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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 26.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.6707#0028
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— 6096

Der starke Mann.

Herr Lypriano Castro
Ging einstens Kerzengrad
Mit keckem Übermule
Bis an die Knie im Blute,

Als echter Autokrat.

Herr Lypriano Castro
Stand schier allmächtig da.

Stolz wehte die Standarte:

Lr war der Bonaparte
von Süd-Amerika.

Herr Lypriano Castro
Besitzt in jedem Falle
Kaum Feinde, die ihn hassen:

Lr hat sie möglichst alle
Beizeiten hängen lassen. . . .

Herr Lypriano Castro
Ist dennoch exmittiert
Und rausgegraulet worden.

Lr stoh zum kalten worden
Und ist nun sehr chokiert.

Herr Lypriano Castro
Ist gar nicht übel dran:

Lr macht vielleicht -- auf Ehre -

Roch einmal gut Karriere

Bei uns — als starker Mann! r.e.

Sein Wunsch.

Die große Kavallerieattacke, die Prinz Hie-
ronymus selbst anführte, war gänzlich geschei-
tert. Ein nicht beachteter Graben hatte eine
ganze Reihe der schweren Reiter zum Stürzen
gebracht. Man brach für den heutigen Tag
das Mannöver ab und rückte in die Quartiere.
Die beim Sturz Verletzten schaffte man ins
nächste Lazarett.

Am nächsten Tage stattete der Prinz den
durch seine Schuld Blessierten einen Besuch im
Lazarett ab. In einem langen Saal lagen
acht schwerer Verletzte. Der Prinz schritt leut-
selig von Bett zu Bett und erkundigte sich nach
etwaigen Wünschen der Kranken.

„I hält' scho a Bitt'," meinte verlegen ein
biederer Schwabe, der beim Sturz sich den
Unterkiefer zerschlagen hatte. „Nun sprich mein
Sohn," ermuntert ihn leutselig der Prinz.
„Hoheit," raunte ihm nun der Schivabe zu:
„Bor mir im Bett do isch a Preiß, der hat
sich's G'säß zerschlage. Und wenn nu der
Schtabsarztkommt, da untersucht er z'erscht den
Preiß — und dann greift er mir ans Maul.
Könnt' i net vor den Preiße z'liege komme?"

Vorschlag zur Giite.

Die kaiserlichen Automobile sind mit einer
vom Kaiser erivorbenen patentierten Huppe
versehen, die in den freudigen Tönen c, a, c, f
dem Volke das Nahen eines kaiserlichen Auto-
mobiles ankündigt.

Wir empfehlen, die Töne der Huppe ab-
ändern zu lassen in c, c, cl, h, c, d (Heil dir
im Siegerkranz). Die Fabrik wird diese Ab-
änderung leicht bewerkstelligenkönnen, dahierzu
auch nur drei verschiedene Töne (c, d, h) er-
forderlich sind.

Möglicherweise würde das Volk dadurch ver-
anlaßt, diese Töne mitzusingen und dann in
dem Liede weiter fortzufahren. Es würden sich
dann unangenehme Situationen, wie diejenige
in Hamm, wo das Volk bei der Ankunft eines
Hohenzollernprinzen die Marseillaise sang, in
Zukunft vielleicht vermeiden lassen.

Die Bremer Pfeffersäcke.

Tie Negierung der Stadt Bremen hat den Antrag auf
Bewilligung von zehntausend Mark für die Armen von
Hamm abgelehnt.

Nach geschäftlichen Systemen
Herrscht mit Weisheit und Geschmack
In der freien Reichsstadt Bremen
Der bewährte Pfeffersack.

Wohlgepflegt ist seine Reute
Und die Kasse niemals leer
Und für Fürstenmonumente
Gibt er manchen Groschen her.

Weilt zu patriot'scher Feier
Gar der Kaiser in der Stadt,

Ist dem Mackern nichts zu teuer.

Da er's — Gottlob — dazu hat.

Aber für gemeine Zwecke,

Niedres Proletarierpech,

Gibt das Korps der Pseffersäcke
Keinen roten Heller weg. 3. e.

Er kennt sich ans.

In einer Provinzjalhauptstadt war für den
Herrn Oberpräsidenten auf Staatskosten ein
prächtiges neues Palais gebaut worden. Bei
der Übernahme entdeckte die Kommission mit
Schrecken, daß ganz und gar vergessen worden
war, ein sogenanntes Arbeitszimmer ein-
zurichten. — „Schad't nischt!" meinte der Re-
gierungsbaumeister kalt lächelnd: „Exzellenz
merkt's ja doch »ich!!"

Fata Morgana.

So leb' denn wohl du kleine Kasse,

Bald bin ich reich wie ein Magnat.

An jedem Finger glänzen lasse
Brillanten ich von zehn Karat.

Die Gläubiger, die gestern fanden.

Ich sei ein Lump, schrei'n heut Hurra,

Ich gehe nämlich Diamanten
Zu suchen nach Deutsch-Afrika!

Das heißt, zum suchen bin zu träge
Ich schon, man liest sie eben bloß
Vom Boden auf, wie auf dem Wege
Bei uns die Aepselchen vom Roß.

Ich fülle Säcke, zentnerschwere,

And ist mein Reichtum riesengroß.

Dann kehr' ich heim als Milliardäre
And kaufe mir am Rhein ein Schloß.

Die Schlösser-gibt am schönen Rheine
Jetzt Kaiser Wilhelm billig schon.

Für eine Handvoll Edelsteine
Werd' Schloßherr ich und gar Baron.

Noch eine Handvoll Diamanten
And man macht zum Gesandten nnch!

Da wird's erst fein; denn die Gesandten,
Die halten brav Maitressen sich.

Hurra wird das 'ne Gaudi werden!

Hoch Dernburg, hoch Freund Diplomat.
Bald bin der reichste Mann auf Erden,
Ich, der heut keinen Pfennig hat.

Doch weh', was les' ich in der Presse!
Zehn Mark will Dernburg fürs Karat.
Wie heißt zehn Mark? — Ich blinder Hesse,
Da komm ich wieder mal zu spat!

And was steht weiter in der Zeitung?

Für jedes Schloß will fünf Millionen
Der preuß'schen Kronfinanzen Leitung
Nein, da kann ich nicht drinnen wohnen!

Herrje!, und da wird in der Presse
Schon offiziös jetzt dementiert.

Daß je mit seiner Lausmailresse
Ein Herr Gesandter hätt' poussiert!

Zum Teufel auch! Die schönsten Taube»,
Die ich schon hielt in meiner Land,

Fort alle drei! Wer soll noch glauben
An das, was in der Zeitung stand?

Kein Diamant, kein Schloß, kein Larem,
Zerstoben ist's wie Seifenschaum.

Der chronische Mangel nur an Barem
Blieb übrig von dem goldnen Traum!

R. Wagner.
 
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