Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0265
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5551 —

es ftobelfpäne. 2®

Ein roter Feuerschein flammt her
tiber das Mittelländische Meer.

Viel Koche kochen dort einen Brei .

Und sitzen mit ängstlichem Blick dabei.

Und alle umdrängen Kopf an Kopf
Den marokkanischen Suppentopf . . .

Was braut man dort? Was geht da vor?
Es quillt ein übler Duft empor.

Und leichter Zweifel schleicht sich ein:

Wird auch die Brühe genießbar sein?

Die Herren Diplomaten zeigen
Ein sehr verlegenes Antlitz und — schweigen.

Seid nur getrost und fragt nicht viel!

Es ist das ewig-gleiche Spiel:

Wer immer aufträgt das Gericht,

Ob es geraten oder nicht —

Eins ist gewiß: daß die Völker es büßen
Und bei Heller und Pfennig bezahlen müssen!!

„Alles oder nichts!" brüllte der Freisinn, als er in den Wahlkampf
zog, und brummte vor sich hin: „Na — eins von beiden wollen wir
schon kriegen!" » * *

Der europäische Friede
Ist sehr gefährdet jetzt,

Sie haben ihn in München
In Grund und Boden geschwätzt.

Wenn einStaat irgendwo „Ordnung schafft", dann fängt er stets damit

an, daß er alles kurz und klein schießt. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Der Lohn der guten Tat!

Die Freisinnigen haben sich bereit
erklärt, die Kuh der Konservativen zu
füttern. Sie hoffen, daß dabei auch für
sie etwas abfällt.

Das Greifswalder Mädchenheim.

Im Pommerlande lebte
Der fromme Pastor Jahn,

Dem war ein Laus voll Mägdlein
In Züchten untertan.

FUr's Limmelreich zu werben
Der muntern Schäflein Schar,

Des treuen Seelenhirten
Amt und Bestimmung war.

Mit „elterlichen Rechten"

Negierte er das Laus
And Züchtigungen teilte
Er „oft und reichlich" aus.

Wollt' eine nicht parieren.

So dürft' zur Straf' das Weib
Vier Wochen sich nicht waschen
Den schnöden Sünderleib.

Zeigt' sich's, daß eins der ÄMgdlein
Gottlos und zänkisch war,

Flugs schnitt des Pastors Schere
Ihm ab das gold'ne Laar.

Doch wenn der Frevel Fülle
Zu höchstem Maß gedieh,

Zog er in Jesu Namen
Die Jungfrau über's Knie.

So kam's, daß viele Seelen
Dem Limmelreich gewann
Mit Schere, Dreck und Knüppel
Der wackre Gottesmann.

Wir aber seh'n voll Staunen,

Wie sich so stark erweist

Auf unsrer sünd'gen Erde

Noch heute Christi Geist. 3. e.

Der Staatsanwalt auf dem Sterbelager.

„Ich habe stets das Beste gewollt. Und an
"ür hat's nicht gelegen, wenn fast immer nur
°uf die Hälfte erkannt worden ist."

Lieber Jacob!

Det wir in't Zeichen des Verkehrs leben,
is 'ne bekannte un sehr erfreiliche Tatsache,
un unsere preißesche Rejierung, die ja ieber-
haupt immer for dern sojenannten Zeitjeist
'ne sehr feine Reese besitzt, hat et sich nich
nehmen lassen, in bezug uff det Verkehrswesen
vor alle anderen Staaten voran zu jehen. In't
heechste Maß bewundernswert waren schon
die preißeschen Eisenbahnreformen, die aller-
dings for de Reisenden ville jroße Unbequem-
lichkeiten haben, dafor aber jleich in't erste
Jahr dem Einnahme-Etah um zwelf Millionen
erleichterten. Noch erstaunlicher aber is de
Sicherheit uff de preißeschen Eisenbahnen, die
in unsere lasterhafte Zeiten besonders wohltätig
wirkt, indem det se de Oogen der findigen
Menschheit fortwährend uff det Jenseits hin-
lenken un alle Jberlebenden mit kindliche Dank-
barkeit for Jottes unerforschliche Ratschlisse
erfillen tut.

