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— 5739

Oer MchstluKaten macjier.

Bülow: Ich bin doch neugierig, ob der neue Reichs — schatzsekretär
mehr kann als der alte!

<§kr nodeWane. eT

Die Freisinnshelden sind in Gnaden
Beim Fürsten Bülow eingeladen.

Es wird Blockbraten vorgesetzt,

Dainit ihr Gaumen dran sich letzt.

Besonders auch der „welsche" Sekt
Den deutschen Patrioten schmeckt.

Die Freisinnshelden tun sich gütlich,

Bei Kanzlers ist es sehr gemütlich.

Den Kanzler, diesen lieben Herrn,

Den haben sie doch alle gern.

Ei, schon ein alter Spruch tlck sagen:
Es geht die Liebe durch den Magen.

Jin Bericht über seine ostafrikanische Reise erwähnte Dernburg,
das; zu Dar-es-Salaa>n im Hauptkassengebäude auf dem Tisch des
Hauses eine Nilpferdpeitsche gelegen habe. Es erscheint zweckmäßig,
zu fragen, ob etwa mit Hilfe dieser Nilpferdpeitsche an die Neger
kaiserlich deutsches Kurantgeld ausgezahlt worden ist?

Sie heulen wieder und toben, Doch wie sie auch heulen und bellen,
Ja ja, wir kenne» sie schon, Sie schüchtern damit uns nicht ein,
Es sind die bissigen alten Sie sind nichts weiter als Köter
Hetzhunde der Reaktion. So schmutzig und so gemein.

Die königlich preußischen Ministerien des Geistes und des Innern
verlangen nach wie vor konfessionell getrennte Kirchhöfe. Das
Ministerium des Verkehrs will dahinter nicht Zurückbleiben und
plant, besondere protestantische, katholische und israelitische Bahnhöfe
zu errichten. getreuer Säge, Schreiner.

Der geknickte Stengel.

Zwei Blumen an einem Stengel saßen,

-Die dufteten beide solchermaßen.

Daß jedermann die Nase rümpfte
Und auf die häßlichen Blumen schimpfte.

Der Blumen Duft, der war so schwer —
Der Stengel schwankte hin und her.

Man sah, daß unter dieser Bürde
Der Stengel sehr bald brechen würde.

Und so geschah es auch. O Schreck!

Die Blumen fielen in den Dreck:

Das duftende Branntwein-Monopol,

Die Steuer auf Tabak-Banderol!

Gar fröhlich senkte man ins Grab

Den Stengel mitsamt seinen Blumen hinab.

Aus jedem Mund ein leises Flehn:

Ach, möchten sie niemals auferstehn! E.F.

Glosse».

Am 1. April tritt in Sachsen-Meiningen die
Trennung von Schule und Kirche in Kraft.

Die Frommen haben für diesen Termin einen
ausgiebigen Schwefelregen für das verwahr-
loste Land bestellt. ,

Die marokkanischen Sultane hoffen beide
ans Deutschlands Hilfe.

Sie haben daraufhin auch jeder ein Exem-
plar — der Geschichte des Burenkrieges aus
Berlin erhalten.

Der Rektor der Berliner Universität verbot
der „Freien Studentenschaft" einen Vortrag,
in dem Di-. Iwan Bloch über „Sexual-Ethik"
sprechen sollte.

Er empfahl ihnen, an seiner Stelle die
Herren Stöcker, Rören und Licentiat Bohn zu
Vorträgen über „Storch-Moral und Wissen-
schaft" zu gewinnen.

Die Zirkus Busch-Männer.

Ja, wir sind wir! Unser Schifflein geht
Stets flott, wie sich der Wind auch dreht.
Wir trinken Kraft aus dem giftigsten Kelche:
Wir sind allemal „diejenigen, welche..."

Der Block? Das ist ein Possenspiel;

Doch macht es Spaß und kostet nicht viel.
Und wenn der Clown uns nicht mehr behagt, —
Dann wird er halt aus der Manege gejagt.

