . . .

In einem sächsischen Ort sollten die säumigen Wähler der Misch-
maschkandidaten durch Trompetensignale zur Wahlurne gerufen
werden, wozu die behördliche Genehmigung erteilt wurde. Hoffent-
lich kommen die Wähler jetzt zur Einsicht, daß sie nur durch Blech
herangelockt wurden. * . »

Der große Dichter Manzoni Die Preßkommission zu Nordhausen

Erwachte jüngst aus dem Schlaf, War von ihm nicht sehr entzückt
Er fühlte ein heftiges Zwicken, Und hat mit der großen Schere

Das seine Beine betraf. Die Beine ihm abgezwickt.

Die Südwestafrikamedaille für Nichtkombattanlen ist aus Stahl
und trägt die Inschrift „Verdienste um die Expedition". Für die
Nichtkombattanten Tippelskirch und Wörmann wird eine ganz ähn-
liche geprägt — nur steht darauf: „Verdienste an der Expedition".

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

richtet, und die Konstablers standen dabei mit
brennende Lunten und wollten die Vaterstadt
verteidigen, solang ein Tropfen Blut noch
glüht, und sah alles sehr kriegerisch aus am
heiligen Osterfest.

Aber Ballinleben lächelt kalt und grausam
vpe Zar Iwan der Schreckliche, denn er trägt
einen hieb- und stichfesten Panzer an die be-
wußte Stelle im Hosenboden und hat seine
Trabantengarde von zwölf ausgesuchten eng-
lischen Preisboxers mit zusammen sieben Augen
Und fünsundeinhalb Nasen, weil der Rest
von diese nützlichen Körperteile längst ver-
loren gegangen ist in den ehrenvollen Schlach-
te» im Hafen, was sehr lieblich aussieht, wenn
-oallinleben sich zeigt.

Damit habe ich der werten Redakschon ein
soild gegeben von der österlichen Situatschon
w Hamborg unter der herrlichen Regierung
von Zar Ballin I. und hoffe, dieser Potentat
wird mir dafür seinen Hamborg-Amerika-
^-rden gnädig verleihen. Warum sollte ich denn
^ls Mitarbeiter vom „Wahren Jacob" keinen
^rden haben, nachdem nun auch der Hart-
weyer von die „Hamburger Nachrichten"
vvsr, wie das Blatt jetzt heißt: „Hamburgski
."chjedomosti", vom russischen Zaren den Sta-
uislausorden bekommen hat? Der Hofmann
vhd andere von die Machers haben schon den
A-ladislaus- und den Nikolausorden, und auf
Redakschon von dies berühmte Blatt wim-
»>ell es jetzt so von russischen Läusen, daß
vnsereiner gar nicht mehr am Speersort vor-
ergehen mag und wenn man muß, sich nach-
desinfiziert mit einem deftigen Grog, den
w mir oben eingieße und der Redakschon ein
■r>vofit zurufe, womit schließt

Claus Swartmuul,
Juternatschonalitätssachverständiger
und Fleegenwirt.

Frühling.

Des winters Liskleiö ist verschwunden
Lin warmer Hauch weht allerwärts.

Neu regt Lmxfinden sich und Sehnen
In eines jeden Menschen Herz.

Nun soU sich aUes, alles wenden,

0) Menschenherz, sei nur nicht bang,

Ls bringt der Frühling nun die Taten,

Drauf man gerüstet sich schon lang.

Rings um Berlin die Wälder grünen,
waldxsade gibt es dort so schön.

Dort können ausgesxerrte Schneider
Gleich tausendweis spazieren gehn.

wie wehen hold die Frühlingslllfte!
wer soll sie nicht genießen draus?

Zu diesem Zweck sperrt man in Bremen
Gleich ein paar tausend Schmiede aus.

Auch Hamburgs Millionen-Reeder,

An Frühlingssehnsucht sind sie reich,

Drun, flogen auch die Schauerleute
In Hamburg auf das Pflaster gleich.

In Reichenberg di« armen Weber,
was wüßten die vom Frühlingshauch,
wenn man nicht ausgesxerrt st« hätte,
wie das in Deutschland jetzt der Brauch?

Und wie viel Tausend werden folgen
Und weiter fliegen auf die Straß',

Daß ihnen draußen auch soll werden
Das Lenzesglück im reichsten Matz.

M Blütenhauch, o Waldesrauschen,

M goldner Frühlingssonnenfchein!
Frühlingsgesühle bei den protzen,

Di« können recht bedenklich fein! A. C.

Lieber Jacob!

De scheenste Zeit von't Jahr rieft nu sach-
teken näher. De Eier in de Markthalle werden
billijer un mein Freind Edeward hat seinen
Paletot jlcich nach de Osterfeiertage uff't Leih-
amt jetragen. Ooch in de Polletik sind de
Friehlingsjefiehle vorherrschend un namentlich
der Liberalismus bekundet 'nen unwidersteh-
lichen „Paarungstrieb". Ick jloobe ja nu nich,
det bei seine vorjerickte Altersschwäche ’n jin-

stijes Resultat dabei rauskommen kann, aber
der jute Wille muß anerkannt werden, wenn
ooch de Kräfte ,nan mangelhaft sind.

Sojar bei de hohe Finanz eißert sich in diese
Tage det Bedirfnis, jlanzvolle Proben von
besonderen Jugendmut abzulejen. Man will
nämlich in Berlin 'ne richtije Weltausstellung
arranschieren. De Platzfrage wird ja diesmal
keene Schwierigkeiten nich machen, denn bis
dahin derfte der Jrunewald durch dem Fiskus
woll so weit instand jesetzt sind, det er 'ne
scheene, von keenen Boom un Strauch nich
unterbrochene Bebauungsfläche abjeben tut.
Sonst wäre ooch det paradiesische Jelände
mang de Rieselfelder zu empfehlen, wo unsere
Kommunalverwaltung ihre Jejner jleich den
ieberzeujenden Beweis liefern könnte, det se
noch immer de dicksten Kartoffeln baut.

Un an Sehenswirdigkeiten kann et ja nu
woll ooch nich fehlen. Tippelskirchen sein
Pavillon in de Jndustrieabteilung, de nazjonale
Schweinewirtschaft mit Bülow an de Spitze
un 'n naturjetreues ostelbisches Dorfschulhaus
in de landwirtschaftliche Jruppe, Dernburg
seine Dattelkiste, Puttkamern seine Kusinen
un 'nen Jrafen mit 'ne Winschelrute in't Ko-
lonialdorf — det sind ’n paar Nummern, mit
die keene andere Nazjon nich konkurrieren kann.

For't Verjniejen mißte natierlich ooch jesorgt
sind, 'n paar Jesundbeter aus de heechsten
Kreise könnten sich mit Orchesterbejieitung
vor det staunende Eiropa produzieren, un in't
Ausstellungstheater mißte jeden Abend wat
recht Patriotischst jejeben werden. Der Held
mißte Kirschner sein, der Schauplatz detBran-
denburjer Tor in festliche Verjoldung un der
Titel heeßt: „Birjerstolz vor Königsthronen!"

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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