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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0117
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5403

es Preußlfdje Preßfreiöeit. 2®

„Uber allen unfern Gerichten schwebt unfehlbar Seine Majestät der
souveräne Schutzmann." Abg. Frank tm deutschen Reichstag.

es hobelfpäne. 5®

Wir rufen dreimal jetzt: Hurra!
Der Dernburg zieht gen Afrika
Und wird uns allerlei Geschichten
Aus diesem Wunderland berichten.

Wo Dernburg, wissensdrangdurchleuchtet,
Den Sand ein wenig angefeuchtet,
Schwatzt über's Jahr schon eine Lora
In Wipfeln einer Riesenflora,

Und ohne weiteres Bemühen
Wird alles duften, grünen, blühen!

Ja, eh' er noch das Land verließ
Erstand allda ein Paradies.

Rittergutsbesitzer Brauns in Weimar, der einen alten Mann über-
fahren hatte, rief dem erregten Publikum zu: „Es wird alles bezahlt!"
Der Herr ist in einem kleinen Irrtum befangen: Alles läßt sich nicht
mit Geld bewerten. Unbezahlbar ist zuin Beispiel auch dies Bekenntnis
einer schönen Agrarierseele!

Mit den: Abrüsten war' es
Geiviß ganz recht und gut,

Könnt' man nur einmal finden
Den, der zuerst es tut.

Wie bei den sieben Schwaben,

So sagt da jedermann *

Vorsichtig zu dem andern:

Mein Lieber, geh' du voran!

Mau kann die Monarchenschnurrbärte a la Haby tragen, oder auch
wie der Schah von Persien. Aber nie verdecken sie Schüchternheit,
sondern im Gegenteil stets — 'ne Lippe!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Sorte. Aber das wußte ja keiner — außer
dem Fürsten Bülow!

Man spürte bald eigenartige Folgen. Die
Schiffsreeder und Fabrikanten wunderten sich,
daß während der Arbeit so wenig geschafft
wurde und bekamen angst vor dem Pleitegeier.

In den Schreibstuben der Behörden und auf
den Kasernenhöfen, überall da, wo sowieso
nicht viel zu tun war, floß die Zeit hin wie
Butter und die Langeweile entfloh.

Staatsbeamte und Proletariat waren guter
£«une, zogen am gleichen Seil und wurden
dicke Freunde. Die einen, weil sie für das-
selbe Geld weniger zu arbeiten brauchten —
die anderen, weil sie für weniger Arbeit das-
selbe Geld kriegten. Und die Unternehmer
waren die Dummen.

Zweimal löste man den Reichstag auf. Dann
wurde der Kanzler abgeschoben von einer kom-
pakten sozialdemokratischen Mehrheit gegen eine
^rgeblich bockende Minderheit in Landwirt-
schaft, Industrie, Handel und Hochfinanz.

Über die weiteren Vorgänge, die sich daran
anschlossen, drahtet man uns:

Bebel wurde Reichskanzler und regierte
Noch oiete Jahre. Singer assistierte als Schatz-
ükretär und Ledebour als Kolonialdirektor;
d-n Krieg übernahm Heine, während Kaden,
^eyer, Stolle und Horn in Sachsen die Lokal-
Verwaltung in die Hand nahmen. O>. David
riegte das Kultusministerportefeuille, Stadt-
lagen und Zubeil wurden Bürgermeister von
Verlin_____

Hwr ist leider der Draht gerissen!

Splitter.

Das Maultier sucht noch immer
Im Nebel seinen Weg —

Die liberale Linke

Fand auch nicht den rechten Steg.

Bombenerfolg der deutschen Diplomatie!!

Onkel Eduard übertrumpft!!

Das Schutz- und Trutzbündnis zwischen dem
Deutschen Reiche und dem Fürstentum Monaco
ist zustande gekommen und umfaßt folgende
Paragraphen:

1. Deutschland und Monaco garantieren sich
ihren beiderseitigen Besitzstand.

2. Gerät der eine oder andere Teil mit einer
dritten Macht in Krieg, so hat der andere dem
einen und der eine dem andern beizustehen.

3. Die Bank von Monte Carlo pumpt der
deutschen Reichsregierung telegraphisch das
nötige Kleingeld.

4. Die deutsche Reichsregierung empfiehlt
durch die „Kölnische Zeitung" Monte Carlo
als Luftkurort. . . .

Inserat.

HoherKolonialbeamter, der binnen
kurzem in seinen früheren überseeische»
Wirkungskreis zurückkehrt, sucht zur Reise-
begleitung und als Unterstützung in seinem
schweren Beruf eine zuverlässige, ver-
schwiegene und durchaus wahrheitsliebende
Cousine. Hohes Gehalt und gute Sprung-
federmatratze garantiert. Standeserhöhung
nach Übereinkunft. Pässe zur Hin- und Rück-
fahrt, auf jeden gewünschten Namen lau-
tend, stehen zur kostenlosen Verfügung.
Offerten mit Gesundheitsattest, Photo-
graphie und Konfirmationsschein unter
Chiffer „I. v. P." an die Expedition des
„Wahren Jacob" erbeten.

Lieber Jacob!

Unsere leitenden Kreise sind wieder mal in
jroße Uffrejung: Der olle englische Reiseonkel
hat se 'n jewaltijen Schreck injejagt, indem bet
er mit seinen Musterkoffer unsere bisherije»

Kunden besuchte un se uns abspenstig jemacht
hat. Wir waren ja frieher ooch ville uff Reisen
un haben de Leite wat Scheenes vorjeredt un
jloobten, bet wir bet Jeschäft machen wirden
— und nu kommt de Konkurrenz und schnappt
uns de janze Prostemahlzeit vor de Reese weg!
Na, schadt nischt; een sießer Trost is uns je-
blieben: Albert von Monaco haben wir sicher!
Mit seine Oper is er neilich schon bei uns
jewesen, un nächstes Jahr zu seinem Jeburts-
täg schenken wir ihm als Revansche ’n Denk-
mal von seinen beriehmten deitschen Kolleje»,
den ollen ehrlichen Seemann. Wenn bet
Freindschaftsbindnis zwischen Deitschland un
Monaco uff diesem Weje besiejelt is und sich
villeicht noch Raisuli aus Marokko uns an-
schließen tut, denn brauchen wir dem jänzlichst
in de Binsen jejangenen Dreibund ieberhaupt
nich mehr, der eiropäische Friede is wieder
mal durch unsere Schlauheit jesichert un unsere
Diplomaten können jeder ’n Orden kriejen.

Wir werden ja ieberhaupt ieberall miß-
verstanden un unterschätzt, un et wäre keen
Berjnüjen for uns nich mehr uff de Welt, wenn
wir nich wenigstens unsere Kolonien hätten.
Aus Südwestafrika kommen wieder jlanzvolle
Nachrichten. De Heuschreckenernte soll dieses
Jahr dort so jroßartig sind, wie seit 1871 nich
mehr. Aus eenen Jraben alleene hat'n kleener.
Jartenbesitzer achtzig Zentner von die anje-
nehmen Tiere jeerntet. Er hat se an seine
Schweine verfuttert un 'n ieberraschendes
Resultat mit erzielt. Ick rate Dernburj'n,
schleinigst 'ne große Heuschreckenausfuhr aus
de Kolonien zu orjanisieren un de einheimische
Schweinezucht damit uff de Beene zu helfen.
Aber er muß sich beeilen; sonst kommen wieder
de Engländer un fressen ihm ooch noch de
Heuschrecken vor de Nase weg!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein
jetreier Jotthilf Nauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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