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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 25.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6608#0019
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5687 -

Karden *JfentHel.

Wie's einem ginq, der auszog, ein paar Motten zu fangen und dabei von
einem großen Brummer eklig gestochen wurde.

<£$ Kobelfpäne.m

Keck zog der Harden aus
Von seiner Grunewald-Villa;
Erlegen wollte er
Den Drachen Kamarilla.

Von manchem Nervenchoc
Die Zeitung mußt' zu melden,
Den Harden trug davon —
So sind moderne Helden.

Der Harden muß ins Loch
Und muß den Spaß bezahlen,
Und wir sind nun erlöst
Bon der Lektüre -Qualen.

„Ich sehe die Zukunft des Blocks nicht ganz pessimistisch an!"
sprach Naumann. So dachte das Schaf am Bach auch, das der Wolf
nachher verschlang, weil es ihm das Wasser getrübt haben sollte.

Beklagt sich das Volk ob der Teuerung noch,
So heißt es: der Arbeitslohn ist zu hoch!
Gebt acht, bald gehört die Teuerung
Auch noch zur sittlichen Weltordnung.

Der Hauptmann v. Goeben ist nicht bloß ein Mörder, sondern
auch ein Dummkopf. Warum hat er den Major nicht lieber standes-
gemäß im Duell erschossen?!

Der Gymnasiast soll wühlen
Tief in der Wissenschaft Schätze»,
Doch darf er „Sozius" nicht mit
„Genosse" übersetzen.

Das könnt' herbei beschwören
Der Roten böse Geister —

O arme Gymnasiasten,

Noch ärmere Schulmeister!

Was ist eine Gemeinheit? — Wenn ein Pole in der preußischen
Lotterie das große Los gewinnt! Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Neuestes Wintermärcheu.

VI.

Zu Frankfurt sah ich die Paulskirch' an
Mit ihrem alten Turme,

Da dacht' ich ans Achtundvierziger Jahr
Mit seinem Freiheitssturme.

Auch der Professoren Hab' ich gedacht.

Die zahlreich da drinnen gesessen
Und die tiefsinnig die Außenwelt
Und was dort vorging, vergessen.

Eie schwatzten lang und sie schwatzten breit,
Bald würdevoll langsam, bald schnelle,

Zu messen halt' ich nicht übel Lust
Die Reden mit einer Elle.

Sie waren vom eignen Schwatz betäubt
Und sind drein versunken gewesen,

Als hätten sie Opium geraucht,

Wie's sonst nur tun die Chinesen.

Da kam ich gerade zur rechten Zeit,

Ich bin ein wenig ein Spötter,

Ich Hab' sie gefrozzelt, daß auf dem Olymp
Drob lachten die seligen Götter.

Doch wie ich jetzt vor der Paulskirch' stand
Da tat es mich bitter gereuen.

Der Professoren Geister ich bat,

Sie möchten mir gütig verzeihen.

Ich möchte selbst mich schlagen auf's Maul
Und andere auch nicht minder.

Denn denk' ich der Schwätzerei von heut,
War'n jene nur Waisenkinder.

Ja, die liberale Schwätzerei

Von heut ist so dumm wie noch keine;

Ich schwöre, daß dies die Wahrheit ist,

Und bin zerknirscht. Äeinrich Keine.

Deutschland, Deutschland über alles!

Muttersprache, Mutterlaut,

Wie so wonnesam, so traut!

Erstes Wort, das mir erschallte.

Liebes, heil'ges Mutterwort, —

Erster Ton, den einst ich lallte.

Klingest ewig in mir fort!

Aber, Mutter, sei bedacht.

Daß du deutsch lernst über Nacht!
Sprich nicht polnisch, sprich nicht dänisch,
Wenn du mich im Arme trägst.

Nicht französisch, nicht slovenisch,

Wenn du mich zu Bette legst!

Muttersprache, Mutterlaut,

Wie so wonnesam, so traut!

Wo ich deine Klänge übe,

Lauscht der deutsche Polizist,

Denn er haßt, was meine Liebe,

Was mein Stolz gewesen ist! M. Ei.

Lieber Jacob!

In Allensteiu hat noch untern Weihuachts-
boom der Major v. Schönebeck dran jlooben
missen, det Kamerad v. Göben besser schießen
kann, als wie er. Keen Wunder: de Vorje-
setzten haben dem Herr» Hauptmann, Mörder
un Batteriechef ja ooch bet Zeignis ausjestellt,
det er 'n janz unjewehnlich tichtijer Offezier
is, un von seine Heldentaten in'n Burenkrieg
wissen alle jutjesiunten Zeitungen de erhebend-
sten Loblieder zu singen. Mir hat det traurije
Ereignis zur Nachdenklichkeit jestimmt. Ick
entnahm mir daraus die Jberzeijung, det man
heitzutage 'n jefeierter Kriegsheld mit ville
Orden uff de Brust un 'n tadelloser un muster-
hafter Offzier, un nebenbei doch 'n janz je-
meener Schweinehund sein kann. In unsere
Stände is det ja anderst: da is man entweder

'n Lump oder man is et nich. Aber wir haben
ooch nich sonne feinen un emfindlichen Ehr-
bejriffe wie det Milletär. Dadran mag et woll
liegen, det uns det Verständnis for de hehere
Moral von de Edelsten un Besten noch immer
»rangeln tut.

Kaum fangen de Dage an, 'n bisken länger
zu iverden, da kriegt et de Kreizzeitung ooch
jleich mit de Friehlingsjefiehle. Se hat nich
jenug an ihre Paarung mit de liberalen Block-
brieder: nee, se will ooch noch mit Jewalt
de schwarzen Rammelböcke von't Zentrum in
ihre Arme schließen. Se lockt ihnen mit de
sießesten Fleetenteene, un ick jloobe, der Dag
is nich mehr fern, wo det Jesindel Hochzeit
feiert. Wie sich de Freisinnijen zu diese Doppel-
ehe stellen werden, kann man schon heite voll
un janz vorausprophezeieu. Se werden erst
'n paar Krokodilstränen wiemern, denn aber
hibsch dem Schwanz ankneifen un keeneu Ton
nich riskieren, ivenn se sich an de Bettwand
jequetscht fiehleu. De innere Stimme wird se
sagen, det se doch ville zu schivächlich sind, um
de Liebesbedirfnissk von sonne abjebriehte olle
Trutschel, rvie de Kreizzeitung is, Jenieje leisterr
zu kennen. Da jeheeren schon so starke Männer
zu, wie se bloß in de jottesfirchterlichsten Kreise
von's Zentrum zu finden sind. Wat bei de
konservativ-liberale Paarung zustande kommen
kann, det hat keeneu langen Bestand. Da-
jejen jibt de Junker- un Pfaffenehe bekannt-
lich immer 'ne sehr jesunde Nachzucht, un ick
jloobe, wir werden in diese Hinsicht wieder
bald wat erleben, wo Eiropa drieber staunen
wird. Also los mit'n Betrieb, un juten Erfolg
un ville Verjniejen! Aber zu de Taufe sind
wir ooch noch da — da verlaßt eich druff!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'» Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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