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5439

m Don Carlos in not. fT

Die ersten Anzeichen eines schweren Gewitters in Portugal.

fcobelfpäne.

Ungarn, Böhmen und Rumänen,

Russen, Serben und Polacken
Strömen zu uns tausendweise,

Italiener und Slovaken.

All das ist noch nicht genügend,

Um den Lohn herabzudrücken,

Und es schau'n die Patrioten
Chinawärts mit gier'gen Blicken.

Wenn uns erst noch überschwemmen
Zahllos dazu die Chinesen,

Dann, ihr deutschen Patrioten,

Ist dies Deutschland auch — gewesen!

Das Ausland ist groß, und der Zar ist weit. Aber auch wer ihm
nicht aus geliefert wird, der ist sehr bald geliefert!

Die große Seeschlange kraucht umher,
Die schlimmer als die Scylla
Und auch als die Charibdis ist.

Sie heißt jetzt Kamarilla.

Der „Harfner" und der „Süße" sind
Ein Gaudium für jedes Kind;

Dem „Harfner" tat man kündigen.
Der „Süße" mußt' verschwindigen.

Es gibt in Deutschland keine Nebenregierung — es gibt nur eine
Hinterregierung in Liebenberg. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Stuüt.

Nicht Geist, nicht Witz, nicht ein Talent
Ward ihm von Gott beschieden,

Und doch lebt er voll Zuversicht
Zn heiterm Seelenfrieden.

Viel Zeinde waren wider ihn —

Tr trotzte ihren Streichen,

Kein Angriff, keine Schmähung bracht'
Den Gottesmann zum Weichen.

Selbst die feudale Reichspartei
Hob gegen ihn die Tatze —

Tr aber lobte Gott den Herrn
Und rückte nicht vom Platze.

Die Hiebe sausten hageldicht,

Ts krachten ihm die Knochen —

Tr aber hat mit frommem INund
Tin Dankgebet gesprochen.

Und als ihn links und rechts bedrängt
Die herbsten Züchtigungen,

Da hat er milden Angesichts
Tin Kirchenlied gesungen.

D wäre, denkt manch Biedermann,

Zch doch an seiner Stelle,

Und hätte dieses Gottvertraun

Und — diese dicke pelle! 2.S.

Serenissimus im „Zoologischen"!

Vorrn Affenhäuser

„Sie, Kindermann. . . ist das wahr, daß
wir von den Biestern da abstammen?"

„Die Gelehrten sagen's, Durchlaucht!"
„Komisch ... äh. . . geben Sie mir doch
Mal eben Ihren Taschenspiegel, ich muß mal

draufgucken!!"

Vorm Löwenkäfig.

„Denken Durchlaucht über etwas nach?"
„Gewiß, lieber Kindermann! Das ist nun
der König der Tiere; und trotzdem haben sie ihn
ecngesperrt. Wenn sie's später nur nicht mal
unt unsereinem gradeso machen?!"

Das Cied von deutscher Gastlichkeit.

Man bat jüngst in Berlin gespürt
Den neuen Kurs. ]a, man regiert
Mit jedem Cage uns liberaler — —

Und wers nicht glaubt, bezahlt einen Calcr.

6s wohnte ein russisches häutlein dort,

Das floh vor Knuten und Balgen fort
Und dachte, es könnte in deutschen Räumen
Weiter von russischer Jreibeit träumen.

Da zog ein grimmiges Besicht
Die Polizei: das dulden wir nicht!

Ulir dulden nicht Nörgler und Empörer
Und hassen Schnorrer und Verschwörer. . . .

Man bat gehaussucht und arretiert,

Verklagt, geforscht und spioniert;

Und als man nichts Verdächtiges fand, —
Verjagte man sie aus dem preussiscben Land.

Es lächelt gnädig dazu der Zar. . .

Und weiter wandert die friedlose Schar
Und kündet den Landen weit und breit
Das Lied von deutscher Bastlichkeit! p. e.

Lieber Jacob!

Haste Worte? Berlin soll de.rückständigste
Stadt von de Welt sind — hat neilich ’rt Pro-
fessor jesagt. Da schlag doch eener lang hin
un steh kurz wieder uff! Sonne Friehjahrs-
parade mit sonne Straßenabsperrungen, sonne
Markjrafen, wie wir se wieder uff de Schloß-
terrasse enthillt haben, sonne Attacken, wie
unsre Pollezei se jejen de russische Lesehalle
jeritten hat — un bet allens in eene Woche!
Det soll uns mal'ne andere Stadt nachmachen!
Un wat erst unsere kommunale Jesundheits-
pfleje anbelangt, da jibt et unter Kenner man
bloß det eene Urteil, det de Berliner allemal
de jesundesten Jungens sind!

In de Jesundheitspfleje steht also Berlin
obenan un in diese Beziehung kann keene Stadt
nich mit uns konkurrieren. Bernburg znm Bei-
spiel schon jarnich. Da hat neilich, wie ick in
de Zeitung las, 'n Leitnant 'n Rekruten mit'»

Säbel so vor de Kohlrübe jeschlagen, det der
Mann uff ’n paar Stunden unbewußt jeworden
is. Der Herr Stabsarzt ließ ihm 'ne Weile
kalte Umschläje machen un hat sich denn nich
weiter um ihm jekimmert, weil er firchtete,
der Kerl kömrte sonst uff dem Jedanken kom-
men, „det er 'ne interessante Perseenlichkeit sei."
Dieser Ausspruch hat mir zum Nachdenken
anjeregt un ick jloobe nu mit eenmal dem
tieferen Sinn von det janze milletärische Sani-
tätswesen zu verstehen. Wenn 'n kranker Soldat
vor seinen hohen medezinischen Borjesetzten
jefiehrt wird un der sich herablassen muß, ihm
zu untersuchen un zu bekloppen un zu be-
horchen un zu beriechen, denn liegt natierlich
de Jefahr nahe, det durch die ihm erwiesene
Ehre un Auszeichnung der Jreeßenwahnsinn
bei den Kerl ausbricht. Deswejen is et de erste
Uffjabe des Milletärarztes, de Jemeenen in de
Revierstube un in't Lazarett ooch bei vierzig
Jrad Blutwärme de richtije Dienstuffassung
beizubringen un durch strammen hyjienischen
Drill zu verhindern, det se sich nich etwa for
'ne interessante Perseenlichkeit halten tun.

Det is natierlich sehr schwierig, weil bei
manche krankhafte Zustände det milletärische
Bewußtsein jänzlichst schwindet. Ick erinnere
mir zum Beispiel aus meine Dienstzeit air
eenen typhuskranken Rekruten, der ’n Tag vor
seinen Tod, wo er doch schon de ewije Ber-
jeltung jewissermaßen in't Ooge blickte, nich
mal dazu zu bewejen war, vor den Oberstabs-
arzt de vorjeschriebenen Honnörs zu machen!
Det dadurch de iebrijen Mannschaften 'n schlech-
tes Beispiel jejeben un de Disziplin in de
Armee unterjraben wird, is klar wie Kloß-
briehe, un ick muß mir eejentlich wundern,
wieso se von diesen Jesichtspunkt ans nich
schon längst det janze milletärische Sanitäts-
wesen abjeschafft haben. Se könnten sich for
det Jeld jut un ferne 'n janzes Jarderejiment
zulejen un de Mannschaften wäre manche Un-
annehmlichkeit erspart!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein
jetreier Jotthilf Ranke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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