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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0009
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junfcerped) in Labiau^IDeplau.

E. Schilling.

„Verflucht, nu halte ich die besten Landrätc als Treiber und habe doch
nur meinen eigenen Köter zur Strecke gebracht!"

Pobelfpäne.

Es trug ein Zentrums-Spahn
Voran die schwarze Fahn',

Da kam das kleine Spähnchen
Mit einem weißen Fähnchen;

Jin Zentrum hört man schreibt:

„Der darf zu uns nicht rein!"

Es hat der Spahn den> Spähnchen
Nun schwarz gefärbt das Fähnchen,

Da dürft' es doch hinein —

Sagt, ist das nicht zum Schrei'»?

Bethmann Hollweg ist ein langer Fiedelbogen, der dem „Instru-
ment des Herrn" die von Heydebrand komponierten staatsrechtlichen
Melodien zu entlocken hat.

Mit seiner Duellforderung an Professor Gering hat Professor Bern-
hard nur sagen wollen, daß er noch einen Schuß Pulver wert ist,
woran bis jetzt gezweifelt wurde.

Unsittlich ist die Unsitte, daß diejenigen, welche Unsittlichkeiten brand-
marken, für diese sittliche Tätigkeit bestraft werden.

Das Original der bulgarischen Verfassung ist gestohlen worben.
Die Leute muß man sich merken. Denn auch die preußische Verfassung
könnte uns gelegentlich gestohlen werden.

Welch ein passionierter Jäger Bethmann ist, zeigte sich so recht in
diesen Dezembertagen: kaitin hatte er in Springe Hasen geschossen,
eilte er in den Reichstag, um den — Moabiter Bock zu schießen.

Die einzige „Staatsräson", die wir gelten lassen, ist, den Staat

zur Räson zu bringen! , ' , .

Ihr getreuer Sage, Schreiner.

„Noch nicht!"

Noch zögert sie, die Reaktion,

Mit Knüppeln dreinzuschlage».

Das „Schandgesetz" von dazumal.

Das liegt ihr noch im Magen.

Wie sehr der Leydebrand auch hetzt
And droht mit seinen Ränken —

Sie hat vor dem Gewaltrezept
Noch allerhand Bedenken.

Verbrannt hat sie sich gar zu sehr
Einst bei dem Spaß die Finger.

Denn triumphiert hat die Partei,

Der Bebel und der Singer.

Sie weiß, das gleiche Schicksal wird
Beim gleichen Kampfe winken.

And rettungslos wird in der Flut,

Der roten, sie versinken.

Drum zögert sie. — Noch nicht! Noch nicht! —
Sie möchte, ach, so gerne.

Doch mahnend droht ihr das Gericht
Des Volks in nächster Ferne. E.Kl.

Doppelseelen.

Zwei Augen hat der Schutzmann.

Das eine drückt er z».

Wenn frech ein Protzenjiingling
Aufs schwerste stört die Ruh.

Doch kommt ihm ein Prolctc
Mal lärmend in den Lauf,

Da reiht er hundert Augen
Und hundert Ohren auf.

Zwei Hirne hat der Schutzmann.

Macht mal der Plebs Rada»,

Weiß er nach hundert Jahren
Das Kleinste noch genau.

Doch hat er selbst voll Roheit
Jemand was ausgewischt, —

Da ist sein Name „Safe",

Da weiß er stets „von nischt". E. Kl.

Ein Tapferer.

Richter: Sie behaupten also, Sie hätten in der
Notwehr gehandelt, als Sie den Säugling im Kinder-
wagen mit dem Säbel bearbeiteten?

Schutzman^: Jawohl! Der Kerl hat mich an-
geschrien, als ich ihn energisch zum Auseinandcrgehen
anffordertc, und da mußte ich doch den Widerstand
gegen die Staatsgewalt mit der Waffe brechen. Kl.

Lieber Jacob!

Prost Neijahr! sage ick un weiter nischt.
Denn wat soll ick Dir zu bet neie Jahr wiri-
schen, ,vo et Dir doch so jut jehn tut un Du
allens hast, wat Du zu Dein Wohlbefinden
brauchst. Jberall heert man von de Notlage
klagen, un de Leite fehlt et an alle Ecken un
Enden, un se schimpfen mit Recht uff de Re-
jierung, weil se sich um den nazjonalen Dalles
nich kimmern tut. Aber bei Dir is bet allens
janz anderst. Du ivirst von Woche zu Woche
fetter und Dein janzes Jlick verdankst Du
jrade die Leite un die Verhältnisse, die bet
alljemeene Elend bei uns verschulden. Ick
meene damit, bet et unsere jlorreiche Obrig-
keit un de sojenannten maßjebenden Stellen
sin, die Dir so fett machen, un det Du aus
ihre Taten, Reden un Unterlassungen jrade
Deinen scheensten Honig saugst. Stelle Dir
bloß mal vor, Menschenskind, wat Dil an-
fangen wirkest, wenn wir keen so scheenes,
starkes, impulsives un erfolgreiches Jottes-
jnadentum nich hätten! Oder wenn 'n jran-
sames Jeschick Theobald in seine jetzije un-
bezahlbare Blietenjahre Dir entreißen wirde!
Oder wenn de deitsche Justiz ihre jeheiligten
Tradizjonen verlassen und mit eenmal anfangen
wirde. Recht zu sprechen! Oder wenn Jagow
nff de Promenade von'» Hintzesches Sieben-
monatskind irrtiemlicherweise dotjeschlagen
werden mochte! Oder wenn se Bruhn wirden

nach Plötzensee und Oldenburg nach Dalldorf
bringen! Also rate ick Dir, det Du hibsch zu-
frieden bist mit Dein Jeschick un dem lieben
Jott un seine auserivählten Instrumente täg-
lich dafor dankst, det se de Jnade haben. Dir
mit allen ihren Kräften det Leben so anjenehm
wie meeglich zu machen. In diesein Sinne
nochmals: Prost Neijahr!

Klwz vor Toresschluß is in't alte Jahr noch
'ne ivichtije und sehr wohltätije Jnrichtung
jetroffen worden. De Juverneere in die Ko-
lonien haben Uniformen verliehen bekommen.
Der Kaiser hat selber de Entwirfe dazu je-
niacht un de Farben janz jenau bestimmt. Der
Juverneer von Deitsch-Ostasrika soll 'ne dunkle,
dor von Samoa 'ne Helle, der von Nei-Guinea
'ne jriene un der Kameruner 'ne rote Kluft
kriejen. Ick freie niir uffrichtig, det de Reje-
lung dieser for det Staatswohl so wichtijen
Anjelegenheit nich de unteren Rejierungs-
orjane ieberlassen worden ist, sondern von de
maßjebenste Stelle selbst in de Hand jenommen
wurde, un ick hoffe, det de Herren Oberbonzen
sich in de neien Verkleidungen sehr niedlich
machen un von ihre Untertanen noch heftijer
werden jeliebt werden als wie bisher. Wundern
muß ick mir bloß, det bei die Kledaschen de
neie» deitschen Reichsfarben Schwarz und Blau
janich bericksichtigt sin. Aber vielleicht hat man
jejloobt, det die Farben for de Tropen nich
haltbar jenng sin, weil se doch nich mal det
eiropäische Klima uff de Dauer vertragen
kennen un ooch bei uns in absehbare Zeit
jänzlichst werden ausjejangen sind. Da wollte
man die Juverneere wahrscheinlich de Miehe
sparen, vielleicht schon in't neechste Jahr ihre
Schalen umfärben zu lassen. Wat ick sehr weit-
blickend finde.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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