Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0217
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5503 -

2u den neuen TtttentatsgerUftten.

„Väterchen" hat wieder Alpdrücken.

®s nobelfpäne. eT

So kann es nun nicht mehr weiter gehen,
Es muß durchaus jetzt etwas geschehen!

So ist der Freisinn mit Worten nicht faul
Und reißt gar gewaltig auf das Maul.

Ja ja, so kann es nicht weiter gehn
Und ganz gewiß wird auch etwas geschehn:
Bald werden versehen den sreisinn'genKindern
Die Junker'nen derben Tritt auf den Hintern.

In Wien hat auf Verlangen eines christ-
lich-sozialen Damenkomitees die badende
Susanna auf dem Bilde „Susanna und die
beiden Alten" von Tintoretto ein Badekostüm
anziehen müssen. Darüber wollen die „beiden
Alten" jetzt eine gepfefferte Beschwerde einreichen.

La France will nicht mehr pumpen Ob er noch solche findet
Dem armen Nikolaus, Am Erdball irgendwo?

Drum späht nach neuen Freunden Vielleicht gewährt Kredit ihm
Er ganz verzweifelt aus. Fortan der Eskimo!

Militärischer Fortschritt in Kamerun! Gegen die aufständischen
Urwaldstämme soll zum erstenmal eine Kompagnie eingeborener Schim-
pansen mobil gemacht werden. Diese intelligenten Tiere eignen sich
ihrer Kletterfähigkeit halber ganz besonders für Aufklärungszwecke.

Ein Junker hatt' einen schweren Traum,

So schwer fürwahr, man glaubt es kaum:

Vorn Ausland kam ein fettes Schwein
Auf lenkbarem Luftschiff ins Reich herein.

Erwacht rief er mit düsterm Blick:

O weh! die Schweinepolitik!

Das lenkbare Luftschiff eignet sich ganz prächtig zu Monarchenreisen.
Als Ballast kann man da nämlich gleich — Orden 'runterschmeißen!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

vcr Halfer und fein Lohn.

„Lieber Sohn", spricht Kaiser Pi-Höng,
Krön' und Purpur übergebend
Seinem jungen Sohne F-Tschak,

„Liebes Kind", so spricht er bebend,

„Nimm nun alle die Kleinodien,

Deines neuen Standes Buntheit,

Zepter, Krone und so weiter —

Und vertrag' sie in Gesundheit!

„Glaube nicht, daß ich mich gräme

Dder etwa dich beneide

Und im Groll nun von dem Throne,

Aus der alten Zirma scheide! —

„Aber daß der kleine, freche
Faps dich aus den Thron erhoben,
Ausgerechnet dieser Erzfeind —

F-Tschak, das bringt mich zum Toben."

Und der junge Kaiser sprach zum
Dater drauf in strengen Tönen:

„Wagst du etwa, meine Würde,
deinen Purpur zu verhöhnen?

„Nicht die Nänkekünste Fapans
Ltießen dich herab die Stufen —

^ein, von Gottes Gnaden bin ich
Jetzo auf den Thron berufen.

'.Durch des Himmels Gnade ward ich
Herrscher meiner Untertanen,

ich einst — nach hundert Fahren! —
Mich versammle zu den Ahnen!"

Di-Höng schnüret still sein Bündel,

Fseigt ßch vor des Thrones Stufen
Dreimal bis zur Erde nieder
"^>d er murmelt: „Unberufen!

»Trst feit einer halben Stunde
Sst als Kaiser nun bestallt er —

"nd der grüne Bursche redet
rade schon als wie ein Alter!" Fusel.

Verfehlte Spekulation.

Serenissimus läßt sich photographieren. Im
entscheidenden Augenblick setzt sich eine oppo-
sitionell gesinnte Fliege auf die durchlauchtigste
Nase. Der Hofphotograph zögert. Aber Sere-
nissimus hält seine Gesichtsmuskeln krampf-
haft still und flüstert:

„Knipsen Sie, knipsen Sie, lieber Schultz!
Mein Volk soll sehen, wie ich mich beherrschen
kann!"

