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- . 6095

Dernburgs freuü’

„Sie, Ärmster, sind erblindet? Welchen Beruf hatten
Sie denn?"

„Ich habe in Deutschsüdwestafrika gearbeitet."

„Oh, da sind Sie gewiß vom Anblick der vielen
Diamanten geblendet worden?"

Therese war auch froh darüber. Aber wenn
sie diese kosmetischen Dienste geleistet, die
Kinder besorgt, den Haushalt hergerichtet und
das Essen besorgt hatte, war sie müde zum
Umsinken und dachte nicht an Spazierengehen
und an das Bad in der See, deren Rauschen
man bis in das Zimmer hörte. Auch wußte
sie, daß jedes Bad fünfzig Pfennig kostete.
Das war für ihre zwölf Mark Monatsgehalt
eine unerschwingliche Ausgabe und ihre Herrin
mochte sie nicht darum bitten.

Alls aber Woche auf Woche verging, wuchs
der Wunsch doch mächtig, und sie entschloß
sich, sie des morgens beim Bad, wo sie meist
in guter Stimmung war, bescheiden an das
Versprechen zu erinnern.

Und Frau Hauptmann, die schnell überlegte,
welche Konsequenzen das für ihr Portemonnaie
haben konnte, sagte mit dem freundlichsten
Lächeln von der Welt: „Aber gewiß, liebe
Therese; warum haben Sie das nicht längst
gesagt? Baden wollen Sie? Selbstverständ-
lich. Sie können ja täglich nach mir das
Wannenbad benützen. Das Wasser ist ja »och
für eine ganze Weile warm, und es ist doch
eigentlich zum Fortgießen zu schade!"

In grauen haaren.

Das Trauergefolge rüstete sich zum Fort-
gehen, im Innern froh, daß die Predigt am
Grabe so kurz gewesen war, und daß dies
lange Herumstehen in dem kalten Schlamm,
der einem durch die Sohlen drang, ein Endo
hatte. Äußerlich trugen die Mienen noch den
Ausdruck der Betrübnis, und sie sprachen da-
von, wie der Herr Pfarrer doch Recht habe,
daß Geld und hohe Geburt leider nicht vor
Krankheit und Tod schütze.

Das alte Fräulein, das sie hier in die Grube
gesenkt hatten, war von altem Adel, mit Ver-
mögen und Gütern ausgestattet und war doch
von Kindheit an siech gewesen und hatte in
Schmerzen sterben müssen.

„Ach ja," sagten sie schluchzend und über-
legten inzwischen, wo man in der Nähe etwas
Warmes trinken könne, um sich keinen Schnup-
fen zu holen, und was wohl im Testament
stehen würde.

Die Güter mußten ja an die Familienange-
hörigen fallen. Aber das Geld — das schöne
Gold wo mochte das hinfließen? Das alte
Fräulein hatte doch manchmal bedenkliche
Schrullen gehabt. Und argwöhnisch und miß-
trauisch sahen sie sich um.

Am Ende des Zuges ging, einfach gekleidet,
das alte Mädchen, das die Verstorbene seit
bald vierzig Jahren gepflegt hatte.

Sie hatte der Toten eigentlich ihr Leben ge-
opfert, denn sie hatte täglich zu hören bekommen,
daß das Testament ihren „Lebensabend" er-
leichtern werde. Und so hatte sie die Launen
der Kranken vierzig Jahre lang ertragen, in
Pflichteifer und Treue.

„Wenn sie der Erbschleicherin etwa alles
vermacht hat, wird das Testament natürlich
angefochten," erklärte der Herr Amtsrichter
flüsternd. „Auf alle Fälle dauert ein Prozeß
so lange, daß sie mürbe wird und mit einer
Abfindungssumme zufrieden ist." Alle dis-
kutierten befriedigt diesen vernünftigen Vor-
schlag.

Als kurze Zeit danach das Testament ge-
öffnet wurde, sahen sie, daß sie sich umsonst
geärgert hatten: die „liebe Entschlafene" hatte
die Hälfte ihres Barvermögens der Kirche ver-
macht und die andere Hälfte unter die Ver-
wandten verteilt. Ihrer Dienerin hatte sie
Kleider und Wäsche vermacht.

Als das alte Mädchen das hörte, sank sie
halb zu Boden und ließ sich dann schwer in
einem Stuhl nieder.

