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„Wir Generale werden »Ns nicht nur für Majestät schlagen, wir werden
fortan auch für ihn reden, schreiben und uns interviewen lassen!"

noveWane. LT

Dichte Wolkenschleier wallen
Und die Luft weht feucht und kalt:
Nebelbilder, die sich ballen
Zu gespenstischer Gestalt.

Wohin wir den Blick auch wenden:
Nichts als Nebel weit und breit;
Dunkle Rätsel allerendcn
Sind die Signatur der Zeit.

So vor lauter wirren Frage»
Tappen ivir im Labyrinth,

Und daheim mit leerem Magen
Darben hungernd Weib und Kind.

Sprichwörterweisheiten gleichen den Scheidemünzen, die ständig im
Umlauf begriffen sind; nur verinag man sich sehr wenig dafür zu kaufen.

Bald wird von mildem Sonnenschein
Die alte Welt erwärmt,

Der alles wieder fröhlich macht,

Was sich da plagt und härmt.

Wenn überall eS grünt und blüht
Jn> duft'gen Lenzeshauch —

Dann kommt das duftige Bukett
Der neuen Steuern auch!

Vom Patriotischen zum Kindischen ist auch nur ein Schritt.

Die Eva zu deui Adam sprach:

Der Roeren macht mir bang;

Mir ist in der Erinnerung,

Als kennt' ich ihn schon lang;

Ich glaub', er war es, der mit Hieben
Uns aus dem Paradies getrieben.

Die Reichsverfassung kommt diesmal im Reichstag nicht unverletzt
davon. Mindestens wird Herr Müller-Meiningen ein Loch in sie
hineinreden. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

ein Zufriedener.

Das Wetter droht. Ls wächst und steigt
Des Unheils mächt'ge Zlut
Dem frömmsten Patrioten schwand
Der frohe Hoffnungsmut.

Bekümmert schweift sein trüber Blick
Fm Vaterland umher,

Und was er sieht, beklemmt sein Herz
Und macht es sorgenschwer.

Fm Äußern reiht sich Pech an Pech,
Blamage, Schmach und Schand',

Fm Fnnern mangelt es an Geld
Dem teuren Vaterland.

Die alte deutsche Gottesfurcht
Und Untertanentreu',

Die Ehrfurcht vor der Dbrigkeit
Und alles ging entzwei.

Die feste deutsche Liche ward
vom Herbstessturm entlaubt.

Die heil'gen Güter der Nation,
lMan hat sie uns geraubt!

So klagt voll Angst der Patriot
Fn schwerer Herzenspein
Und blicket seufzend rings umher
Und weiß nicht aus noch ein.

Doch einen gibt's im Vaterland.

Den kränkt das alles nicht:

Zufrieden steht Zreund Bülow da
Mit strahlendem Gesicht.

Sein Herz ist aller Sorgen bar,

Stets hoffnungsfroh sein Sinn,

Sein Bäuchlein schwillt und freudig glänzt
Das Grübchen in dem Kinn.

Und wenn auch täglich wächst und steigt
Des Unheils dräu'nde Zlut,

Und wenn das Reich zum Teufel geht
Dem Kanzler geht es gut! z.s.

Der Prinz.

Hoheit zeichnete sich durch sogenannte nega-
tive Geistesgabe» aus, ivas auf gut Deutsch
bedeutet, daß er wohl ein ganz klein wenig
dnniin war. Und nun kam er leider in die
Jahre, wo man iricht mehr anders konnte,
als ihn als offiziellen Vertreter des bequenr
iverdenden, alternden Landesvnters gelegent-
lich auf die Öffentlichkeit loszulassen. Vor-
sorglich hatte ihm der Hofmarschall für solche
Zwecke eine ständige, möglichst farblose Redens-
art beigebrncht, die auf fast allen feierlichen
Klimbim paßte. Hoheit pflegte sich ihrer mit
Eifer und Erfolg zu bedienen und- eroberte
sich dadurch die Herzen der Bevölkerung.

Eines Tages aber nahte doch das Verhäng-
nis! Es war bei der Beerdigung eines ver-
dienstvollen höheren Staatsbeamten. Hoheit
machte in prächtiger Haltung mit, gedachte,
als die Geschichte endlich vorüber war, der
ihm vom Hofmarschall eingeprägten farblosen
Redensart und stelzte gravitätisch ans die
trauernde Witwe los:

„Es hat mich sehr gefreut... äh... es
war sehr schön!!"

Labt keine Angst, daß das Reich verlumpt,

Kriegt's nicht genug Steuern, wird weiter gepumpt,
Und kriegt es Steuern mehr als genug.

Kommt dennoch das Pumpen bald wieder in Zug.

Lieber Jacob!

In de jejenwärtije Zeit sieht et in alle Je-
iverbe sehr mies aus! Demi ieberall. heert
man de Jeschäftsleike klagen un de Arbeets-
losigkeit nimmt täglich zu. Aber der Berliner
Majistrat hat ihr bereits uff stalisteschem Wese
zu bekämpfen versucht un hat sestjestellt, bot
et jar »ich so schliinm daniit is - wenigstens
uff'n Papier »ich, wat ja for'n richtigjehenden
preißescheu Bearnten immer de Hauptsache

bleibt. Ville dausend Berliner Arbeetslose is
durch 'ne fein jedeichselte Zählung der nieder-
schmetternde Beweis jeliefert ivorden, bet se
ieberhaupt jar »ich vorhanden sind un bet et
daher ooch janz ieberflissig is, irjendwat zur
Linderung ihrer Notlage zu unternehmen. Wer
damit noch »ich zufrieden iS, der besitzt for
liberale Sozjalpolletik keeu Verständnis nich.

Bloß eene Bransche is trotz den alljemeinen
ivirischaftlichen Niederjang fein'raus un oben-
uff. Nämlich de Patronenfabrikazjon. In de
Mausersche Jewehrfabrike haben se Hunderte
von ueic Arbeetskräfte injestellt un uff ville
Jahre is for Beschäftijung jesorgt. Wenn also
det deitsche Volk ooch nischt zu futtern hat —
zu schießen hat et Jott sei Dank noch immer
reichlich, un det verdankt et alleene de eiro-
päische Diplomatie! Denn durch de sejens-
reicheu Bemiehungc» von diese nitzliche Men-
schenklasse is de alljemeene lebhafte Nachfrage
nach Schießmaterial erzeugt ivorden. Et er-
fillt nlir daher mit Schmerz un Trauer, wenn
ick immer sagen Heere, det de Diplomaten zu
nischt uff de Welt sind: ini Jejenteil, se können
sojar, wenn se in ihre Arbeet nich jesteert
iverden, zur produktiven Ferderung unserer
nnzjonalen Industrie mächtig beitragen.

In diese Dage hat der Bär in't Berliner
Wappen det Jubeläum seines zweihundert-
jährijen Bestehens besangen. Ick wundere mir,
det diese Jelejenheit nich zu 'ne zeitjemäße
Renovierung benutzt morden is. Det Biest
steht immer noch uffrecht uff de Hinterbeene,
ivat in keener Weise de tatsächlichen Verhält-
nisse ensprechen tut. Demi in Wirklichkeit
kriecht er schon lange uff alle viere oder rutscht,
wenn et von oben befohlen wird, uff'n Bauch,
wie ’n sojenanntes Reptilium.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links,
 
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