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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0025
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6923

Die .freie' üeutMic stuilcntenfcftaft. Wol}

Durch geeignete •SDIafmatnnen der hohen und erleuchteten Universttäts-
behörden wird der oirts scaüemieus tn Deutschland streng vor der Er-
langung von Kenntnissen bewahrt, die ihm doch nur unnötige Beschwerden
und Kopfzerbrechen verursachen könnten.

ss koveWSne. y®

Der Heydebrand ivill platzen

In seiner großen Wut

Und möcht' uns all vertilgen —

Es steigt die rote Flut.

Der Spahn, zu nächt'ger Stunde
Bläst laut er Tut! Aut! Tut!

Den Uulsturz zu bekämpfen —

Es steigt die rote Flut!

Dem Bassermaun, dem kleinen,
Vom Kopfe reißt den Hut
Der Sturmwind dieser Zeiten —
Es steigt die rote Flut!

Eiu Dorfschullehrer hat den preußischen Nordpol entdeckt. Er be-
steht aus einem Rittergutsbesitzer in der Nähe von Insterburg, der
Backpfeifen austeilt, bei denen man Osten und Westen nicht mehr
unterscheiden kann. . *

Erst schrien sie: Es wird sich zeigen,
Wenn der Prozeß wird gemacht.
Daß ihr in Moabit wieder
Den Aufruhr habt angefacht! —

Und als der Prozeß begonnen
Und war noch lange nicht ans.
Da stellte sich sonnenklar schon
Das Gegenteil heraus.

Da schrien sie: Ach, überflüssig
War diese ganze Aktion! —

Drum tragen sie auch den Spott jetzt
Zu ihrem Schaden davon!

Die Sünden der Herrschenden rächen sich an den Völkern bis ins
dritte und vierte Reservistenaufgebot.

Ein Widerspruch ist es: wenn die Schivarzen dem Volke was weiß
machen — wenn das gefrorene Fleisch die Agrarier erhitzt — wenn
die Blauen den Rotkoller kriegen. Ihr getreuer Säge, Schreiner

Der Wahltermin.

Soll Reichstagswahl im Frühling sein?
Nein, nein!

Im Frühling fließt zu schnell das Blut,
Da schwillt des zagsten Bürgers Mut.
Wie oft war, eh' man sich's versah.

Im Frühling 'ne Revolte da!

Soll Reichstagswahl im Sommer sein?
Nein, »ein!

Da lassen wir, des Staates Stützen,

Im Felde unsere Wähler schwitzen,

Und schwitzen selbst, wenn wir den Zins
Berechne» unsres Reingewinns!

Soll Reichstagswahl im Äerbste sein?
Nein, »ein!

Da hat die Stadt kein Wählerglück:

Kein Sommerfrischler ist zurück;

Der Loyale satt und matt
Sitzt da noch i» Marienbad....

So soll sie dann im Winter sein?

Nein, nein!

'lm besten wär's, Leer Kanzler, glaubt:
Man läßt das Wähle» überhaupt!
Und ihr erklärt voll Konsequenz
De» Reichstag heut in Permanenz! P. <s.

Baftottttbe in Preußen.

3a, das war die vastonade
3» den, alten Tllrkenreich,

Auf die Sohlen an den Zützen
Kriegte man dort Prügel gleich.

wohldnrchdacht ist sie gewesen,
Solche tllrlüsche Prozedur,
enn sie diente ZI! erhalten
Türke! die volltsdressur.

LnMirn ftamen Revoluzzer
l","*1«“«! in der Türkei,

lUnr’s mit,te” 'rf)bncn Kränchen
lüar s mit einem Mal vorbei.

Sdiabe toar’s, wenn die Methode
jemals in Vergessenheit

Käme, nach der so vortrefflich
Die Dreffur des Volks gedeiht.

vrum der brave Pastor Breithaupt
fiat der Sache wert erkannt,

Und er hat die vastonade
Lingeführt im preutzenland.