Der Zwischenfall war für die Anwesenden
etwas peinlich; aber keiner kam auf den Ge-
danken, der Hingesunkenen ein freundliches
Wort zu sagen. Dian konnte auch nicht wissen,
ob solch eine Person das nicht ausnützte und
einen anbettelte. In Dienst nehmen konnte
man sie doch nicht: dazu war sie viel zu ab-
gearbeitet und zu alt.

Der Notar hatte mit bösem Lächeln das
Gebaren der eilig Fortgehenden beobachtet;
aber schließlich zuckte er die Achseln. Das
hatte er schon zu oft erlebt, nin sich noch dar-
über zu wundern.

Endlich stieß er das alte Mädchen an, die
noch immer wortlos vor sich hinstarrte: „Wollen
Sie nicht gehen?"

„Gehen?" iviederholte sie mechanisch. „Ja,
ja, ich gehe."

Sie sprang schnell auf, etwas verlegen, als
sie de» seltsanien Blick des Notars auf sich
ruhen fühlte. \

Und dann setzte sie, in wildes, fassungs-
loses Schluchzen ausbrechend, hinzu: „Aber
wohin nur? Wohin??"

Die Wirkung.

„Na, wie jeht's Jeschäft, 'Frau Meiern?"

„Schlecht, Frau Schulzen! Seit Bülow'n seine Spar-
Rede jeht die erste Klasse in die zweite, un die zweite
Klasse jeht in de Anlagen!"

unü teiü.

„Ach »ei», bester Herr, ich habe m krampfhaft nach
Diamanten gesncht, und da ich keine fand, sind meine
Augen so schwach geworden."

Oie Rixdorfer ehrbaren.

€in Cied mag euch die Zeit Derkiirzen,

Das trifft die ehrbaren im Lande

— Nicht etwa eine Räuberbande —,

Und grimme Wahrheit foll es würzen.

£s hat!' eine Wanze fiel) Dollgetrunken
Mit warmem rotem Menlchenbiute.

Da kriegte fie’s mit dem Übermute
Und hat vor lauter Dünkel gestunken.

Und fpreizte sich recht und meinte am ende:
Der Menfch fei in Wahrheit ein parafite;

Und wer da stiehlt, der heih' ein Bandite;

Nach dem höchsten strecke der Menfch feine Hände.

Line heilige Übung es mit fich brächte,

Don rotem Blute fich zu ernähren.

Ls fei gemein, ihr das zu verwehren.

Und der Menfch fei ein Fieder am göttlichen Rechte.

Merkt euch das Gleichnis von der Wanze,

Ihr Haus- und Realitätenbefitzer,

Ihr Biidungsaffen und flktenfchwitzer,
euch fei’s ein Symbol im Ruhmeskranze.

Ja, wer da stiehlt, der heiht ein Bandite.

Doch gilt das Sprüchlein nur von den firmen;
Die merken freilich nichts von erbarmen,

Nur tiefe entrüftung im deutschen Gemüte.

wenn euch der firme stiehlt einen Faden,
wie hört man euch brave Bürger krächzen
Und über des Pöbels Verworfenheit ächzen
Und auf Teile des Hellers berechnen den Schaden.

jedoch des firmen Rechte zu rauben,

Daran er geklammert ein zages erwarten.

Das rührt nid)t an dem Gereiften, dem harten.
Und eure Sittlichkeit wird's erlauben.

Das Lied, ihr fallt es weiter fingen,
es trifft die ehrbaren im Lande,

— Nicht etwa eine Räuberbande —,

Daß ihnen mögen die Ohren klingen! s.

Immer devot.

Geheimrat (su seinem Untergebenen): Als ich
gestern in meinem Auto eine Ausfahrt machte,
begegnete ich Ihnen ja auch im Kraftwagen?

Bureauvorsteher: Verzeihung, Herr Ge-
heimrat. Ein Freund hatte mich zu einer Fahrt
eingeladen; aber natürlich würde ich die Ein
ladung niemals angenommen haben, wenn
ich nicht gewußt hätte, daß das Fahrzeug
20 Pferdekräfte weniger hat als das des Herrn
Geheimrats.

„Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner
zu tun." Sie müssen aber auch Schutt iveg-
fahren, wenn die Könige gute Bauten zerstören.
 
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