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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0313
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— 5599

DobeW3ne.es

Ein Fleck klebt auf Germanias Kleid:

Die Schweinerei ist bei uns Trumpf!

Und rettungslos im tiefen Sumpf
Steckt jetzt des Reiches Herrlichkeit.

Der deutsche Bürger blickt zum Thron,
Schreit brav Hurra und steht Spalier:
Sein Sohn wird dann vielleicht zum Lohn
Potsdamer Gardekürassier!

Und ob man auch das Rauchfaß schwingt,
Daß süßer Weihrauch lieblich düstet,

Und ob man den Palast-nun lüftet —

Es hilft nichts mehr: Es stinkt! Es stinkt!

Um dem homosexuellen Unwesen in der Armee ein Ende zu machen,
sollen alle Offiziere, die perverser Handlungen überführt sind, nach
Afrika deportiert werden. Da es sich meist um Leute von hohem
Rang handelt, will man es in ihr Ermessen stellen, ob sie nach Klein-
oder Großpopo versetzt werden wollen.

Fürst Bülow braucht ziemlich viel Zeit, um dem Liberalismus
das Fell über die Ohren zu ziehen — die Ohren sind so furchtbar lang.

Was kitzelt die Nase dir früh und spat?

Allüberall riecht's nach „Hochverrat".

Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen. Daher begreift man
auch, weshalb die bürgerlichen Staaten so schlecht schlafe».

Wer Angst hat, daß er „verraten" wird — der hat auch was zu
verbergen. * »

Die Ehe ist nur dann eine Schweinerei, wenn ein Schwein daran
beteiligt ist. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Zoologisches aus demReich der Gottesfurcht und frommen Sitte.

Die Sumpfmotten.

Der Fortschritt.

„Tütü?" — „Was gibt's?" — „Wir brauchen

heute Nacht

Zwei stramme Iung ens - aber frisch vom Lande.
Das Stadtvolk könnte plaudern." — „Wird

gemacht!

In der Kaserne langweilt sich die Bande."

„Ein guter Fraß und Bier und schließlich Sekt—
Wer muckt da »och? Ich kenne doch die Knaben.
So gut hat's ihnen wohl noch nie geschmeckt —
Der Äohenau wird seine Freude haben!"

* * *

OdeutschesVolk,wasballstdustummdieFaust?
So war es schon vor vielen hundert Jahren,
Als sie auf ihren Burgen noch gehaust.

Sie sind die Gleichen, die sie immer waren!

Die Gleichen? Nein! Ein Fortschritt zeigt sich

hier.

Das ist dabei das Tröstliche und Schöne.

Die Väter schändeten die Töchter dir.

Die Lerrn von heute schänden deine Söhne!

Cri-Cri.

Splitter.

Es ist der Herbst gegangen,

Kalt weht des Winters Hauch,

Es fielen welk die Blätter
Vom Liberalismus auch.

Verlangst du den Lohn deiner Arbeit heut —
Gleich spricht man von deiner Begehrlichkeit.

Man sagt uns oft schon mausetot,

Jedoch die Farbe des Lebens ist — Rot!

Ein Dornröschen.

Zum Abschluß der Friedenskonferenz.

Es tritt vor meine Seele
Ein Traumbild, sanft und lind:

Im stillen Laage schlummert
Ein schönes Königskind.

Vier volle Monde ruht es.

Von keinem Lärm gestört,

And seit vier Monden hat man
Von ihm kaum was gehört.

Kein strenger Zauber bannte
Den Selben und sein Roß
And keine Dornenhecke
Amgab das stille Schloß.

Doch selbst dem kühnsten Ritter
Kam's niemals in den Sinn,

Mit einem Kuß zu wecken
Die holde Schläferin.

Denn besser dünkt' es jeden.

Daß sie im Schlummer blieb.

Als daß sie plötzlich wach ward
And groben Ansug trieb.

So ruht' im stillen Frieden,

Bis ihre Zeit erfüllt.

Die Konferenz im Lange,
Dörnröschens Ebenbild. — —

Schweigend in diesen Tagen
Lat man ihr Grab bestellt:

Lautlos ging sie hinüber

In eine bessere Welt. I. S.

Lieber Jacob!

Dernburg seine hoffnungsfröhliche Dattel-
kiste scheint in Ostafrika jrindlich verhagelt zu
sind. Die Berichte, die seine journalistische
Schutztruppe an ihre Zeitungen nach Eiropa

schickt, sehen ziemlich bekniffen aus. Mit'n
Kaffeebau, sagen se, is et Essig, aber dafor
wird de Boomwollenernte in Zukumft bestimmt
keene Entteischungen nich mehr bringen, weil
nämlich de letzten Boomwollenstauden schon
in't vorigte Jahr ausjejangen sind, nn in de
Hanfprodnktion wird mindestens so ville her-
vorjebracht werden, bet sich dran sämtliche
verkrachte Kautschukpflanzer uffhängen können.
Deshalb wird Dernburg aber doch sieges-
freudig zurückkehren, un wenn eener villeicht
im stillen jehofft hatte, det et ihn in det ost-
afrikanische Paradies so jut jefallen wirde, det
er jleich dort bleibt, denn hat er sich jeirrt.
Er is schon unterwegs un in wenije Dage
trifft er wieder bei Muttern ein. Jedenfalls
werden Dernburg seine tropischen Spazier-
fahrten nich ohne Foljen bleiben, un de Kosten
muß det leidtragende Volk uffbringen.

Schließlich haben wir et ja dazu, un wenn
nich, denn pumpen wir et uns. Et jibt ja
Jott sei Dank in't deitsche Vaterland noch immer
jute und opferbereite Menschensreinde, die ihren
notleidenden Nächsten zu'n staatserhaltenden
Zinsfuß jerne aus de Klemme helfen. Um
eene Nummer is diese wohltätije Truppe jetz
allerdings leider ärmer jeworden. Ick meene
dem nazjonalliberalen Abjeornten H eld, dem
det Hannoversche Schöffenjericht seine viel-
seitije Tätigkeit als Jesetzjeber, Sozialisten-
fresser, Steuerfabrikant un Halsabschneider
uff 'ne jähe un jrausame Weise endjiltig unter-
jraben hat. Det liberale Birjertum trauert
mit Recht um den Fall von diese wertvolle
Säule, aber et darf sich mit det stolze Be-
wußtsein treesten, det et in seine Reihen noch
'ne janze Menge sonne „Helden" hat.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'» Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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