Lieber Jacob!

De Saurejurkenzeit steht in de scheenste
Bliete, de Hundstagssonne lächelt von't Fir-
mament hernieder, in'n Jruneivald tanzen de
Micken, in de Zeitungsspalten wimmeln de
Seeschlangen un selbst de abjehärtetsten Ren-
tiers missen sich bei die Hitze daran jewehnen,
im Schweiße ihres Anjesichts ihr tägliches
Beefsteak zu fressen. Wer et erschwingen kann,
der seht in de Sommerfrische. Ooch icke wäre
jerne losjejondelt un hätte de hiesije Haupt-
un Resedenzstadt, wo oogenblicklich de Pferde-
äppel uff'n Asphalt in Bratäppel sich ver-
wandeln, mit Handkuß hinter mir jelassen,
wenn meine schwächliche eekonomische Kon-
stituzjon un meine exponierte Lage als zahl-
reicher Familienvater mir sonne luxurieese An-
strengung erlooben täte. So muß ick mir nu
aber bet Verjniejen verkneifen un bin feste
entschlossen, in Berlin zu bleiben.

Der Mensch jeivehnt sich ja bekanntlich
schließlich an allens, bloß nich an't Uffhängen
un an de Schwiejermitter, un et is bei Licht
besehen nich zu leijnen, det ooch Berlin mancher-
lei Vorzieje als Sommerfrische bieten tut. Der
wahre Naturschwärmer hat zwischen Britz un
Dalldorf allens beisammen, wat er sonst erst
vermittels langwierije Eisenbahnfahrten in-

klusive Billettsteierin de beriehmtesten Jejenden
der Welt sich verschaffen kann. Wer de See
liebt, der kann zum Beispiel ohne weitere
Strapazen for 'n Jroschen mit de Elektrische
det scheene Seebad Wilmersdorf erreichen; for
Hochtouristen is der Kreuzberg da, dessen Be-
steijung uff dem Umweje ieber de verschiedenen,
an seinem Abhange jelejenen Brauereien oft
de jroßartigsten Schwierigkeiten bietet un nur
mit Hilfe von janz erprobte Fiehrer ausjeiebt
werden kann; de abfiehrenden Wirkungen von
Karlsbad werden meistens schon nach 'n ziem-
lich kurzen Aufenthalt in 'ne bessere Weißbier-
stube erzielt; un wenn der Wind von de Riesel-
felder her weht, denn verwandelt sich det sied-
liche Weichbild Berlins sofort in'n klimatischen
Luftkurort ersten Ranges.

Kurz un jut, ick bin mit mein Schicksal in
jroßen un janzen inverstanden un segne mir,
det ick nich in de auswärtijen Badeörter zu
reisen brauche, wo jetz, wie ick in de Zeitungen
lese, det janze in- un ausländische Protzentum
versammelt is un man sich bei jeden Schritt
in acht nehmen muß, det man nich ieber 'ne
Kommerzienrätin stolpert oder in irjend 'n
preißischen Minister rintritt. Seitdem nu noch
meine Olle uff vierzehn Dage zu ihre Schwester
in de Teltower Jejend sich verflichtigt hat,
is de Wollust meines jejenwärtijen Zustandes
uff ihren Jipfelpunkt anjelangt, un ick feire
eenen Abend um 'n andern rejelmäßije un-
pollitesche Zusammenkimfte mit meinen Fremd
Edeward in unsere Stammdestille. Aber det
derfste se beileibe nich erzählen, wenn se wieder
zu Hause kommt, weil doch de Weiber for
dem männlichen Lebcnsjenuß keene Empfind-
lichkeit nich besitzen un de Meinije 'ne janz
besonders impulsive Natur is!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
Annotationen