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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 27.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.6708#0411
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6878 •—

Zeichnung von R. Rost.

ver Timokläuftr.

Ls rast eine wunderliche Gestalt
Durch Javas Wald:

Ls rennt ein Mann wieausiXand undBand;
Der Amokläufer wird er genannt.

Und seine Hände triefen von Blut —

Lr brüllt vor Wut — —

Und trifft er Menschen, schlägt er munter
Ihnen die braunen Köpfe herunter.

Und wer die meisten Köpfe gefällt,

Der ist ein Held.

Lr wird gefeiert und jubiliert.

Lr zählt die Köpfe und triumphiert.

Europa auch kennt diese Gestalt
Als Staatsanwalt...
wo dieser je einen Koten traf,

Erschlägt er ihn mit dem Paragraph!

Und was zu dessen Gunsten spricht,

Das hört er nicht.

Lr steht nur: dieser Kerl ist rot —

Ich ruhe nicht eher: ich schlage ihn
tot!

Und wer recht viele zur Schlacht-
bank führt,
wird dekoriert.

Und weiter rast der Amok-Mann
Durch Java und Europa dann.

P.E.

Scherzfrage.

Was kann der von sich sagen, der einen
höflichen Schutzmann kennen gelernt hat'?
»VI» „»qUNW §3ttt>iq" U13j ,vh .133

Der bevorzugte Komparativ.

Die objektivste Behörde der Welt in
Berlin sagt: Uns sind alle Landgerichts-
räte lieb; Lieber am liebsten.

Kleine Mißverständnisse.

Ein Düsseldorfer Reserveleutnant hatte
während eines nächtlichen Skandals einem
Polizisten einen Fanstschlag ans den Mund
verabfolgt, so daß dieser blutete. Das
Gericht sprach den Attentäter frei, indem
es seiner Behauptung Glauben schenkte,
er habe gar nicht geschlagen, sondern dem
Polizisten nur unabsichtlich iin Stol-
pern eins ans den Mund versetzt.

Wie wir hören, haben noch ein paar
andere Düsseldorfer Reserveoffiziere, die
bei derselben Affäre beteiligt waren, vor
Gericht gestanden. Der eine hat dem Poli-
zisten einen Fußtritt in den Bauch gegeben.

Er konnte aber glaubhaft Nachweisen, daß er nur
Parademarsch habe üben wollen, wobei ihm der
Beamte zufällig in den Weg gelaufen sei, so daß dieser
den Stechschritt mit seinem Unterleib aufgefangen habe.

Ein anderer war beschuldigt, dem Schutzmann
den Helm über die Ohren getrieben zu haben. Er
versicherte indes, daß er an dem betreffenden Abend,
wie immer vor dem Schlafengehen, „gcmüllert"
habe. Bei der Übung „Arm abwärts schwingen" sei
der Helm des Sicherheitsbcamten ihin bedauerlicher-
weise unter die Hände geraten.

Ein dritter sollte den Polizisten mit groben Worten
beschimpft haben. Er konnte aber die ehrenwörtlichc
Erklärung abgebcn, daß er lediglich genießt habe.
Ans dem harmlosen „Hatschi!" hatte der Schutzmann
die Worte „Krummbeiniger Schweinehund!" irrtüm-
lich heransgehört.

Das Gericht schenkte selbstverständlich den Herren
Angeklagten, für deren lautere Wahrheitsliebe schon
allein ihr Offizierspateut absolute Gewähr leistete,
vollkommenen Glauben und sprach alle drei frei.

Me kaiwtlaHe.

Zeichnung von
R. Rost.

Es wird aber schwer zu beweisen sein, daß der Angeklagte wirklich
derjenige war, der den Schutzmann in der Dunkelheit gestochen hat.

Wieso den», jetzt, wo wir schon wissen, daß der Kerl Abonnent
des „Vorwärts" ist?

Gilt tieftrauriges Zeichen der Zeit.

Der Reichsverband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie
bat viertausend Mitglieder verloren.

Betrübt der grosse Lieber» ist
Uom edlen Reidtsverbande.

Beständig siegt der Sozialist,

Das dünkt ihm Schmach und Schande.

Cs wächst die Unzufriedenheit,

Kein Wahlrecht, nichts als Steuern!

Man lacht, will die Uolksfreundlichkeit
Des Schnapsblocks er beteuern.

Zu steuern solchem Missgeschick,

Bat endlich er verschrieben
Sich einen alten schlauen Crick,

Beliebt bei Caschendieben.

Gr schreit, wenn nach dem Dieb man sucht,
Der 's arme Uolk bestohlen:

„Der Sozialist ist's, den verflucht!

Den soll der Lenke! holen.“

„Der ist an allem Unglück schuld,

Der ist der Dieb, den fanget!

Gleich lächelt euch des Glückes Guld,
Wenn diesen Schelm ihr banget.“

„Der leert euch Schrank und Hammeraus:
Cut alle euch zusammen.

Schmeisst den Baiunken aus dem Baus
Sonst gebt’s euch au! in Slammen.“

Doch als das Sazit er besah
Und die Bilanz gezogen:

Uon seinen Cäubcben waren da
Viertausend fortgefiogen.

Da schrieb im Ärger er den Satz:

„Das ist ein traurig Zeichen
Der liberalen Steuerhatz,

Die schändlich ohnegleichen,“

Rein traurig Zeichen ist’s der Zeit,

In der wir eben leben.

6s fängt der Sinn für Reinlichkeit
Sid) endlich an zu heben. R. tu

Bei der Kontrollverfamtnlung.

Unterosfizier: Kerls, ihr steht heute
unter dem Militärgesetz! Da habt ihr
abends euer „Vaterunser" zu beten, sonst
fliegt ihr wegen militärischen Ungehor-
sams in den „Kasten", und in die Hölle
noch extra. ——-

Galgenhumor.

Richter: Sie sind wegen Doppelmords
zweimal zum Tode verurteilt. Haben Sie
sonst noch was zu bemerken?

Angeklagter: Dann bitte ick>, daß
ick) erst geköpft und dann gehenkt werde!
 
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