Um so traurijer stimmt et mir, det unser
Kultusministerium mitdejlanzvollen Leistungen
von'tEisenbahnministerjum nich jleichen Schritt
zu halten vermag. Mit de preißeschen Schnl-
anjelejenheiten hapert et leider noch immer
un der in de Dorfschulen herrschende Lehrer-
mangel drickt trotz alle Bi'emserlasse schwer uff
de Jemieter der Ajrarjer. Sojar in Mecklen-
burg sind se uns in diesen Punkt schon janz
erheblich voraus. Wie ick neilich in de Zeitung
las, hat dort de Ritterschaft den jlicklichen
Jedanken jehabt, 'nen Schmiedejesellen als
Schullehrer anzustellen. Nu frage ick eenen
Menschen, warum wir det nich ooch können.
Haben wir vielleicht in Preißen nich jenug
Schmiedejesellen, die de neetije Armkraft be-
sitzen, um det Volk de Relijon zu erhalten un
de lehrplanmäßije Liebe zu det Herrscherhaus
einzubläuen? Un wenn de Jesellen sagen,
det so von't preißesche Lehrergehalt nicht satt
werden können: warum jibt man se denn nich
de Erlaubnis, an de freien Nachmittage uff
de benachbarten Ritterjieter sich nitzlich zu
machen? Det soll bei die knollijen Löhne der

Landarbeeter heitzntage 'n Haufen Jold ein-
bringen! Ick hoffe bestimmt, det det Kultus-
ministerjum endlich 'n Jnsehen haben un uff
dem von de Mecklenbnrjer bereits mit Erfolg
beschrittenen Weje dem schmerzlichen Mangel
an ländliche Lehrkräfte abznhelfen suchen wird,
sonst können wir et wirklich noch erleben, det
wir mit unsere nazjonale Erhabenheit in 'n
Rückstand kommen.

Det deitsche Volk jetzt schon jetz abwärts —
det kann feen einsichtiger Patriot nich leijnen,
un uff den Konjreß von de „Alldeitschen" haben
se det neilich janz klar bewiesen. Zehn Jahre
mindestens wirkt schon dieser menschenfreind-
liche Verein, un noch immer is et ihm nich
jelungen, det deitsche Volk ooch bloß in dem
poplichsten Krieg zu verwickeln. De Nazjon
is ebent moralisch so verkommen, det se den
Professor Hasse un den Jeneral Liebert nich
mal den kleenen Jefallen tun kann, sich ans
alljemeene Hochachtung for ihnen dotschießen
zu lassen!

Da haben de östlichen Jesinnungsjenossen
un Bundesbrieder von de Alldeitschen — ick
meene de „Echt russischen Leite" — doch schon
ville mehr Erfolje zu verzeichnen jehabt! Aber
et is ooch nich zu leijnen, det die sich mit be-
scheidenere Ruhmeskränze bejniejen un, wenn
se in de hehere auswärtije Polletik nischt durch-
setzen können, ihre wohltätige Wirksamkeit uff
det innere Vaterland beschränken. Wie wäre
et, wenn de Alldeitschen et ooch mal mit so'n
kleenen Pojrom versuchen mechten? Det wäre
sor blutdurschtije milletärfreie Professoren un
abjedankte Jeneräle doch 'ne janz standes-
jemäße Zerstreiung, un ick for meine Person
wirde et sehr schmeichelhaft finden, die Herren
mit de theoretischen Massenmordschnauzen mal
uff de Straße zu bejejnen. Ick habe noch von
Jroßvater her '» scheenen armsdicken Peserick
in de Ecke zu stehn!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein
jetreier

Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
Annotationen