Das Kerlchen ist so riesig possierlich.

So affenbehende und amüsierlich;

Drum mag es »och einstweilen bleiben
Und uns die Langeweile vertreiben.

Nur droht — ist alles auch gut bestellt —
Eine rote Wolke am Äimmelszelt.

Wer weiß, ivas alles aus Erde» sprießt.
Wenn die sich über die Welt ergießt . ..

Wir hoffen von der Regierung fest.

Daß sie das nicht geschehen läßt.

Und daß kein deutscher Minister vergißt.
Wer der wirkliche §>err im Lande ist!! P.E.

Lieber Jacob!

Ick schicke Dir diesen Brief injeschrieben un
hoffe zu Jott und Krätke'n, det er wohlbehalten
in Deine jeschützten Hände jelangen wird. Wat
Sicheres kann man allerdings »ich wissen. De
Briefe sollen ja bei de Kaiserlich deitsche Post-
beheerde so sicher uffjehoben sind, wie de Bibel
uff'n Altar. Aber det bietet mir keene jeniejende
Jarantie »ich, denn so ville wie ick mir er-
innere, sin in de Weltjeschichte ooch schon
manchmal Kirchenräuber vorjekommen.

De landwirtschaftliche Woche hat wieder,
wie jewehnlich, villes Jeistreiche, Belehrende un
Erhebende unter det staunende Volk jebracht.
De Zirkusvorstellung war besonders weihevoll,
weil dabei Pod selber in janze Fijur un Lebens-
jreeße uffjetreten is. Er sprach diesmal »ich
bloß von de Schweinezucht, sondern ooch von

de christliche Zucht un Fremmichkeit un ha!
alle anwesenden ajrarischen Väter un Mitter
sehr dringend uffjefordert, det se ihre Söhne
lehren sollen, de Hände uffzuheben un zu den
Herrn der Heerscharen allezeit zu beten un
ihm zu danken. Wofor, sagte er »ich, aber er
mecnte wahrscheinlich de hohen Viehpreise.
Jedenfalls hat der olle ehrliche Pod wieder mal
bewiesen, det in seinen verfetteten Schwcine-
zichterbusen noch immer det fromme Herz eenes
leider zu früh dahinjerafften Tippelskirchen-
vaters wohnen tut.

Ooch 'n paar janz jutc Witze wurden i» de
ajrarische Zirkusvorstellung jerissen. So be-
hauptete man in 'ne Resoluzjon, det der Bund
der Landwirte „ieber de polliteschen Parteien
schwebe". Det mechte ick for mein Leben jern
mal sehen. Denn keener von de anwesenden
Notleidenden wog unter zwee Zentner un det
Schweben derfte se woll ’n bisken schwierig
werden. Selbst mit Hilfe von Zeppelin'» un
Janswindt'n jloobe ick nich, det et se jelingen
wirde, ihr Nivoh sehr erheblich ieber de heimat-
lichen Strohdächer un Misthaufen zu erheben.

Interessant war et, zn Heeren, det de deitschen
Ajrarjer imstande sin, det „janze Volk alleene
zu ernähren". Det de Landwirtschaft ’n sehr
nahrhaftst Jewerbe is, det sah man schon an
de Fijuren von de Zirkusbrieder. Un ick jloobe
ooch, wenn se von ihr reichlichet Futter die
anderen Leite wat abjeben täten, denn könnten
wir alle 'von fett werden. Wat aber 'n richtijer
Ajrarjer is, der läßt ebent keenen andern nich
an'n Trog 'ran, ooch wenn er un seine Sippe
schon zum Platzen voll is. Dadrum nitzt et
det deitsche Volk verdammt wenig, det man
ihm sagt, man könne et mit Leichtigkeit satt
machen. Selber fressen macht fett — det is der
wichtigste Spruch aus de Ajrarjerbibel, un
den wollen ooch wir uns zu Herzen nehmen!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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