Allen Prügelpädagogen
Hüpfte hoch das Herz im Leib,

3eder sehnte sich nach solchem
3ntressanten Zeitvertreib.

Bald auch wird sich einer finden,

Oer die Sache höher treibt,

Oer ein preutzisch-stilgerechtes
Bastonaden-Lehrbuch schreibt.

Zührt man in das Strafgesetzbuch
Dann die vastonade ein,
wird das Staatswohl auch in Zukunft
veffer wahrgenommen sein.

Alsdann wird der brave vreithaupt
Pädagoge der Nation,

Und ein Denkmal neben Bismarck
wird dereinst des Edlen Lohn. lf. Zl.

Lieber Jacob!

Mein Freind Edetvard is uff mir beese, aber
ick mache mir 'n Dreck draus. Ick habe ihm
immer for ’» jiitcn Menscheu jehalten, mir aber
daneben ooch »ich verhehlt, det er'n Dusseltier
is. So is zum Beispiel sein Lieblingswort:
„Man muß ooch andere Ansichten kennen und
achten lern»!" Zu diesem Zweck bejibt er sich
effters in eene benachbarte Destille, wo det
Hauptquartier vou de Jelben is. Eenmal hatte
ick mir ooch verfiehren lassen un war jejen
meine Jberzeijung mitjejangen. Na, et kam
ooch jenau so, wie ick det jeahnt hatte. Wie
Edeward mit beredte Worte de Segnungen des
.Schnapsboykotts pries, erlaubte sich eens von
die jelben Untiere de Bemerkung: iver keenen
Branntwein nich söffe, det wäre keen echter
Proletarjer nich. Wat soll ick sagen, een Wort
jab det andere >:n eene Backfeife de andere,
un schließlich haben wir beede dem anjenehmen
Zeitjenossen eklig vertobakt.

Letzten Sonnabend nach Feierabend ivollte
mir Edeivard wieder nach de jelbe Kaschemme
verschleppen. Aber ick dankte jehorsamst un
sagte ihm, wenn er andere Ansichten kennen
un achten lernen lvolle, denn solle er det man
von alleene besorgen. Un det war sein Unjlick.
Denn ivie Edeward in det Lokal rintrat, sah
er unsern jelben Schnapsbruder bereits in 'ne
stille Ecke sitzen. Edeivard, der, wie jesagt, 'n
juter Kerl is un fremde Ansichten achten tut,
wollte ihm wat recht Anjenehmes sagen un
eißerte init sein klangvollet Orjan ziemlich laut
zu den Budiker: „Ick bejreife nich, ivie et Leite
jeden kann, die Sirup mit Pumpeuheimer
saufen, un ick hoffe, det in dieses Jrand Re-
staurant so ivat nich vorkommt! ’it Bittern mit
Kimmel bitte ick, aber'» janzen jroßen!" Da
meldete sich ivieder der Jelbe, der ans jänz-
lich unbekannte Jrinde 'n jroßet Jlas Him-
beerlimonade vor sich stehen hatte, un rief
noch lauter: ,,'n anständijer Mensch seist heit-
zutage ieberhaupt keenen Alkohol nich mehr,
sondern sorgt in unsere ernste Zeiten for 'ne
kräftije Nachkommenschaft un jeheert ooch sonst
zu de Juttempler!" So'» rüdijet Schimpfwort
durfte Edeward natierlich »ich uff sich sitzen
lassen, un so kam et denn ivieder zu'n Hand-
jemenge, bei dem aber mein Freind diesmal,
weil ick nich dabei >var, uff 'ne sehr schmerz-
hafte Weise dem Kirzeren zog un rausje-
schmissen ivurde.

Als er mir nu Sonntagmorgen mit sein blaues
Ooge heimsuchte, mußte ick mir zu meinen Be-
dauern jede Eißerung des Mitjefiehls versagen,
enthielt ihm aber meine sonstijen Ansichten
ieber dem Wert seiner Perseenlichkeit nich vor.
Seitdem is Edeivard uff mir beese, ick mache
mir aber 'n Dreck draus!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'» Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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